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"Shrinking" und "Closing Spaces"

Kampf um die Freiheit

Die Freiheit steht weltweit unter Druck. Nach großen Fortschritten, die insbesondere durch den Fall des Eisernen Vorhangs begünstigt wurden, sind seit Mitte des letzten Jahrzehnts zum ersten Mal wieder Rückschritte zu verzeichnen.

Konnte der Anteil der als „frei“ eingestuften Staaten der Welt zwischen 1986 und 2006 von einem Drittel auf die Hälfte (von 34 Prozent auf 47 Prozent) gesteigert werden, so zeigen die Entwicklungen der letzten zehn Jahre zum ersten Mal wieder einen Rückgang (nur noch 45 Prozent freie Staaten im Jahr 2016).

Auch die Bilanz der weltweiten politischen Transformation zu Demokratie und Marktwirtschaft fällt negativ aus. Zwar stehen hier weiter unter den 129 Entwicklungs- und Transformationsländern 74 demokratisch regierte 55 autoritären Staaten gegenüber. Insgesamt hat sich aber in 60 Prozent dieser Staaten der Entwicklungsstand der politischen Transformation verschlechtert, wobei in 20 Prozent die Demokratiequalität deutlich zurückgegangen ist.

Presse- und Meinungsfreiheit in Gefahr

Die gravierendsten Rückschritte in diesem Zusammenhang werden dabei vor allem im Bereich der politischen Partizipationsrechte wie etwa dem Wahlrecht, der Presse- und Meinungsfreiheit und der Versammlungsfreiheit sowie beim Stand der Rechtstaatlichkeit verzeichnet. Während dies erwartungsgemäß besonders häufig in autoritären Staaten in immer radikalerer Art und Weise geschieht, so sind derartige Einschränkungen jedoch zunehmend auch in demokratischen Staaten zu beobachten.

Im Zusammenhang mit diesen Entwicklungen ist seit etwa zehn Jahren ein internationaler Trend der „schrumpfenden“ Handlungsspielräume der Zivilgesellschaft zu beobachten. Diese schlagwortartig als „Shrinking“ oder „Closing Spaces“ bezeichnete Entwicklung bezieht sich dabei auf einen sehr weiten Begriff der „Zivilgesellschaft“. Diese wird als Raum zwischen dem staatlichen, dem wirtschaftlichen und dem privaten Sektor verstanden, dem die Gesamtheit des organisierten Engagements der Bürgerinnen und Bürger eines Landes zugeordnet ist, das weder profitorientiert noch unmittelbar parteipolitischer Natur ist.

Die Art und Ursachen der Einschränkung dieser Handlungsspielräume sind dabei sehr unterschiedlich, in ihrer Gesamtheit sind sie jedoch als globaler Trend erkennbar: So beschreibt die Organisation Civicus im Jahr 2017 die Zivilgesellschaft in 106 der 195 UN-Mitgliedsstaaten als „beeinträchtigt“, „unterdrückt“ oder „geschlossen“ – im Jahr 2014 waren es noch 96 Staaten.

„NRO-Gesetze“ lassen ein Wirken der Politischen Stiftungen in Staaten wie China oder Ägypten kaum noch zu.

Maximilian Spohr ist der Menschenrechtsexperte der Stiftung für die Freiheit
Maximilian Spohr, Menschenrechtsexperte der Stiftung für die Freiheit

Willkürliche Verhaftungen und Reiseverbote

Zwar sind willkürliche Reiseverbote, Verhaftungen oder gar gezielte Anschläge gegen Oppositionelle sicherlich keine neuen Phänomene in autoritären Staaten. Doch haben sich insbesondere seit dem kurzen demokratischen Aufbruch in der arabischen Welt ab 2011, der nun von einem harten autoritären „Rollback“ wie etwa in Ägypten beantwortet wird, derartige Maßnahmen drastisch verstärkt. Auch die aktuellen Entwicklungen in der Türkei sind hier zu nennen. Weltweit berichtet die Organisation Frontline Defenders für das Jahr 2016 von 281 getöteten Menschenrechtsverteidigern und einer Verdopplung der Reiseverbote gegen Aktivisten.

Besonders auffällig sind dabei die immer öfter verabschiedeten sogenannten „NRO-Gesetze“, die Aktivitäten, Einfluss und Finanzströme von Nicht-Regierungsorganisationen (NROs) im Land kontrollieren sollen. Vorbildcharakter hatte hier Russland, das seit 2006 restriktive Gesetzgebung erlässt und seit 2015 NROs als „ausländische Agenten“ stigmatisiert. Vergleichbare Gesetze wurden in der Folge in vielen anderen Staaten erlassen die Gesetzesentwürfe dabei zum Teil direkt voneinander kopierten. Dabei verstärkte sich dieser Trend vor allem in den vergangenen Jahren: Zwischen 2012 und 2015 wurden weltweit 120 restriktive Gesetzesakte gegen die Zivilgesellschaft erlassen.    

