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Inflation
Was ist eigentlich... Inflation?

Inflation

Überall steigen die Preise. Ob im Supermarkt, an der Tankstelle oder in der Gastronomie – das Bild ist immer dasselbe. Im Durchschnitt sind die Preise für Produkte und Dienstleistungen in Deutschland im Oktober 2022 etwa 10,4 Prozent höher als noch im Vorjahresmonat. Der Zuwachs bei den Einkommen ist dagegen im Durchschnitt vergleichsweise niedrig. Schon für das zweite Quartal dieses Jahres ist daher die tatsächliche Kaufkraft der Einkommen in Deutschland um über vier Prozent gesunken. Heißt: Die Menschen können sich weniger leisten. Angesichts der weiterhin steigenden Preise dürfte sich dieser negative Trend für die Konsumentinnen und Konsumenten in Deutschland fortsetzen. Was aber bedeutet das genau?

Fakt: Die Inflationsrate in Deutschland ist aktuell so hoch wie seit über 70 Jahren nicht mehr.

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© Eigene Darstellung basierend auf Daten des Statistischen Bundesamtes

Begriffserklärung: Inflation

Zunächst einmal zu den Begrifflichkeiten: Ein in diesem Zusammenhang viel gebrauchter Terminus ist Inflation bzw. Inflationsrate – der Begriff wird verständlicher, wenn man ihn bei seinem anderen Namen nennt: Teuerungsrate. Die Inflations- oder Teuerungsrate beschreibt die Preisentwicklung in einem Land über den Lauf der Zeit. Das wird in Deutschland mit Hilfe des sogenannten Verbraucherpreisindex umgesetzt. Dieser simuliert einen haushaltsüblichen „Warenkorb“ aus Wohnkosten, Energiekosten, Mobilitätsaufwendungen und Konsumgütern und stellt dar, wie hoch der prozentuale Anteil dieser Ausgaben am jeweiligen Haushaltsbudget ist. Dieser Warenkorb wird an die zeitlichen Gegebenheiten und Marktentwicklungen angepasst. (Beispielsweise haben sich die Kosten für Mobiltelefone und die damit verbundenen Dienstleistungen, aber auch die Verbreitung der Technologie im Laufe der Zeit deutlich verändert. Entsprechend hat sich auch die Gewichtung im durchschnittlichen Warenkorb gewandelt.) Warum wird das so gehandhabt? So werden Preissprünge einzelner Produkte immer nur mit dem Ausmaß gewichtet, die sie für normale Bürgerinnen und Bürger haben. Aus dem Vergleich der Werte eines Jahres mit denen der Vorjahre ergibt sich eine vergleichbare Rate. Diese kann als objektives Maß für die Preisentwicklung herangezogen werden.

Fakt: Während der Preis für Butter im Durchschnitt seit Anfang des Jahres um etwas mehr als die Hälfte gestiegen ist, sind die deutschen Mieten im Mittel nur um knapp 2 Prozent angestiegen. Erst die unterschiedliche Gewichtung der Produkte bildet die Lage aussagekräftig ab.

Was aber führt zu dieser Preisentwicklung?

Historisch betrachtet lassen sich zwei Hauptursachen feststellen:

1. Expansive Geldpolitik: Dabei verfolgt die Zentralbank einen Kurs, der die Geldmenge anwachsen lässt. Dieses Vorgehen führt zwar dazu, dass mehr Geld im Umlauf ist, nicht aber zu unmittelbaren Produktionssteigerungen. Das heißt: Eine steigende Geldmenge trifft auf ein gleichbleibendes Güterangebot. Die Folge: Steigende Preise und sinkende Kaufkraft, wie man an einem stark vereinfachten Beispiel sehen kann: In einer modellhaften Wirtschaft gibt es nur ein Produkt, nämlich Äpfel. Die Währung in diesem Land ist Euro. In einem ersten Fall gibt es 100 Äpfel und 100 Euro – alles andere außer Acht gelassen, würde sich ein Preis von einem Euro pro Apfel einstellen. Wenn nun aber in einem zweiten Fall 100 Äpfel auf eine verdoppelte Geldmenge, also 200 Euro treffen würden, dann würde sich ein neuer Preis einstellen. Dieser läge dann bei zwei Euro pro Apfel – gesetzt, alle anderen Aspekte blieben gleich. In dieser stark vereinfachten Wirtschaft würde man zwischen den beiden Fällen eine Inflation von 100 Prozent beobachten können. Dieser Wirkungszusammenhang erklärt einen Teil der gegenwärtig zu beobachtenden Preisanstiege.

2. Knappheit an Märkten: Im Zwischenspiel aus Angebot und Nachfrage ergeben sich die gehandelten Mengen und die Preise, zu denen die Geschäfte abgeschlossen werden. Heißt: Ein Angebotsrückgang bei gleichbleibender Nachfrage führt dazu, dass die Preise steigen. Anhand des schon behandelten Apfelbeispiels erklärt: Im ersten Jahr gibt es 100 Äpfel und 100 potentielle Käufer, die jeweils nur einen Apfel erstehen wollen. In diesem Fall tritt eine perfekte Marktsättigung auf – niemand geht hungrig nach Hause, und die Händler werden alle ihre Waren los. Alternative Szenerie: Schlechtes Wetter und Schädlingsbefall führen zu einer schlechten Ernte. Nur 50 Äpfel treffen auf 100 potentielle Kunden. Unter diesen Umständen würde die zahlungskräftigere Hälfte der Kundschaft mehr bieten und somit ihre gewünschten Äpfel erhalten, während die andere Hälfte leer ausginge. Der Preis pro Apfel läge in diesem Beispiel auch höher als noch im ersten Fall. Abermals würde man eine Inflation im Vergleich zum ersten Fall feststellen können – so auch in der echten Welt. Denn Knappheit führt zu steigenden Preisen und macht sich somit auch im Verbraucherpreisindex bemerkbar.

