Europäische Erinnerungsräume
Aufarbeitung der Vergangenheit in Deutschland und Kroatien
Die Veranstaltung fand in deutscher Sprache statt und wurde auf dem Facebook-Kanal (FNF-Western Balkans) simultan kroatisch übersetzt.
Der Historiker Marc Bloch verglich einmal die nationalen Gedächtnisse mit einem “Dialog unter Schwerhörigen, bei dem jeder völlig verkehrt auf die Fragen des anderen antwortet.” 75 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges soll der Wandel der Erinnerungskulturen zweier europäischer Länder näher betrachtet und diskutiert werden: Deutschland und Kroatien. Unter der Moderation von Sabine Adler (Deutschlandfunk) diskutieren der Leiter der Stasi-Unterlagenbehörde, Roland Jahn, der Politikwissenschafter Prof. Helmut König (Berlin), die Politikwissenschaftlerin Ljiljana Radonić (Wien) sowie der Historiker Prof. Alexandar Jakir (Split). Nicht nur bei der Bewertung der Gewaltexzesse der jüngeren Vergangenheit (1991-95), auch beim Blick zurück auf Jugoslawien wie auf die Geschehnisse im Zweiten Weltkrieg ist die kroatische Gesellschaft nach wie vor tief gespalten. Bei letzterem spricht die Politikwissenschaftlerin Ljiljana Radonic gar von einem „Krieg um die Erinnerung“. Wie ist die Aufarbeitung der Menschheitsverbrechen zur Zeit des Nationalsozialismus in der Bundesrepublik Deutschland sowie der „Antifaschismus“ als offizielle Staatsdoktrin und Selbstlegitimation der DDR nach 1949 einzuordnen und zu bewerten? Wie geht man nach der Vereinigung mit diesem gemeinsamen Erbe um und wie mit dem der zweiten deutschen Diktatur, dem SED-Staat? „Wenn der richtige Gebrauch von Erinnerung heilsam sein kann, dann kann der falsche vergiftend wirken“, schreibt die amerikanische Philosophin Susan Neiman. Was aber meint „richtige“ Erinnerung in aufklärerisch-selbstkritischer Absicht, die sowohl den Gefahren ritualisierter Erstarrung wie leichter politischer Beute entgehen kann?