USA
Team Trump – Mögliche Spannungsfelder und Konflikte
Donald Trumps Personalentscheidungen für sein Kabinett und andere wichtige Positionen basieren vor allem auf der Loyalität und Unterstützung, die die Kandidatinnen und Kandidaten für ihn gezeigt haben. Doch gleichzeitig gibt es auf mehreren Feldern starke inhaltliche Gegensätze. Sie spiegeln die Bandbreite der republikanischen Positionen wider, deren Vertreter vor der Präsidentschaftswahl Trump zwar als gemeinsame Leitfigur unterstützten, nun aber ihre eigenen Vorstellungen zur Zukunft des Landes einbringen wollen. Auf einigen Politikfeldern ist das aufgrund der von Trump nominierten Kandidaten besonders offensichtlich. Diese müssen noch den Prozess der Hearings vor den zuständigen Ausschüssen des Senats und die Abstimmung des gesamten Senats durchlaufen. Derzeit ist es jedoch sehr wahrscheinlich, dass sie ihre Ämter antreten werden.
Außen- und Sicherheitspolitik
In Europa und vielen anderen Regionen der Welt wird die außen- und sicherheitspolitische Positionierung der USA mit besonders großem Interesse und gleichzeitig mit einigen Sorgen verfolgt. Es gibt starke Befürchtungen, dass sich die isolationistischen Tendenzen in der republikanischen Partei und ihrer Wählerschaft stark auf die Außen- und Sicherheitspolitik auswirken könnten. Die aktuellen Nominierungen lassen diese Befürchtungen nicht verschwinden, geben ihnen jedoch auch nicht allzu viel Nahrung. Der zukünftige Außenminister Marco Rubio, der zukünftige Sicherheitsberater Michael Waltz und andere Nominierte stehen klar für wichtige Prioritäten – wie das Zurückdrängen des chinesischen Einflusses und die Projektion amerikanischer Stärke gegenüber Gegnern.
Sie sind keine Isolationisten, teilen jedoch gleichzeitig klar die „America First“-Positionen des zukünftigen Präsidenten und wollen dazu die militärischen, politischen und wirtschaftlichen Machtinstrumente stärken. Ein Konfliktfeld eröffnet sich zu Tulsi Gabbard, der Nominierten für das Amt des „Director of National Intelligence“, die in diesem Amt für das tägliche Security-Briefing des Präsidenten zuständig sein wird. Die ehemalige Abgeordnete der Demokraten und Bewerberin bei den demokratischen Vorwahlen für die Präsidentschaftswahlen 2020 vertritt sehr kritische Einstellungen gegenüber Auslandseinsätzen des US-Militärs und dem internationalen Engagement der USA (Sie ist selbst Oberstleutnant der Reserve und war im Irak im Einsatz.) Sie sieht die Feinde der USA in vielen Fällen mehr im Inneren als im Ausland. Mit dieser Haltung liegt sie nahe bei großen Wählergruppen der Republikaner – und nahe bei Teilen der Wahlkampfrhetorik von Trump, der für ihre Positionen Partei ergreifen könnte.
Migration
Ein wichtiger Konfliktherd innerhalb von Trumps Regierungsmannschaft zeigt sich beim zentralen Thema Migration. Die Tech-Milliardäre Elon Musk und Vivek Ramaswamy, die das neue, von Trump ins Leben gerufene „Department for Government Efficiency“ leiten sollen, verfolgen einen Kurs, der weite Teile der MAGA-Bewegung irritiert. Als Immigranten setzen sie sich explizit für die Beibehaltung und sogar die Ausweitung der Visavergabe an hochqualifizierte Fachkräfte aus dem Ausland ein. Um die Jahreswende kritisierte Ramaswamy den amerikanischen Lebensstil, der seiner Ansicht nach Mittelmäßigkeit und Faulheit belohne, während Leistung und Spitzenkräfte zunehmend geringgeschätzt würden.
Stattdessen möchte er gezielt Talente aus dem Ausland in die USA holen.