Die aktuelle Lage

Die aktuelle Inflationstendenz kann auf beide Gründe zurückgeführt werden. Zum einen ist die Geldmenge im Euroraum durch die lockere Zinspolitik der europäischen Zentralbank innerhalb von 10 Jahren von knapp 9.800 Mrd. Euro in 2012 auf etwas über 16.000 Mrd. Euro (Stand August 2022) gestiegen. Gleichzeitig herrscht seit knapp drei Jahren eine Ausnahmesituation auf den Weltmärkten: Zunächst hat das Aufkommen der Corona-Pandemie und die in der Konsequenz ergriffenen Lockdown-Maßnahmen das weltweite Handelsnetzwerk erschüttert und z.B. zu erheblichen Preissteigerungen bei Frachtraten für Container geführt. Aktuell verursachen der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und die anhaltend restriktive Corona-Politik in China einen deutlichen Angebotsrückgang auf verschiedenen Gütermärkten (z.B. Gas, Lebensmittel). Der Krieg beeinflusst in erster Linie die Energieverfügbarkeit, die chinesische Corona-Politik schlägt sich auf unterschiedliche Wertschöpfungsketten in ganz unterschiedlichem Ausmaß nieder. Das Ergebnis sieht man nun bei den Verbraucherpreisen. Insbesondere die Verknappung durch den Importrückgang aus China sowie die kritischen Entwicklungen auf den Energiemärkten treiben die Preise, und ein wirkliches Ende ist nicht in Sicht. Hinzu kommt die wirtschaftliche und politische Verunsicherung, die die aktuelle Situation verursacht – sie führt dazu, dass Händler noch höhere Preise, gewissermaßen Unsicherheitsprämien, verlangen, was die Inflation weiter antreibt.

Fakt: Mehr als 10 Prozent der Handelscontainer steht aktuell auf Grund von Chinas Corona-Auflagen im Stau.

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1. Leitzins anheben: Um das Geldmengenwachstum im Euroraum im Rahmen zu halten, muss die Europäische Zentralbank die Leitzinsen (also den Zinssatz, zu dem sie Geld an Geschäftsbanken und andere Finanzinstitute vergibt) erhöhen, wie sie es in den vergangenen Monaten, dem Beispiel der USA folgend, ja bereits begonnen hat. Für die Geschäftsbanken sinkt der finanzielle Anreiz, neues Geld zu schöpfen. In der Folge nehmen sie weniger Schulden bei der Zentralbank auf und erweitern somit auch nicht die Geldmenge. Für die Verbraucherinnen und Verbraucher bedeutet das, dass auch für sie der Zinssatz bei den Kreditinstituten steigt. Das bringt zum Teil unvorhergesehene Mehrbelastungen für Projekte (z.B. beim Immobilienerwerb), die mit Umschuldung geplant wurden. Zum anderen muss die erwartete Rentabilität von zukünftigen Investitionen höher sein, um eine Kreditaufnahme zu den neuen Zinskonditionen zu rechtfertigen.

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© Eigene Darstellung basierend auf Daten der Europäischen Zentralbank

2. Angebot ausweiten: Die aktuelle Inflation wird in erster Linie durch eine angebotsseitige Verknappung hervorgerufen. Dieses Problem kann man durch eine Ausweitung und – vielleicht noch wichtiger – eine Streuung der Anbieter beheben. Anstatt allein auf chinesische Partner zu setzen, sollte man auch andere Handelsbeziehungen stärken oder gar neu aufbauen –insbesondere im Lager der liberalen Demokratien. So wird das Handelsnetz weniger anfällig für Störungen. Insbesondere angesichts der sich verhärtenden Fronten im Systemwettbewerb zwischen liberalen Demokratien und autokratischen Regimen ist eine Rückbesinnung auf diese politische und ökonomische Resilienz ein wichtiger Baustein, gerade um sich vor Erpressung infolge einseitiger Abhängigkeit zu schützen.

3. Nachfragemanagement: Angesichts der schwierigen Versorgungslage ist es in der aktuellen Zeit auch ratsam, die Nachfrage nicht unnötig stark anzukurbeln. Auch die Preise sollten nicht zu stark staatlich beeinflusst werden. Vielmehr sollte man sich die Lenkungswirkung von Preisen bewusstmachen: Hohe Preise sind ein Indikator für Knappheit. Durch das Abdämpfen von Preisspitzen wird dieses Knappheitssignal verschleiert. Das mag kurzfristig zwar für Entlastungen sorgen – langfristig sind dann aber im Extremfall die Bestände gänzlich aufgebraucht, und die staatlichen Preisgarantien führen zu enormen Belastungen für die öffentliche Hand. Daher ist es aus liberaler Sicht ratsam, eher Unternehmen und Haushalte direkt zu unterstützen, die von der aktuellen Knappheit besonders stark belastet sind, anstatt Marktmechanismen auszuhebeln. Gleichzeitig kann auch ein Verringern der staatlichen Nachfrage zu Entlastung führen. Große Konjunkturprogramme würden die Gesamtnachfrage nur weiter ankurbeln und aufgrund des starren Angebots die Preise weiter nach oben treiben. Wenn stattdessen beispielsweise der Bau von Großprojekten unter staatlicher Beteiligung um eine gewisse Zeit verschoben wird, binden diese Projekte keine zusätzlichen Kapazitäten in einer ohnehin knappen Versorgungslage. Das entspannt auch die Preise und senkt somit die Inflation.