DE

US-Wahl
Dreimal Rot für Amerika

Donald Trump
© Liberal Magazin

Rot ist die Farbe der Republikaner in den USA. Die Rückkehr von Donald Trump ins Weiße Haus und die Mehrheiten im Senat und im Abgeordnetenhaus machen die drei zentralen demokratischen Institutionen auf Bundesebene mehrheitlich Republikanisch. Das ist auf den ersten Blick genauso wie in der ersten Hälfte der Amtszeit des Präsidenten Donald Trump 2016. Dennoch ist die Situation mit 2016 nicht vergleichbar, als Donald Trump überraschend zum Präsidenten gewählt wurde. Denn im Wahlkampf 2024 hat Donald Trump seinen Einfluss schon früh in den Vorwahlen geltend gemacht. Er gab im parteiinternen Wettbewerb der Vorwahlen vielen Kandidaten sogenannte Endorsements, also Unterstützungserklärungen. 

Für Trump zählt Loyalität

Die Trump-Kandidaten wurden meist gewählt. Das schafft Loyalitäten, auch wenn die gewählten Abgeordneten nicht immer zum Trump-Lager gehörten. In Trumps erster Amtszeit scheiterte sein Wahlversprechen, die Abschaffung des Gesundheitsgesetzes von Präsident Obama, Obamacare, am Widerstand im Republikanisch geführten Kongress. 2024 ist der Kongress wesentlich stärker auf Trump-Linie als 2016.

Der Wechsel der Mehrheit im Senat von Demokraten zu Republikanern bedeutet insbesondere, dass Personalentscheidungen nun mit konservativen Mehrheiten getroffen werden können. Das gilt beispielsweise für Ernennungen von Richtern für das Verfassungsgericht – dessen konservative Mehrheit wird nun sehr lange fortbestehen. Das gilt aber auch für die Ernennung von Botschafterinnen und Botschaftern. Diese Personalhoheit erlaubt einen starken politischen Zugriff Trumps auf die amerikanische Demokratie.

Trotzdem gibt es immer noch die weitreichenden Kompetenzen der Bundesstaaten im ausgeprägten Föderalismus der USA, in die Trump nicht hineinregieren kann. Und kein Gesetzentwurf verlässt den Kongress so, wie er hineingekommen ist.

Zur Machtfülle des Präsidenten gehört jedoch auch, dass eben nicht alles per Gesetz und damit durch den Kongress geregelt werden muss. Zölle zum Beispiel kann Trump auch einfach dekretieren – mit nur geringen Mitwirkungsrechten des Kongresses.

In vielen Bereichen der Außenpolitik sind die Checks and Balances geringer ausgeprägt als in der Innenpolitik. Da reicht schon ein Satz, der großen Schaden anrichten kann, wie etwa Trumps Einschränkung der NATO-Beistandsgarantie.

Die zweite Amtszeit Trump hat einen machtvolleren Präsidenten als die erste. Wie er diese nutzt, ist – wie Trump selbst – unberechenbar. Die Demoskopen hatten ein knappes Wahlergebnis vorhergesagt und lagen meist falsch. Dass es einen deutlichen Sieg der Republikaner geben werde, hatte der erfahrene Republikanische Stratege Robert Moran schon Anfang Oktober vorhergesagt. Seine Analyse beruhte auf einer sehr ausgeprägten Wechselstimmung. Umfragen ergaben schon lange vor dem Wahltermin, dass die Biden-Harris Regierung wenig Zustimmung erfuhr, selten war eine Regierung unbeliebter.

2026 steht die nächste US-Wahl an

Zwar distanzierte sich Kamala Harris von Joe Biden und versuchte eine Häutung von der unbeliebten Vizepräsidentin hin zu einer Hoffnungsträgerin. Ihr Hauptslogan „We are not going back“ zielte vordergründig auf Trump, sollte aber den Blick nach vorne richten, weg von der Präsidentschaft Bidens. Doch Kamala Harris gelang diese Wandlung nicht. Ihr stärkstes Argument war nicht ihre Person oder ihre Politik, sondern die Verhinderung von Donald Trump. Das hat für eigene Mehrheiten nicht gereicht. 

