Parlamentswahlen in Senegal
Präsident Macky Sall bekommt Rückendeckung für die Umsetzung seiner politischen Reformen und für sein ambitioniertes Wirtschaftsprogramm. Die Parlamentswahlen vom 30. Juli 2017 in Senegal endeten mit einem klaren Sieg der regierenden Koalition „Benno Bokk Yakaar“ (BBY), die 49,48% (Quelle: unabhängiger Wahlausschuss) der abgegebenen Stimmen erhält. Auf sie entfallen 125 Mandate. Dennoch bedeutet dies keinen endgültigen Rückhalt für eine zweite Amtszeit im Jahr 2019. Der Vorsprung gegenüber der Opposition war zwar deutlich hinsichtlich der erworbenen Sitze im Parlament, aber es war kein überzeugender Sieg. Die gesamte Opposition erhält zusammen 50,58% der abgegebenen Stimmen, mehr als die nötige Mehrheit, um einen Machtwechsel in einer Präsidentschaftswahl zu schaffen. Die Beteiligungsquote liegt bei 53%.
Testwahl für Macky Sall 2 Jahre vor der Präsidentschaftswahl erfolgreich bestanden
Die Parlamentswahlen gelten als Testlauf für die 2019 anberaumte Präsidentschaftswahl bei der Macky Sall für eine zweite Amtszeit kandidieren will und sind damit entscheidend für Macky Sall. Sie sind eine Gelegenheit, die Machtverhältnisse zwischen Sall und seinen künftigen Rivalen zu messen.
Auf dem zweiten Platz folgt die Koalition „Wattu Sénégal“ des 91. jährigen Altpräsidenten Abdoulaye Wade mit 19 Sitzen. Es wurde spekuliert, er habe sich in diesen Wahlen nur engagiert, um die politische Karriere seines Sohns Karim Wade wieder in Fahrt zu bringen. Dieser lebt, wegen Korruption und Veruntreuung von Steuergeldern zu 6 Jahren Haft sowie einer Geldstrafe von rund 210 Millionen Euro verurteilt, im Ausland.
Auf die Koalition „Manko Taxawu Sénégal“ des beliebten Bürgermeisters der Hauptstadt Dakar, Khalifa Sall, entfielen 7 Mandate. Der wegen Veruntreuung öffentlicher Gelder inhaftierte Politiker ist der zweitwichtigste Herausforderer. Die Koalition „Taxawu Sénégal“ besteht aus einem Flügel der Sozialistischen Partei (PS) und der liberal gesinnten Partei REWMI des ehemaligen Premier Ministers Idrissa Seck.
Neu bei diesen Wahlen war die religiös geprägte „Parti de l’Unité et du Rassemblement PUR“, die dem einflussreichsten religiösen Führer Moustapha Sy nahesteht. Sie wurde mit 4% der abgegebenen Stimmen zur vierten politischen Kraft im Land und erhält 3 Sitze.
Macky Sall geht gestärkt aus dieser Wahl hervor und hat seinen Stimmungstest für die Präsidentschaftswahl von 2019 erfolgreich bestanden. Mit dieser klaren Parlamentsmehrheit im Rücken ist er nicht an Kompromisse mit der Opposition gebunden. Er besitzt nun gute Voraussetzungen und ein eindeutiges Mandat, um mit seinem Kurs voranzuschreiten.
Trotz einer satten Mehrheit der regierenden Koalition wird sich die Opposition auch Gehör verschaffen können. Die Opposition ist deutlich stärker, als es zwischenzeitlich erwartet worden ist: Der liberale Stiftungspartner, „Parti Démocratique Sénégalais“ (PDS), dürfte mit 19 Mandaten eine Parlamentsfraktion bilden und dementsprechend eine Stimme für eine harte liberale Opposition gegenüber Macky Salls sozialliberaler Wirtschaftspolitik werden.
