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Eine Kolumne von Karl-Heinz Paqué

Internationale Handelspolitik
Ein Unwetter der Zölle

Donald Trump hat kein handelspolitisches Konzept. Er schlägt einfach um sich.
zölle

Streit um US-Zölle

© picture alliance / SULUPRESS.DE | Torsten Sukrow / SULUPRESS.DE

Handelspolitik ist eigentlich etwas für kühle Rechner und geschickte Verhandler. So war es auch in der ersten Amtszeit von Donald Trump. Mag sein, dass dies an dem erfahrenen US Trade Representative lag, der damals starken Einfluss auf den Präsidenten hatte: Robert Lighthizer, inzwischen Autor eines lesenswerten grundlegenden Plädoyers für Protektionismus zur Rettung der amerikanischen Industrie, war alles andere als ein impulsiver Hitzkopf. In seiner Zeit kam es zu Zollerhöhungen, aber auch zu konstruktiven Verhandlungsergebnissen – wie etwa die Umwandlung des North American Free Trade Agreements NAFTA in das Abkommen USMCA, das nur moderat protektionistischer ausfiel als der Vorgängervertrag.

Ganz anders Trump heute. Offenbar völlig ungebremst erhebt Donald Trump Zölle auf Importgüter der wichtigsten Handelspartner. Seit Beginn seiner Amstzeit wurden Zollsätze von 25 Prozent gegenüber den Nachbarn Kanada und Mexiko festgelegt, 20 Prozent gegenüber China (zusätzlich zu den ohnehin üblichen 10 Prozent), seit neuestem nun 25 Prozent auf Stahl und Aluminum – beide Produktbezeichnungen weit definiert – aus der Europäischen Union. Dies hat zu einem Wirrwarr an Reaktionen geführt: Mexiko zeigte sich gesprächsbereit und erreichte einen Aufschub; Kanada reagierte scharf mit Gegenschlägen bis hin zum Stopp von Stromlieferungen, was den zornigen Trump zu weiteren Zollerhöhungen veranlasste; ebenso hart reagierte China, seinerseits mit neuen Handelsbarrieren gegen amerikanische Waren. Die EU kündgte ebenfalls harte gezielte Vergeltungszölle an, und zwar – wie Kanada – auf typische US-Exportprodukte aus Hochburgen der Republikaner wie Whiskey, Jeans, Harley Davidson Motoräder, aber auch Stahlerzeugnisse.

Man fragt sich besorgt, wo dies hinführen soll. Es ist sicherlich nicht unklug von der EU, dass sie trotz Vergeltung die Bereitschaft zu Gesprächen signalisiert, gerade auch mit Blick auf jene Bereiche, in denen der EU-Zollschutz derzeit noch höher ist als der US-Zollschutz, zum Beispiel bei Automobilen (10 Prozent in der EU, 2,5 Prozent in den USA). Gleichwohl bleiben enorme Risiken – vor allem weil Trumps Unberechenbarkeit keine Grenzen kennt, was zum Teil zu geradezu abenteuerlichen Zielvorgaben aus dem Weißen Haus führt. So kündigte Trump jüngst an, dass die USA das in der Welthandelsorganisation (WTO) übliche Grundprinzip der „Meistbebegünstigung“ aufgeben würden. Dieses Prinzip sieht vor, dass ein gemeinsamer Zolltarif gegenüber allen WTO-Handelspartnern  angewandt wird. Ganz anders nun Trump: Er will Reziprozität: Nur wer gegenüber den USA Konzessionen macht, soll Konzessionen bekommen. Das klingt fair und verführerisch, käme aber einem bürokratischen Supergau gleich, weil Abertausende unterschiedlicher Zolltarife die Folge wären – eine montröse Absurdität.

Man kann nur hoffen, dass Trump zur Besinnung kommt. Vielleicht durch die Märkte: Vieles spricht dafür, dass allein die schiere Unsicherheit über seinen handelspolitischen Kurs die Börsen und die Zuversicht der Konsumenten in den USA massiv belastet. Niemand weiß wirklich, wie ernst es ihm ist; niemand weiß, ob er bereit ist, einen simultanen Handelskrieg an mehreren großen Fronten zu riskieren. Selbst für das wirtschaftsmächtigste Land der Welt wäre dies ein Desaster: Es käme zu einem massiven Inflationsschub, einer scharfen Rezession und einer dauerhaften Schwächung des Wirtschaftswachstums. All dies würde in den USA wohl weit schlimmer ausfallen als in den betroffenen Nationen und Regionen der Handelspartner, die sich – jeder für sich – nach alternativen Angeboten außerhalb der USA umsehen könnten.

Für die Weltwirtschaft insgesamt wäre es natürlich ein Desaster. Es würde – erstmalig seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs – die Erinnerung an die Katastrophe der 1930er Jahre wachrufen, als die USA im Gefolge des hochprotektionistischen Smoot-Hawley Act von 1930 die Welt in die Rezession rissen. Damals kam ein gewaltiges geldpolitisches Versagen hinzu, aber die allseitige Flucht hinter hohe Zollmauern hinterließ ihre eigene lang währende Spur der Verwüstung. So schwierig es ist: Alle diplomatischen Kanäle sollten genutzt werden, um einen solchen Irrweg und Irrsinn zu verhindern.  

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Florian von Hennet
Florian von Hennet
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