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Pressefreiheit
Watching the Watchdogs

Der Einsatz von Spionageprogrammen gegen Journalisten in Europa
Dark silhouette of a person in front of a big screen full of gree and blue data

"Pegasus" kann das Mikrofon und die Kamera eines Smartphones kapern und auf eine Vielzahl persönlicher Daten wie E-Mails, Textnachrichten und Dokumente zugreifen.

© Chris Yang, Unsplash

Im Jahr 2024 beginnt für die Europäische Union eine neue Ära im Kampf um den Schutz von Journalisten und der Pressefreiheit vor illegalem Spähsoftware-Missbrauch. Nach monatelangen Debatten und angespannten Schlussverhandlungen erzielten die EU-Institutionen im Dezember 2023 eine historische Einigung über den Europäischen Rechtsakt zur Medienfreiheit (EMFA).

Neben zahlreichen neuen Vorschriften enthält die vorläufige Einigung in Artikel 4 verstärkte Schutzmaßnahmen für Journalisten und ihre Quellen vor Zwangsüberwachung, einschließlich Spionageprogrammen. Diese neuen Regeln besagen, dass Überwachungsmaßnahmen nur von Fall zu Fall "aus zwingenden Gründen des öffentlichen Interesses" erlaubt werden können, vorbehaltlich einer vorherigen Genehmigung durch eine Justizbehörde. Ausdrückliche Verweise auf Ausnahmen aus Gründen der nationalen Sicherheit wurden gestrichen, was die Staats- und Regierungschefs der EU dazu veranlasste, die Einigung als einen großen Fortschritt beim Schutz von Journalisten vor ungerechtfertigter Überwachung zu begrüßen.

Wird die EMFA stark genug sein?

Während die EMFA insgesamt als Impuls zur rechten Zeit für den Schutz des Medienpluralismus und des unabhängigen Journalismus begrüßt wurde, bleibt die Auswirkung der Bestimmungen von Artikel 4 auf die Begrenzung der Überwachung der Presse fraglich und hinter den ursprünglichen Erwartungen zurück. Nach einer Reihe großer Überwachungsskandale im Verlauf der letzten Jahre waren die Hoffnungen groß, dass die EMFA dem Missbrauch moderner Überwachungsinstrumente wie Pegasus oder Predator zur Überwachung der Kommunikation von Journalisten ein Ende setzen würde. Doch die Ungewissheit, ob die EMFA-Bestimmungen stark genug sind oder ob die verbleibenden Schlupflöcher weiterhin von böswilligen Akteuren ausgenutzt werden können, hält an.

Missbrauch von Überwachungsprogrammen in Griechenland und Ungarn

Ein neuer Bericht, der vom Internationalen Presseinstitut (IPI) mit finanzieller Unterstützung der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit veröffentlicht wurde, gibt einen Überblick über die Verhandlungen in letzter Minute über Artikel 4 der EMFA, den erzielten Kompromiss und die möglicherweise verbleibenden Schlupflöcher. Anschließend werden zwei Fallstudien aus EU-Mitgliedstaaten vorgestellt, in denen in den letzten Jahren hochradig übergriffige Spionagewerkzeuge zur Überwachung von Journalisten missbraucht wurden: Griechenland und Ungarn. Diese Fallstudien erzählen die Geschichte zweier Skandale, bei denen es um die Überwachung von Journalisten ging. Sie verdeutlichen, wie in beiden Fällen Ausnahmeregelungen für die nationale Sicherheit genutzt wurden, um rechtliche Beschränkungen zu umgehen, die Rechenschaftspflicht zu blockieren und die Verantwortlichen vor Kontrolle zu schützen. Die Fallstudien bieten besorgniserregende Beispiele dafür, warum der von den EU-Institutionen für die EMFA erzielte Kompromiss zu schwach sein könnte, um Journalisten angemessen vor Überwachung zu schützen. In dem Bericht werden außerdem weitere Fälle der Überwachung von Journalisten in den EU-Mitgliedstaaten untersucht, bevor die Autoren Schlussfolgerungen und Empfehlungen dazu geben, wie Europas Journalisten am besten vor allen Formen der illegalen Überwachung geschützt werden können.