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Liberale Stichtage
11.11. - Liberale Stichtage: Der liberaldemokratische Vorsitzende des Leipziger Studentenrates, Wolfgang Natonek, wird vom sowjetischen Geheimdienst verhaftet

Als Sohn eines liberalen jüdischen Schriftstellers hat Wolfgang Natonek (1919-1994) die Auswirkungen der beiden Diktaturen in Deutschland intensiv am eigenen Leib erfahren: Zunächst wurde er als „Halbjude“ drangsaliert und sozial ausgegrenzt, dann als Verfechter bürgerlich-liberaler Werte von der SED und ihren Helfern verfolgt.

Er selbst hat diese doppelte Verfolgung einmal auf einem Parteitag der LDPD 1947 dahingehend ironisiert: Früher habe ihm die arische Großmutter gefehlt, jetzt die „proletarische“. Vor allem seine Rede auf dem gesamtdeutschen Studententreffen in Eisenach Pfingsten 1948, wo er die politische Instrumentalisierung der Wissenschaft durch die Kommunisten harsch kritisierte, verschafften dem demokratisch gewählten Studentenratsvorsitzenden ein über Leipzig weit hinausgehendes Ansehen, dem die SED nur durch seine Verhaftung unter fadenscheinigem Vorwand begegnen konnte.

Von einem sowjetischen Militärtribunal zu 25 Jahren Zwangsarbeit verurteilt war er bis 1956 in Bautzen und Torgau inhaftiert. Nach seiner Entlassung floh er in die Bundesrepublik, wo er später als Studienrat arbeitete und sich für die FDP organisierte. Seine Leipziger Alma Mater verleiht seit einigen Jahren einen nach ihm benannten Preis für besondere studentische Leistungen.

Liberale Stichtage 2008 - mit dieser Serie erinnert das im Jubiläumsjahr der Stiftung in unregelmäßigen Abständen an Ereignisse und Personen aus der Geschichte des deutschen Liberalismus.