Darüber hinaus sind aber zunehmend auch demokratisch regierte Staaten bis hin zu Mitgliedern der Europäischen Union wie Ungarn oder unser Nachbarland Polen betroffen. Hier versuchen vor allem nationalistische und populistische Kräfte ihre politische Macht zu konsolidieren und untergraben dabei Rechtsstaat und kritische Stimmen aus der Zivilgesellschaft.

Schließlich wird diese Entwicklung gerade in den vergangenen Jahren auch weltweit durch ausufernde sicherheitspolitische Gesetzesvorhaben befördert, die die Bedrohung durch Extremismus und Terrorismus vermindern sollen. Dabei werden auch zunehmend die neuen Möglichkeiten, die die Digitalisierung mit sich bringt zur Überwachung und Beschränkung zivilgesellschaftlicher Räume genutzt. Hier sind neben Staaten wie Äthiopien, Uganda, Ägypten und zuletzt Brasilien vor allem auch etablierte Demokratien wie die Vereinigten Staaten, Großbritannien, Frankreich oder Spanien zu nennen. Auch an Deutschland geht dieser Trend nicht vorbei. Die Entwicklungen in Indien oder auch Israel verdeutlichen dabei, wie Gesetzgebung aus diesem Bereich auch gezielt zur Disziplinierung und Einschränkung kritischer zivilgesellschaftlicher Stimmen genutzt werden kann.

Politische Stiftungen besonders betroffen

Die Politischen Stiftungen sind von diesem Phänomen besonders betroffen, denn sie gehören vielerorts nicht nur zu den ältesten und etabliertesten Zivilgesellschaftsorganisationen, sondern fördern auch gezielt Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. So lassen „NRO-Gesetze“ ein Wirken der politischen Stiftungen in Staaten wie China oder Ägypten kaum noch zu – die Friedrich-Naumann-Stiftung hat ihre Büros in beiden Staaten geschlossen. Aber auch in Ländern wie Indonesien oder Russland werden alle Maßnahmen der Politischen Stiftungen genau beobachtet. Immer schwieriger wird dabei das Abwägen zwischen stiller Diplomatie und klarer Kritik, die die Regierungen durch öffentlichen internationalen Druck von weiterem Demokratieabbau abhalten soll.

Gleichermaßen sind die internationalen Geldgeber der Entwicklungszusammenarbeit und Transformationsförderung zunehmend auf der Suche nach einer gemeinsamen Antwort auf das „Shrinking Spaces“ Phänomen und versuchen Handlungsoptionen zu formulieren. Die EU sieht in dieser Entwicklung eine der größten Herausforderungen ihrer auswärtigen Politik und hat im April dieses Jahres ein umfangreiches Grundsatzpapier hierzu veröffentlicht. Auch die Bundesregierung lässt gegenwärtig durch sein Entwicklungsministerium  diesbezügliche Handlungsoptionen für die Akteure der Entwicklungszusammenarbeit im Rahmen einer Studie zusammentragen. Dabei wird insbesondere auch auf die Erfahrungen der Politischen Stiftungen zugrückgegriffen.

Die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit setzt sich als liberale Stiftung besonders gegen das „Shrinking Spaces“ Phänomen ein und widmet sich dieser Herausforderung auf verschiedenen Ebenen. Sie kämpft dabei besonders gegen die weltweite Beschneidung der Presse- und Meinungsfreiheit, insbesondere durch ihr Internationales Journalisten- und Mediendialogprogramm, die meist als aller erstes unter dem „Shrinking Spaces“ Phänomen leidet. Dabei greift sie auf eine jahrzehntelange Erfahrung in ihrer Auslandsarbeit zurück, die im Jahr 1964 mit der Ausbildung von Journalisten in Tunesien begann. Auch in Marokko hat die Stiftung 1969 mit der Gründung der ersten Ausbildungsstätte für Journalisten ihr Engagement begonnen. Daraus ist 1997 die anerkannte Journalisten-Ausbildungsstätte Centre supérieur de journalisme et de communication (ISIC) hervorgegangen, die heute vom Staat betrieben wird.

Im Kampf gegen die weltweit schwindende Freiheit der Zivilgesellschaft müssen sich damit vor allem auch die Politischen Stiftungen dieser Herausforderung annehmen. Die Friedrich-Naumann-Stiftung setzt sowohl auf klare Zeichen wir ihren Raif-Badawi-Preis, der jährlich die weltweit mutigsten Journalisten im Rahmen der weltweit größten Buchmesse in Frankfurt auszeichnet. Gleichzeit unterstützt sie  aber auch kreative und gesamtgesellschaftliche Foren, die sich mit der schrumpfenden Zivilgesellschaft auseinandersetzen und fördert dazu jährlich etwa das Boris-Nemtzov-Forum in Berlin.

Die Analyse kann als PDF-Dokument inklusive aller Quellenangaben hier heruntergeladen werden.