Deutsche Sicherheits- und Verteidigungspolitik im Jahr 2018
In Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik Düsseldorf (DGAP) e.V. lud die Stiftung für die Freiheit Ende Januar zu einer Podiumsdiskussion in den Industrie-Club Düsseldorf. Über 200 Teilnehmer aus NRWs Landeshauptstadt und Umgebung verfolgten die angeregte Diskussion, die einen Ausblick auf die Eckpunkte der deutschen Sicherheits- und Verteidigungspolitik im Jahr 2018 gab.
„Auf Grund der zunehmenden Komplexität von Risiken und Bedrohungen, der hybriden Kriege und der Vielfalt der Ursachen von Konflikten steht die Weltgemeinschaft vor noch nie dagewesenen Herausforderungen“, führte Lenka Heimöller, Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik Forum NRW, ins Thema ein. „Um Frieden und Stabilität zu sichern, stellt sich die Frage, mit welchen Strategien und Mitteln – ob zivil oder militärisch – die Deutsche Sicherheits- und Verteidigungspolitik dies gewährleisten kann.“
Neben Generalleutnant Martin Schelleis, dem Inspekteur der Streitkräftebasis der Bundeswehr Bonn, diskutierten diese Frage Armin Papperger, Vorstandsvorsitzender des Düsseldorfer Rüstungskonzerns Rheinmetall AG, Ex-Botschafter Hans-Dieter Heumann und Brigadegeneral a.D. Rainer Meyer zum Felde.
„Westliche Werte unter Druck“
Rainer Meyer zum Felde unterstrich die Bedeutung von Sicherheit als Grundlage für unsere westlichen Werte: „Um unsere heutige Freiheit aufrecht erhalten zu können, müssen wir unsere Ordnung nach westlicher Provenienz schützen.“ Diese Ordnung sei in den letzten Jahren unter Druck geraten und spätestens im März 2014 in wesentlichen Teilen von Russland aufgekündigt worden. Die Weltordnung sei heute in einem fragilen Zustand: „Es steht zu befürchten, dass eine Konstellation entsteht, in der Russland, China und möglicherweise auch Iran, Syrien und die Türkei sich zusammenfinden und einem zersplitterten Westen gegenüberstehen.“
Beim anstehenden NATO-Gipfel im Juli 2018 müsse der Westen daher sehr weitreichende Entscheidungen treffen, um seine Verteidigungsfähigkeit wiederherzustellen. „Eine entscheidende Frage im Jahr 2018 wird sein, wie wir die osteuropäischen, insbesondere die baltischen Staaten, vor einem sich aufrüstenden Russland schützen,“ so Meyer zum Felde.
Generalleutnant Martin Schelleis, Inspekteur die Streitkräftebasis Bonn, beklagte die mangelnde materielle Ausstattung der Bundeswehr, die technisch kaum mehr zukunftsfähig sei. Er forderte von einer neuen Regierung deutlich mehr Investitionen als vorgesehen: „Das, was bisher in den Sondierungsgesprächen vorgesehen ist, würde nicht mal ausreichen, um die heutigen Strukturen zu halten.“
Dem pflichtete Meyer zum Felde bei. Es sei im Jahr 2018 essentiell, dass Europa wieder stärker in die Verteidigung investiere: „Fakt ist, dass wir Europäer heute ohne die Amerikaner zu unserer Verteidigung nicht in der Lage sind. Wir müssen uns heute mit der fundamentalen Frage beschäftigen, ob wir als Europa und NATO unsere aufgegebene Verteidigungsfähigkeit wiederherstellen oder ob wir meinen, uns das nicht leisten zu können. Stehen wir Deutschen auch nach dem Regierungswechsel zu unserem Versprechen, zwei Prozent unseres BIPs für Verteidigung auszugeben? Die Amerikaner verstehen nicht, warum wir Europäer die Konflikte vor unserer Haustür nicht alleine lösen können.“
„Wir brauchen Europa!“
Auch Dr. Hans-Dieter Heumann, Botschafter a.D., erklärte, 2018 werde ein herausforderndes Jahr: „Wir haben eine multipolare Welt vor Augen." Die Konstellation zwischen den Vereinigten Staaten, China und Russland befände sich in einem Wandel. Diesen Prozess gelte es, langfristig zu begleiten.
Insbesondere das Thema Sicherheit müsse man strategisch über viele Jahre angehen, forderte Armin Papperger, Vorstandsvorsitzender der Rheinmetall AG. Man sei in Deutschland seit Ende des Zweiten Weltkriegs davon ausgegangen, dass die Vereinigten Staaten langfristig als Schutzmacht agieren würden. Doch diese Rolle habe sich in den letzten Jahren stark verändert.
Für eine deutsche Strategie seien laut Papperger zwei Punkte besonders wichtig: Erstens müsse die Bundeswehr in die richtigen Schlüsseltechnologien investieren. Zuvor müsse man wissen, welche Technologien für Deutschland und seine Partner gebraucht werden. Dies sei jahrelang nicht diskutiert worden. Dazu müsse die deutsche Industrie europäisch und weltweit agieren, erklärte Papperger: „Neueste Technologien werden Sie auch von engen Partnern, sogar von NATO-Partnern, nicht immer bekommen. Deshalb brauchen wir eine Industrie intern bei uns.“
Zweitens brauche es dringend eine bessere Kooperationsfähigkeit in der europäischen Verteidigung. Hierfür sei 2018 ein Schlüsseljahr: „Deutschland ist nicht allein in der Lage, all die Herausforderungen zu stemmen und bezahlen, die auf uns zukommen. Wir brauchen Europa!“ Zusätzlich könne man mit einer Vereinheitlichung der Rüstungsrichtlinien in Europa viel Geld sparen, so Papperger.
Dr. Hans-Dieter Heumann betonte zum Abschluss, es sei für alle Beteiligten sehr wichtig, Verteidigungspolitik immer als Teil der Außenpolitik zu betrachten. Zur langfristigen Sicherung und Verteidigung eines Landes und seiner Werte griffen viele Aspekte ineinander, dies betreffe beispielsweise auch eine langfristige Entwicklungspolitik.