Mit diesen Äußerungen zog er umgehend den Zorn der isolationistischen und arbeiternahen Flügel der Republikaner auf sich, die Migration grundsätzlich ablehnen und „America First“ auch auf den Stellenmarkt angewandt sehen wollen – selbst wenn dies wirtschaftliche Einbußen für Unternehmen bedeutet. Auch Bedenken hinsichtlich des Arbeitnehmerschutzes wurden laut. Selbst Moderatoren Trump-naher Medien äußerten sich ungewöhnlich kritisch. Trump selbst bezog erst relativ spät Stellung und stellte sich schließlich auf die Seite von Musk und Ramaswamy. Wie der Spagat zwischen den Hardlinern und moderateren Kräften bei der Migration gelingen soll, muss Trump jetzt zeigen.
Landwirtschaft, Ernährung und Gesundheit
Ein besonders auffälliges Beispiel mit großem Konfliktpotenzial ist die Personalie von Robert F. Kennedy Junior. Der Neffe seines hierzulande wohl bekannteren Namensvetters strebt das Amt des US-Gesundheitsministers an. Der ehemalige Umweltanwalt ist überzeugter Impfgegner und verbreitete während der COVID-19-Pandemie zahlreiche Verschwörungstheorien. Gleichzeitig setzt er sich jedoch vehement für einen gesünderen Lebensstil in den USA ein und ist erklärter Gegner stark verarbeiteter Lebensmittel und von Fast Food, deren Verbreitung er auf die Profitgier großer Konzerne zurückführt. Außerdem ist er ein Befürworter eines stärkeren Umweltschutzes und erkennt den menschengemachten Klimawandel an.
Mit diesen Positionen steht er im Kontrast zu Trumps Kandidatin für das US-Agrarministerium, Brooke Rollins. Sie gründete 2021 das „America First Policy Institute“, einen Think Tank, der beispielsweise die umstrittene, derzeit auf Eis gelegte Keystone-Ölpipeline von Kanada in die USA vorantreiben wollte, die schwerwiegende Umweltschäden verursacht hätte. Es ist zu erwarten, dass sie sich für die Interessen der mächtigen US-Lebensmittellobby starkmachen wird. Die Deregulierung von Vorschriften in der Landwirtschaft – etwa beim Einsatz neuer Pestizide – dürfte bei Kennedy Jr. ebenfalls auf scharfe Kritik stoßen.
Sozial- und Wirtschaftspolitik
Die Kandidatin für die Position der Arbeitsministerin, die ehemalige republikanische Abgeordnete Lori Chavez-DeRemer, vertritt innerhalb der republikanischen Partei außergewöhnlich gewerkschaftsfreundliche Positionen. Sie war eine der wenigen Abgeordneten ihrer Partei, die einem von den Demokraten eingebrachten Gesetz zustimmte, das die Rechte der Gewerkschaften in Unternehmen massiv stärkte.
Ihr zukünftiges Ministerium ist u.a. für das Setzen von Standards für den Arbeitsschutz und eine Vielzahl anderer Regulierungen zuständig. Ihre politischen Positionen und ihr Amt eröffnen viele Konfliktfelder mit den Kräften in der Republikanischen Partei, die zahlreichen Regulierungen sehr kritisch gegenüberstehen. Dazu zählen die beiden Milliardäre, die der zukünftige Präsident als Wirtschaftsminister und als Finanzminister ausgewählt hat: Howard Lutnick und Scott Bessent.
Hier wird ein wichtiges Problem deutlich, dass die Koalition aus verschiedenen Interessen, die Trump zur Wahl verholfen hat, mit sich bringt. Er hat gleichzeitig die Unterstützung vieler traditioneller Blue-Collar-Wähler und großer Teile der Unternehmerschaft gehabt. Diese verbinden mit seiner Präsidentschaft ganz unterschiedliche Erwartungen. Es bleibt abzuwarten, inwieweit er die Positionen erfolgreich moderieren kann. Wie bei vielen Präsidenten vor ihm wird der Erfolg letztlich von der wirtschaftlichen Entwicklung abhängen, die die Mehrheit der Wählerinnen und Wähler erfahren. Die nächsten US-Zwischenwahlen 2026 werden als erste große Bilanzierungsmöglichkeit zeigen, ob die Bevölkerung diese Entwicklung positiv verzeichnet hat.