Raif Badawi Award 2017 an Ahmet Şık verliehen
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Die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit hat den diesjährigen Raif Badawi Award for courageous journalists an den türkischen Investigativjournalisten Ahmet Şık in Abwesenheit verliehen. Die unabhängige Jury hatte Şık aufgrund seiner herausragenden Bedeutung für die freien Medien in der Türkei und stellvertretend für alle Journalisten ausgewählt, die derzeit in der Türkei im Gefängnis sitzen. Ensaf Haidar, Ehefrau des inhaftierten saudischen Bloggers Raif Badawi, überreichte dem Menschenrechtler und Anwalt Şıks, Can Atalay, stellvertretend den Preis. „Ahmet Şıks Mut berührt mich zutiefst. Er und Raif teilen das gleiche Schicksal. Beide sitzen im Gefängnis, weil sie sagen, was sie denken“, sagte Haidar.
Im Namen von Ahmet Şık verlas Can Atalay dessen Danksagung: „Ich empfinde gleichzeitig Stolz und Trauer, diesen Preis zu erhalten. Ich sitze hinter Gittern, weil ich meinen Beruf als Journalist ausgeübt, die Wahrheit ausgesprochen und meine Meinung geäußert habe. Und mir wird ein Preis im Namen von Raif Badawi verliehen, der in einem anderen Land ebenfalls hinter Gittern sitzt und gefoltert wird, weil er seine Meinung geäußert hat.“
Şıks Fall spiegele die aktuelle politische Situation in der Türkei wieder, sagte Gerhart R. Baum, Bundesinnenminister a. D., in seiner Laudatio. Das unverhältnismäßig harte Vorgehen der türkischen Regierung gegenüber tausenden mutmaßlichen Unterstützern des Putschversuchs vom Juli 2016, unter ihnen derzeit 170 inhaftierte regierungskritische Journalisten und Autoren, kritisierte Baum scharf. Auch der Preisträger gehöre zu jenen führenden Journalisten, denen gegenwärtig der Prozess gemacht werde – jedoch ohne Gewähr eines rechtsstaatlichen Verfahrens. „Das Schicksal von Ahmet Şık und Can Dündar, um nur einige der Angeklagten zu nennen, ist und bleibt ein Gradmesser für die freiheitliche und rechtsstaatliche Entwicklung der Türkei, die zum Wegweiser für die weiteren Beziehungen der gesamten Europäischen Union zur Türkei geworden ist“, so Baum. Er adressierte daher seinen Appell an beide Seiten: „Mit einer Türkei, die Bürger- und Freiheitsrechte systematisch einschränkt, kann es keine Fortsetzung des Prozesses der Integration in die europäische Wertegemeinschaft geben.“
Der Sprecher des Muslimischen Forums Deutschlands, Ahmad Mansour, würdigte in seiner Rede den Preisträger als einen mutigen Mann, der für seine unerschütterliche Suche nach der – manchmal eben auch unbequemen –Wahrheit verfolgt und einsperrt worden sei. Das Recht auf freie Meinungsäußerung gehöre jedoch zu den wichtigsten Grundpfeilern einer freien und demokratischen Ordnung. Es sei aber auch ein Recht, dass in den letzten Jahren zunehmend weltweit eingeschränkt werde, wie man an Saudi-Arabien und dem Namensgeber des Awards, Raif Badawi, sehen könne. Mansour forderte daher „ein starkes Signal an die Radikalen aller Couleur“ zu senden. „Wir lassen uns nicht von euch einschüchtern, und wir werden nicht zulassen, dass ihr mit eurer Gewalt unsere Meinungsfreiheit einschränkt!“
Der undotierte Journalistenpreis, initiiert von Badawis Ehefrau Ensaf Haidar und TV-Moderator Constantin Schreiber, soll an den inhaftierten saudischen Blogger Raif Badawi erinnern, der wegen seiner islamkritischen Texte zu 1.000 Peitschenhieben und zehn Jahren Haft verurteilt wurde. Der Preis wird vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels e. V. unterstützt.
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The Friedrich Naumann Foundation for Freedom has awarded this year’s Raif Badawi Award for courageous journalists to Turkish investigative journalist Ahmet Şık in absentia. The independent jury selected Şık because of his outstanding importance for Turkey’s free media, and as a representative of all journalists currently imprisoned in Turkey. In Ahmet Şık’s absence, Ensaf Haidar, wife of imprisoned Saudi blogger Raif Badawi, presented the award to Şık’s lawyer, human rights activist Can Atalay. “I am deeply touched by Ahmet Şık’s courage. He and Raif are sharing the same fate. Both were imprisoned for saying what they think”, said Haidar.
Can Atalay read out Ahmet Şık’s expression of thanks on his behalf: “I am proud and sad to receive this prize. I am behind bars for exercising my profession as a journalist, for telling the truth and expressing my opinion. And I am being given an award named after Raif Badawi, who is himself imprisoned and being tortured in another country for expressing his opinion.”
In his speech paying tribute to Şık, former German interior minister Gerhart R. Baum noted that Şık’s case reflected the current political situation in Turkey. Baum sharply criticised the Turkish government for cracking down with disproportionate harshness on thousands of alleged supporters of the July 2016 coup attempt, including 170 imprisoned dissident journalists and authors. He added that the recipient of the award was one of Turkey’s leading journalists, many of whom were currently being put on trial without any guarantees that due process would be followed. “The fate of Ahmet Şık and Can Dündar, to name just two of the accused, is and remains a barometer of freedom and constitutional development in Turkey, which is an indicator of the relationship between Turkey and the European Union as a whole”, said Baum, adding: “Turkey cannot expect to continue its process of integrating with the European value community if it continues to systematically restrict civil rights and liberties.”
In his speech, Ahmad Mansour, spokesperson of the Muslim Forum Germany, honoured the award winner as a courageous man who was persecuted and incarcerated for relentlessly pursuing the truth, even when it was an uncomfortable one. The right to freedom of expression was one of the most important foundations of a free and democratic order, he added. But it was also a right subject to increasing restrictions globally in recent years, as could be seen in Saudi Arabia and the man after whom the award was named, Raif Badawi. Mansour therefore called for “a strong signal to be sent to radicals of any type”. “We will not let ourselves be intimidated by you, and we will not allow you to use violence to restrict our freedom of expression!”
The unendowed award for journalists was initiated by Badawi’s wife, Ensaf Haidar, and German TV presenter Constantin Schreiber. It is intended to raise awareness for the imprisoned Saudi blogger Raif Badawi, who was sentenced to 1,000 lashes and ten years’ imprisonment. The award is supported by the German Publishers and Booksellers Association.
Pressekontakt: Doris Bergmann, Pressereferentin der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit, presse@freiheit.org, Tel. 030 28 87 78 54, Mobil: 0151 12 65 63 91, www.freiheit.org