Klimawandel
Die grüne Lunge der Stadt
Ausgangslage
Städte tragen nicht nur besonders stark zum Klimawandel bei, sondern sind auch von den Auswirkungen des Klimawandels (Hitze und Starkregen) besonders betroffen. Deutsche Städte sind vor allem von höheren Lufttemperaturen und weniger Regenfällen im Sommer betroffen. Die Zahl der heißen Tage (tmax ≥ 30°C) und der Tropennächte (tmin ≥ 20°C) hat in den letzten Jahren zugenommen (siehe Abbildung 8) und wird voraussichtlich auch in den nächsten Jahren zunehmen.70 In der Stadt können sich Besonderheiten wie städtische Wärmeinseln und Windanomalien verstärken. Zudem kann bei hohen Lufttemperaturen unter der Einwirkung der Sonnenstrahlung mehr bodennahes Ozon entstehen. Zunehmende Starkregenereignisse können zu Überflutungen aufgrund fehlender Retentionsräume in der Kanalisation führen. Durch den Rückgang von Grünflächen finden Insekten und Vögel weniger Lebensraum. Insbesondere in den letzten heißen Sommern waren die Stadtbäume von Dürren bedroht. Der Baumbestand ist jedoch sehr wichtig in den Städten, weil er die Luft filtert, Schatten spendet und Sauerstoff produziert. Auch die zunehmende Lichtverschmutzung hat negative Auswirkungen auf die Umwelt. Pro Jahr werden die Nächte weltweit um etwa zwei Prozent heller.71 Insekten werden von elektrischen Lichtquellen angelockt. Das ist einer der Gründe für das Insektensterben72. Auch Nachtbestäuber werden durch elektrische Lichtquellen von ihrer Aufgabe abgelenkt, was zur Reduktion der Fruchtbildung führt. Stadtbäume werfen durch die erhöhte Helligkeit später als üblich ihre Blätter ab.
Handlungsempfehlungen
1. Fassadenbegrünung
Fassadenbegrünungen bieten viele Vorteile, um Städte an die Klimaentwicklung anzupassen. Deshalb sollte es überall, wo es möglich ist, Dach- und Fassadenbegrünungen geben. Insbesondere öffentliche Gebäude können hierbei vorangehen. Fassadengrün kann wärmeregelnd wirkend und so Kosten und Energie für Heizungen und Klimaanlagen sparen. Begrünungen an Fassaden können zudem die Lärmbelastung in der Stadt reduzieren, da sowohl Blätter als auch Substrat den Schall streuen. Auch Luftbelastungen können auf diesem Weg reduziert werden, da Pflanzen Feinstaub an ihrer Blattoberfläche binden, CO2 speichern und Sauerstoff produzieren. Durch eine Begrünung mit Kletterpflanzen kann auf einem Quadratmeter Fläche eine Gesamtblattoberfläche von acht Quadratmetern erzielt werden73. Je größer die Blattoberfläche ist, desto mehr Feinstaub wird reduziert sowie Stickstoffdioxid gefiltert. Durch die hohe Anzahl an versiegelten Flächen in der Stadt, heizt sich diese durch die fehlende Verdunstung schnell auf und es können Hitzeinseln entstehen. Eine dichte Fassadenbegrünung trägt zur Luftbefeuchtung und zur Abkühlung bei. Mehr Stadtnatur führt auch dazu, dass sich die Stadtbevölkerung wohler fühlt. Die Lebens- und Wohnqualität kann so erheblich gesteigert werden. Auch Konzepte wie das Urban Gardening können durch Fassadenbegrünung mit essbaren Pflanzen wie z.B. Spalierobst oder Kapuzinerkresse weiter vorangetrieben werden
2. Schutz der Artenvielfalt
Durch intelligente Straßenbeleuchtung kann die Lichtverschmutzung reduziert werden. Bewegungsmelder und dimmbare Beleuchtung führen dazu, dass Lampen nur anspringen, wenn sie benötigt werden.74 Ein besonderer Schutz der Stadtbäume sowie der Erhalt von Grünflächen und Blühstreifen tragen zu einem gesunden Umweltklima in der Stadt bei. Stadtbäume sind insbesondere von Sommerdürren betroffen. Um sie in ihrer Funktion als wichtige CO2-Speicher und Lebensraum von Tieren zu erhalten, müssen sie bereits im Frühling durch Düngung und Wässerung auf die heißeren Sommer vorbereitet werden. Blühstreifen, Stadtbäume und Wandbegrünungen bieten Tieren im städtischen Raum einen Lebensraum sowie eine
Nahrungsquelle und erhöhen so die Artenvielfalt.
3. Städtisches Grün als Wasserspeicher
Stadtbäume können durch unterirdische Regenwasserspeicher im Wurzelbereich als Retentionsräume bei Starkregenereignissen dienen. Darüber hinaus können diese Speicher die Bewässerung von Bäumen in Trockenphasen sicherstellen. Um diese Speicher zu füllen, können beispielsweise Regenwasserabläufe von Gebäuden, Parkplätzen oder Straßen angeschlossen werden. Städtisches Grün kann so eine Lösung für klimabedingte Starkregenereignisse bieten und die fehlenden Versickerungsmöglichkeiten durch versiegelte Flächen ausgleichen. Auch begrünte Fassaden und Dächer verhindern, dass Wasser zu schnell abfließt. Je nach Begrünung können Dachflächen 50-90 Prozent der Niederschläge zurückhalten.
4. Grünflächen sichern
Städtische Grün- und Freiflächen wie Parkanlagen oder Kleingartenanlagen oder private Stadtgärteninitiativen sind nicht nur als Erholungsort für Stadtbewohnerinnen und -bewohner von großer Bedeutung. Insbesondere in den zunehmenden Tropennächten wirken Grünflächen aufgrund ihrer Verdunstungsfähigkeit ausgleichend auf hohe Temperaturen im Stadtklima. Deshalb muss der Erhalt und die Schaffung von unversiegelten, wasserspeichernden Flächen in der Landschafts- und Raumentwicklung berücksichtigt werden. Anwohnerinnen und Anwohner müssen bei der Bepflanzung von Baumscheibengärten dahingehend beraten werden, dass Anpflanzungen im Sommer den Bäumen kein Wasser entziehen. Eine Entfernung von privaten Gartenaktivitäten darf nicht aus politischer Willkür erfolgen, sondern nur, wenn die Beratungsangebote ausgeschlagen wurden und die Bepflanzung problematisch ist.