Es gibt einen internationalen Trend gegen amtierende Regierungen. Corona, Kriege und Inflation haben Ängste geschürt. Staat und Politik werden besonders von Populisten als teure Versager angeprangert. Im amerikanischen Kontext stellt sich die Frage, was in dieser Stimmung passiert, wenn der Populist Regierungschef ist. Bereits 2026 stehen die Midterm-Wahlen an, bei denen das Abgeordnetenhaus und ein Drittel des Senats gewählt werden. Meist schneidet die Partei des amtierenden Präsidenten dabei schlechter ab. Trump wird also schnelle Erfolge suchen, um eingelöste Wahlversprechen vor dem November 2026 vorweisen zu können. 

Das Ergebnis der Midterms wird auch davon abhängen, wie die Erneuerung der Demokratischen Partei aussieht. Denn nicht nur Kamala Harris hat verloren, sondern auch die Partei insgesamt. In der Gegenbewegung zu Donald Trump hat sie sich immer weiter links positioniert, und in den Vorwahlen setzten sich oft linkere Anti-Trump-Kandidaten gegen moderatere Demokraten durch. Das hat zu einer Achsenverschiebung geführt. Im Wahljahr ist beispielsweise der Demokratische Senator Joe Manchin aus Virginia aus der Partei ausgetreten, weil sie ihm zu links geworden sei. Manchin hatte aber als konservativer Demokrat Mehrheiten im konservativen Virginia gewonnen. Die Demokraten müssten nun wieder strukturell mehrheitsfähig werden. Gretchen Whitmer, Gouverneurin von Michigan, oder Josh Shapiro, Gouverneur von Pennsylvania, haben beide Mehrheiten in ihren Bundesstaaten gewonnen, in denen bei den Präsidentschaftswahlen mehrheitlich für Trump gestimmt wurde.

Deutschland und Europa brauchen die transatlantische Partnerschaft – wirtschaftlich und sicherheitspolitisch. Und die USA brauchen Europa, wirtschaftlich und geostrategisch.

Echte Interessenpolitik

Einem Präsidenten, der mit Zöllen droht, muss Europa klarmachen, dass das nicht im amerikanischen Interesse ist. Einem Präsidenten, der die NATO schwächen will, müssen NATO-Mitglieder klarmachen, dass das den US-Interessen schadet. Die Betonung gemeinsamer Werte wird gegenüber Donald Trump nicht ausreichen. Über eine Interessenpolitik aber ist er erreichbar. Voraussetzung dafür ist, dass Europa mit einer Stimme spricht. Und dass die europäische Kommunikation mit moderaten Republikanern und Demokraten diese Interessenpolitik flankiert. Das Angebot der EU-Kommission, mehr US-Flüssiggas zu kaufen, ist ein erster Versuch einer solchen Interessenpolitik.

Ein unberechenbarer Präsident ist immer ein schwieriger Partner. Deswegen muss Europa sich auf die Themen konzentrieren, die es selbst beeinflussen kann. Das gilt beispielsweise in der Übernahme zusätzlicher Aufgaben in der Verteidigung in der NATO und im Ukraine-Krieg. 

Die Trump-Administration kann nicht von Europa und Deutschland verlangen, sich wirtschaftlich vom chinesischen Markt stärker zu entkoppeln, und gleichzeitig durch Zölle den Zugang zum US-Markt verschlechtern. Die zwangsläufigen Gegenmaßnahmen der EU würden den Westen politisch entzweien und wirtschaftlich schwächen. China und Russland wären die Gewinner einer solchen transatlantischen Konfrontation. Das ist nicht im US-Interesse. Wer wie Trump immer „America first“ betont, wird nicht rechtfertigen können, dass seine Politik US-Interessen schadet.