Mietendeckel
Irrfahrt gestoppt – Mietendeckel verfassungswidrig
Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden: Der Berliner Mietendeckel verstößt gegen das Grundgesetz. Die Normenkontrollklage der Bundestagsfraktionen von Union und FDP sowie die Klagen mehrerer Vermieterinnen und Vermieter hatten also Erfolg. Ausschlaggebend für die Entscheidung des Gerichts war, dass die rot-rot-grüne Landesregierung zu keinem Zeitpunkt dazu berechtigt war, ein solches Gesetz auf Landesebene zu erlassen.
Überraschend scheint diese Entscheidung selbst für die rot-rot-grüne Landesregierung nicht zu kommen. Sowohl die ehemalige Bausenatorin Katrin Lompscher als auch der aktuelle Bausenator Sebastian Scheel (beide Die Linke) haben die Mieterinnen und Mieter immer wieder darauf hingewiesen, dass sie gesparte Mieten bis zur endgültigen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zurücklegen sollen. Wie eine aktuelle Umfrage zeigt, haben viele Mieterinnen und Mieter diese Hinweise nicht ernst genommen. Es ist wahrlich kaum zu glauben, dass in Berlin eine Politik betrieben wurde, die diese Gefahr sehenden Auges in Kauf genommen hat. Die Schuld an dieser Misere tragen nicht die Klagenden, sondern allein die politisch Verantwortlichen.
Der Berliner Mietendeckel wird als Paradebeispiel für fehlgeleitete Markteingriffe in die Geschichte eingehen. Zur Behebung der Wohnungsknappheit hat das Gesetz nie beigetragen. Ganz im Gegenteil, der Mietendeckel wird zumindest mittelfristig Schäden hinterlassen. Daten des Portals Immoscout24 zeigen, dass das Angebot an verfügbaren Mietwohnungen im vergangenen Jahr um 30 Prozent gesunken ist. Ein coronabedingter Effekt ist dabei auszuschließen, wie der Vergleich mit anderen deutschen Metropolen zeigt, wo das Angebot teilweise deutlich gestiegen ist, in Stuttgart sogar um 66 Prozent. Gleichzeitig erreichten die Anfragen pro Wohnungsinserat ungeahnte Ausmaße. Eine inserierte Mietwohnung mit Baujahr vor 2014 erhielt im Januar 2021 durchschnittlich 214 Kontaktanfragen. Auch eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) kommt zu dem Ergebnis, dass sich die Zahl der annoncierten Mietwohnungen in Berlin mehr als halbiert hat.
Diese Zahlen verdeutlichen die Absurdität hinter dem Mietendeckel, denn er hat genau denjenigen geschadet, denen er ursprünglich helfen sollte. Niemand hat unter dem Gesetz so sehr gelitten wie Berlins Mieterinnen und Mieter, für die die Wohnungssuche zur Suche nach der berühmten Nadel im Heuhaufen wurde. Ein Ende des Mietendeckels könnte nun dazu führen, dass sich das Wohnungsangebot etwas erholt und wieder mehr Wohnungen auf den Berliner Mietmarkt gelangen.
Doch eines ist klar: Der Ruf nach Mietpreisbegrenzungen wird bleiben. Das Urteil könnte sogar dazu führen, dass die Diskussion um schärfere Regelungen nun auf Bundesebene erst richtig Fahrt aufnimmt – denn ein Mietendeckel auf Bundesebene wäre weiterhin möglich. Zuletzt haben sich neben der Linken auch Bündnis 90/ die Grünen in ihrem Entwurf für ein Bundestagswahlprogramm für eine bundesweite Mietobergrenze ausgesprochen. Die Probleme lösen würden solche Regelungen in Deutschland – wie das Beispiel Berlin zeigt - natürlich nicht. Stattdessen braucht es einen echten Neustart bei der Wohnungs- und Baupolitik. Überall im Land, insbesondere in den Städten, muss wieder das Prinzip von Angebot und Nachfrage gelten. Steigende Mietpreise lassen sich nur mit einer Ausweitung des Angebots langfristig in den Griff bekommen. Es braucht eine Politik, die Anreize für den Wohnungsbau setzt, die Baukosten niedrig hält, den Erwerb von Wohneigentum erleichtert, das digitale Planen und Bauen vorantreibt und Voraussetzungen für eine moderne Stadtentwicklung schafft. Wie das funktionieren kann? Das zeigen unsere Publikationen „Internationale Baupolitik“ und „Die Liberale Stadt“.