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Worauf es beim Trump-Biden TV-Duell ankommen wird

5 Fragen / 5 Antworten mit Martin Biesel, Leiter des Büros in Washington, D.C.
US-Flagge

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© picture alliance / Zoonar | Valerio Rosati

5 Fragen / 5 Antworten mit Martin Biesel zum TV-Duell zwischen Biden und Trump

freiheit.org: Wie hoch ist das Interesse in den USA am ersten TV-Duell? Können Sie das aktuelle Stimmungsbild in den USA mit Blick auf die Wahl beschreiben?

Martin Biesel: Die beiden TV-Duelle werden die Einzelereignisse mit der größten Reichweite im Wahlkampf sein. Zwar werden nicht mehr die Rekordzuschauerzahlen erreicht werden wie bei Trump gegen Hillary Clinton – das waren 84 Millionen Zuschauer – immerhin hatte aber das letzte TV-Duell zwischen Biden und Trump 2020 noch 63 Millionen Zuschauer. Beide Kandidaten haben ausgesprochen schlechte Beliebtheitswerte. Daher müssen sie dafür sorgen, dass ihre Wähler mobilisiert werden, damit sie am 5. November überhaupt wählen gehen. Die Mobilisierung innerhalb der Demokratischen bzw. Republikanischen Wählerschaft wird die Wahl entscheiden.

Welchen Einfluss wird die erste TV-Debatte zwischen Biden und Trump auf den weiteren Verlauf des Wahlkampfes haben?

Das kommt darauf an, ob es einen klaren Sieger und einen klaren Verlierer gibt. Das Risiko für Präsident Biden besteht darin, Aussetzer zu haben oder grobe Schnitzer zu machen. Solche Schwächen würden die Zweifel an einer weiteren Amtszeit wegen seines Alters verstärken. Allerdings kam der Vorschlag für die beiden TV-Duelle von Joe Biden. Das Kalkül der Demokraten könnte sein: je mehr Zuschauer einen aggressiv polternden Trump erleben, desto besser für Joe Biden. In der Tat ist die Gegnerschaft zu Trump das wichtigste Mobilisierungsargument für die Wahl Joe Biden.

Welche Schwerpunkte wird Biden in der ersten Debatte setzen wollen, welche Trump? Worauf müssen beide Kandidaten jeweils achten?

Präsident Biden wird versuchen, seine wirtschaftlichen Erfolge herauszustellen. In der USA herrscht nahezu Vollbeschäftigung bei einem guten Wirtschaftswachstum. Dennoch ist die wirtschaftliche Stimmung mehrheitlich pessimistisch. Mit einem ruhigen, sachlichen und präsidialen Auftritt kann Biden das Kontrastprogramm zu Donald Trump sein. Donald Trump kennt keine zwei Temperamente, sondern nur einen lauten Modus. Der laute Trump schreckt viele, insbesondere Frauen ab.  Anders als im letzten Duell kann Trump allerdings weder Joe Biden noch den Moderator unterbrechen, da die Mikrofone bei der Redezeit des anderen abgeschaltet werden. Trump wird insbesondere die illegale Immigration nach vorne stellen, aber auch die hohen Preise. Seine Behauptung ist, dass es den Amerikanern während seiner Amtszeit besser ging als jetzt unter Biden. Damit versucht er die Zielgruppe der Unzufriedenen zu mobilisieren.

Was sind aus Ihrer Sicht die Kernthemen der Debatte?

Ein Schwerpunkt wird sicherlich die Migration sein. Präsident Biden musste unter dem Druck der sehr großen illegalen Immigration seinen Kurs ändern und ist seitdem in der Defensive. Donald Trump wird deswegen hier besonders angreifen, da das Thema auch in Bundesstaaten kritisch gesehen wird, die weit weg von der mexikanischen Grenze sind. Biden wird auf seinen Anfang Juni erlassene präsidiale Anordnung zur Aussetzung des Asylrechts verweisen. Es wird auch spannend sein, wie weit Trump sich auf unangenehme Fragen der Moderatoren einlässt. Er meidet bei Auftritten im Wahlkampf grundsätzlich Diskussionen, sondern hält fast ausschließlich Reden. Auch Fragen zu seiner Vorstrafe nach der Verurteilung im New Yorker Strafrechtsprozess könnten ihm bei moderaten Republikanischen Wählern schaden.

Welche Themen sind aus europäischer und deutscher Sicht die wichtigsten?

Es wird spannend sein, wie sich insbesondere Donald Trump zu Fragen zu Putins Krieg gegen die Ukraine und auch zum Nahost-Konflikt einlässt. Im Grunde geht er substantiellen Stellungnahmen immer aus dem Weg und behauptet, dass er als Präsident den Krieg gegen die Ukraine in 24 Stunden beenden würde. Oder die Hamas hätte Israel nicht angegriffen, wenn er noch Präsident gewesen wäre. Auch seine Aussage, die Beistandspflicht der NATO vom finanziellen Nato-Beitrag des Mitgliedsstaates abhängig zu machen, hat die Republikaner insgesamt in Erklärungsnot gebracht. Man kann hoffen, dass beim TV-Duell Sender CNN solche außenpolitischen Fragen eine größere Rolle spielen als sonst im Wahlkampf.

Martin Biesel leitet das Regionalbüro der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit in Nordamerika.