Grünes Licht für die Umsetzung der wirtschaftlichen Agenda von Macky Sall
Der Wahlausgang bedeutet eine Konsolidierung der Regierungskoalition und infolgedessen die Fortsetzung des Wettbewerbskurses durch Wirtschaftsreformen. Präsident Sall hat nun gute Voraussetzungen, seinen Wirtschaftsliberalismus durch seinen ambitionierten Entwicklungsplan „Plan Sénégal Emergent“ (PSE) umzusetzen, ohne dass die Opposition sich querstellen kann. Seine sozialliberal orientierte Wirtschaftspolitik beruht auf Wettbewerbsfähigkeit durch Wirtschaftsreformen, Beschäftigung und Wirtschaftswachstum, bezieht aber gleichzeitig soziale Gesichtspunkte, wie soziale Gerechtigkeit durch gerechte Ressourcenverteilung durch den Staatseingriff, ein.
Der „neue“ Abgeordnete und die Korruption
Sowohl die Regierungskoalition BBY als auch die gesamte Opposition haben während der Wahlkampagne versucht, mit wirtschaftlichen Inhalten und dem Kampf gegen Korruption Stimmen zu fangen. Für die Regierungskoalition, die eigentlich gute Regierungsführung, Transparenz und Korruptionsabbau hochhalten will, war es besonders rufschädigend, dass hochrangige Vertreter des Regimes in Wirtschaftsskandale und Korruptionsfälle verwickelt waren. Bedauerlicherweise traf bis jetzt der Kampf gegen Korruption nur die politischen Gegner. Schlimmer noch war die Tatsache, dass der Name des Präsidentenbruders bei einer umstrittenen Vergabe von Öl- und Gasfeldern bekannt wurde.
Das Problem der Bestechlichkeit durchzieht alle Institutionen, auch das Parlament. Parteien werden leider oftmals als Instrumente missbraucht, sich persönlich zu bereichern und Macht zu verschaffen. Es ist nicht zu erwarten, dass sich die neuen Abgeordneten der Mehrheitsfraktion für eine harte Linie gegen Korruption, Bürokratie und schlechte Regierungsführung einsetzen werden. Es liegt daher in der Verantwortung der neuen liberalen Parlamentsfraktion und der anderen Abgeordneten der Opposition, Druck auszuüben mit dem Ziel, Veruntreuungen zu vermeiden und systematisch zu bestrafen.
Ein stabile Parlamentsmehrheit für einen klaren Kurs in der Außenpolitik
Senegal bekennt sich in der internationalen Bühne als Fenster der Demokratie, eine Insel der Stabilität in einem Ozean der Instabilität mit sehr guten wirtschaftlichen Aussichten. Seit seiner Amtszeit versucht der Präsident Macky Sall die Rolle Senegals in der Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS), in der Afrikanischen Union (AU) und die engen Beziehungen zu den europäischen Ländern zu stärken. Senegal hat eine Tradition, sich regelmäßig an Friedenssicherungsmissionen zu beteiligen. Die Außenpolitik des Landes liegt zwar in den Händen des Präsidenten, der allerdings bei diesen Militäreinsätzen die Rückendeckung des Parlaments braucht.
Die Entwicklungspotentiale des Landes und sein Engagement in der internationalen Bühne sprachen für seine Auswahl als eines der 5 Länder für die Umsetzung der G20-Initiative der Bundesregierung „Compact with Africa“ mit dem Ziel, private Investitionen durch Investitionspartnerschaften zu fördern.
Die gezielten Sozial- und Infrastrukturmaßnahmen, gekoppelt mit einem hohen Wirtschaftswachstum – im Senegal gab es 2016 eine Wachstumsrate von 6,6% und 6,8% werden für 2017 erwartet – neue Gas- und Erdölfunde sowie Erfolge auf der internationalen Bühne, wie der Einfluss Senegals bei der G20-Initiative, stärken Macky Sall in seiner Außenpolitik.
Andererseits kann das Parlament die Regierung hinsichtlich der katastrophalen Jugendbeschäftigung, irregulärer Migration und Flucht herausfordern. Das Mittelmeer ist inzwischen der Friedhof junger Afrikanischer Migranten auf der Suche nach besseren Lebensbedingungen. Junge Senegalesen fliehen wegen wachsender Ungleichheit, Arbeitslosigkeit und alltäglicher Ungerechtigkeit. Das neue Parlament darf nicht mehr nur eine Beifall-Tribüne sein, sondern muss ein Ort sein, wo sich die Volksrepräsentanten zu gesellschaftspolitischen Themen äußern und ernsthaft Stellung nehmen.
Daouda Seck ist Programmkoordinator der Friedrich-Naumann-Stiftung in Senegal.