1:0 für den Verfassungsstaat
Unsere Projektleiterin Barbara Groeblinghoff spricht mit freiheit.org über das bahnbrechende Gerichtsurteil des High Court in Südafrikas Hauptstadt Pretoria vom vergangenen Freitag.
Was steht in dem Urteil, das am Freitag in Pretoria gefällt wurde?
Es handelt sich hierbei um ein Urteil, auf das eine Reihe von zivilgesellschaftlichen Organisationen, darunter die Helen Suzman Foundation, seit mehreren Jahren hingearbeitet haben. Die Suzman Foundation ist langjähriger Partner der Stiftung für die Freiheit in Südafrika. Das Gericht hat geurteilt, dass die Ernennung des aktuellen Bundesstaatsanwaltes Shaun Abrahams durch Präsident Zuma unrechtmäßig gewesen sei. Herr Abrahams habe nun seinen Posten zu räumen; sein Nachfolger müsse innerhalb von 60 Tagen vom Vizepräsidenten - und ausdrücklich nicht vom Präsidenten - ernannt werden.
Besonders interessant ist die Begründung des Gerichtes: Laut südafrikanischer Verfassung stehe es dem Präsidenten zwar durchaus zu, den Bundesstaatsanwalt zu ernennen. Im Falle von Jacob Zuma bestehe allerdings ein offensichtlicher Interessenskonflikt: der in 783 Fällen der Korruption, Geldwäscherei und des organisierten Verbrechens angeklagte Zuma sei zu befangen, um den Bundesstaatsanwalt zu ernennen.
Weshalb ist dieses Urteil so bedeutend?
Zumas Strategie bei der Sicherung seiner Straffreiheit beruht auf zweierlei: zum einen hat er die Richterbänke, deren Gleichschaltung sich als schwierig erwiesen hätte, weitgehend unangetastet gelassen. Stattdessen hat er die Kriminalpolizei und die Staatsanwaltschaft gleichgeschaltet, indem er wichtige Positionen in den beiden Organisationen mit entweder unfähigen oder gefügigen Personen besetzt hat. Dadurch konnte er bisher sicherstellen, dass keine Fälle, die ihn selbst oder seine Kumpanen betreffen, erst überhaupt vor Gericht kommen konnten. Unter einem neuen Bundesstaatsanwalt dürfte diese Taktik nicht mehr aufgehen. Zahlreiche Fälle gegen Zuma und seine Genossen sind bereits vorbereitet, es fehlen gewissermaßen nur noch eine Unterschrift und ein Stempel, damit diese verhandlungsfähig sind. Mit der Straffreiheit Zumas könnte es folglich schon sehr bald vorbei sein.
Was geschieht nun?
Zuma hat reflexartig Berufung gegen das Urteil eingelegt, wie schon oft zuvor geschehen. Diese Taktik ist inzwischen allerdings wohl bekannt. Die Helen Suzman Foundation und die anderen beteiligten Organisationen waren bereits darauf vorbereitet und werden sich nun an das Verfassungsgericht wenden, um weitere Verfahren zu verhindern und eine endgültige Entscheidung herbeizuführen. Dies ist eine unglaublich spannende Entwicklung, denn auf einmal könnte es sehr schnell zum Ende der Straffreiheit Zumas (und dessen Kumpanen) kommen.
Barbara Groeblinghoff ist Projektleiterin der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit für Südafrika und Simbabwe.