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In Washington kann man keine Deals abschließen

Ausländische Regierungschefs suchen nach Wegen, die Trump-Administration zu umgehen
White house

Mandatsträger suchen nach Wegen, das unberechenbare Weiße Haus zu umgehen.

© iStock/BackyardProduction

Auch sechs Monate nach Amtseinführung sorgen Präsident Donald Trump und seine Regierung vor allem für eines: Unsicherheit. Mandatsträger suchen deshalb nach Wegen, das unberechenbare Weiße Haus zu umgehen. Um gegen den Austritt der Vereinigten Staaten aus dem Pariser Klimaabkommen zu kämpfen, haben sich Bürgermeister und Gouverneure zu einer losen Allianz zusammengeschlossen. In diesem wehrhaften Bündnis sehen auch ausländische Regierungschefs einen Anknüpfungspunkt, ihre Interessen abseits der Administration in Washington, DC durchzusetzen.

Die Jahrestagung der amerikanischen National Governors Association (NGA) bekam in diesem Sommer mehr öffentliche Aufmerksamkeit als sonst. Unter die Gouverneure hatte sich hoher Besuch aus dem Ausland gemischt. Neben dem kanadischen Regierungschef Justin Trudeau waren weitere hochrangige Beamte aus Kanada, Mexiko, Indien, China und Japan nach Rhode Island gereist, um mit den US-Gouverneuren auf Tuchfühlung zu gehen und Alliierte für ihre jeweiligen Belange zu gewinnen. Das erhöhte Interesse an der Arbeit der Gouverneure der US-Bundesstaaten reflektiert die Sorgen vieler ausländischer Regierungsvertreter über die unklare Ausrichtung der Trump-Administration gerade im Bereich internationaler Handel.

Die protektionistischen Drohungen des Präsidenten sowie sein sprunghaftes Verhalten machen es schwierig vorauszusehen, wie sich die US-Handelspolitik unter Trump entwickeln wird. Auch unter den Gouverneuren sorgt der Trump‘sche Protektionismus für Unmut, und zwar sowohl bei Demokraten als auch bei Republikanern. Zwar konnte der Kandidat Trump mit seiner Wahlkampfrhetorik in den republikanischen Hochburgen punkten, doch ist der internationale Handel auch für die sogenannten „red states“ ein überaus wichtiges wirtschaftliches Standbein – gerade, wenn es um den Export von Agrarprodukten geht. Folglich freuten sich die Gouverneure über das Interesse aus dem Ausland. „Vor dem Hintergrund der Verwirrungen, die sich in der Hauptstadt abspielen, ist es richtig, den direkten Kontakt zu den Gouverneuren zu suchen“, erklärte Gouverneur Terry McAuliffe aus Virginia selbstbewusst. „In Washington kann man keine Deals abschließen. Dafür müsst ihr direkt auf die Bundesstaaten zu gehen.“

Die Rede von Justin Trudeau war die erste eines ausländischen Regierungschefs auf der Jahrestagung der US-Gouverneure. Der kanadische Premierminister nutzte seine Zeit, um leidenschaftlich den Freihandel zu verteidigen. Dabei machte er sehr deutlich, dass sein ungewöhnlicher Besuch auch in der Ungewissheit über die Zukunft des Nordamerikanischen Freihandelsabkommens NAFTA begründet sei. Trudeau stellte klar, dass Kanada Neuverhandlungen begrüße: „Unser Freihandelsabkommen ist nicht perfekt. Wir glauben, dass es modernisiert werden sollte, so wie es während der vergangenen 25 Jahre bereits mehrmals passiert ist.“ Dabei legte er Wert darauf, dass im Ergebnis eine „durchlässigere, und nicht etwa eine stärkere Grenze für den Handel“ stehen müsse.[1]

Der Premierminister machte auch deutlich, dass seine Teilnahme am Gipfeltreffen der US-Gouverneure Teil einer umfassenden, langjährigen Strategie Kanadas sei, sich unmittelbar mit den Vereinigten Staaten zu beraten und die Beziehungen zwischen beiden Ländern nachhaltig zu festigen. Trudeaus Pressesprecher fügte hinzu, dass es Kanada nicht darum gehe, die US-Administration zu umgehen. Vielmehr wolle man die Partnerschaft auf allen Ebenen stärken. Für Beobachter ist jedoch nicht zu übersehen, dass die Trudeau-Regierung diese „umfassende Kontaktpflege“ seit der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten intensiviert hat. So ernannte Trudeau mit Andrew Leslie einen Außenstaatssekretär, der den amerikanisch-kanadischen Austausch vertiefen und Kontakte zur neuen US-Administration aufbauen soll. Zudem reisten kanadische Minister in den vergangenen Monaten unter anderem nach Kalifornien, Florida oder Michigan, um sich direkt mit Gouverneuren, Bürgermeistern und Industrievertretern zu treffen und Kanadas Unterstützung für den Freihandel vor Beginn der NAFTA-Neuverhandlungen zu bekräftigen.

Auch auf Ebene der kanadischen Provinzen werden grenzübergreifende Allianzen geknüpft. Die liberale Premierministerin der Provinz Ontario Kathleen Wynne, die ebenfalls an dem Treffen in Rhode Island teilnahm, kontaktierte seit der Amtseinführung von Donald Trump mehr als 30 US-Gouverneure. Für Kanadas bedeutendste Provinz steht viel auf dem Spiel: Ontario ist der größte oder zweigrößte Handelspartner für nicht weniger als 28 US-Bundesstaaten.[2] Wynne machte sich deshalb auf den Weg nach Illinois, Michigan, Georgia und Washington, DC, um über die Zukunft der nordamerikanischen Handelsbeziehungen zu sprechen. Die Kanadier hoffen, so neue Allianzen zu schmieden, bevor Mitte August die NAFTA-Neuverhandlungen beginnen sollen.

Nicht nur für Kanadas Premierminister, auch für die Friedrich-Naumann-Stiftung ist die bundesstaatliche Ebene ein wichtiger Referenzpunkt. Das Stiftungsbüro in Washington unterhält enge Kontakte mit der National Lieutenant Governors Association (der Vereinigung der stellvertretenden Gouverneure), sowie der National Conference of State Legislatures (der Vereinigung US-amerikanischer Landtagsabgeordneter), um landesweit tragfähige Partnerschaften aufzubauen.

Iris Froeba, Policy Analyst, Transatlantisches Dialogprogramm, Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit.

 

[1] https://www.youtube.com/watch?v=IOyrikNeid4

[2] http://www.sourcefromontario.com/tradefactsheet/en/page/tradefactsheet_…