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Afrika
Die Position: Afrika braucht mehr Schulen

Die deutsche Entwicklungspolitik muss die Reformen maroder Bildungssysteme in afrikanischen Staaten unterstützen
Schule Afrika
© picture alliance/dpa | Christophe Gateau

Afrika ist ein reicher Kontinent, reich an Bodenschätzen, spektakulärer Natur und talentierten jungen Menschen. Dennoch sind Millionen Afrikaner bitterarm. Zigtausende machen sich jedes Jahr auf den Weg über das Mittelmeer, weil sie die Hoffnung verloren haben auf ein besseres Leben in der Heimat. Noch viel mehr träumen von der Auswanderung nach Amerika oder Europa. Ein wesentlicher Grund für dieses Desaster ist das Versagen der Bildungssysteme in den meisten Staaten südlich der Sahara.

Schulen und Universitäten in Afrika sind vielfach in desolatem Zustand, maroder als noch vor zehn Jahren. Der Anteil der Bildungsausgaben an den staatlichen Haushalten in Subsahara-Afrika ist von 18 Prozent im Jahr 2005 auf 14 Prozent im Jahr 2021 gesunken.

Und selbst von diesen knappen Budgets geht viel durch Korruption verloren. »Ghost teacher« heißt ein in Afrika weitverbreitetes Phänomen – Lehrer die auf den Gehaltslisten stehen, die aber nie ein Schüler gesehen hat. Manche Kollegien bestehen zur Hälfte aus ghost teachers.

Viele Eltern können sich Schulgebühren nicht leisten

Hohe Gebühren, vor allem für weiterführende Schulen, sind in Afrika die Regel. Viele Eltern können sich diese nicht leisten. Fast jedes fünfte afrikanische Kind im Schulalter ist so unfreiwillig vom Unterricht ausgeschlossen. Kinder, die zur Schule gehen, sitzen oft in Klassen mit 60, 70, teilweise über 100 Schülern. Lehrer an den staatlichen Schulen werden schlecht bezahlt, und ihre Moral ist im Keller. Häufig streiken sie für bessere Bedingungen oder höhere Gehälter.

Dieses kaputte System steht gleichzeitig vor einer gigantischen Herausforderung: Kein anderer Kontinent hat eine so junge und schnell wachsende Bevölkerung wie Afrika. Bis zum Jahr 2050 wird sich die Zahl der Einwohner etwa verdoppeln – auf 2,5 Milliarden Menschen. Man hätte längst die Weichen stellen müssen, um diese jungen Menschen adäquat auszubilden. Doch afrikanische Regierungen bauen weder genug Schulen, noch bilden sie eine ausreichende Zahl Lehrer aus. Von modernen Lernkonzepten und digitalen Unterrichtsmaterialien, die nötig wären, damit afrikanische Jugendliche im globalen Wettbewerb bestehen können, ganz zu schweigen.

Und die Entwicklungshilfe? In der gerade veröffentlichten Afrika-Strategie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit steht auf 32 Seiten viel zu Nachhaltigkeit, Just Transition und feministischer Entwicklungspolitik. Zum Thema Bildung findet sich genau ein Satz auf Seite 18: »Den Bereich der Grundbildung wird das BMZ weiterhin stärken, insbesondere über die EU, multilaterale Entwicklungsprogramme wie Education Cannot Wait, Global Partnership on Education oder über Unicef und Partner*innen der Zivilgesellschaft.« Das war’s. Weiter so wie bisher, als könnte das die Antwort sein auf die Not einer ganzen Generation junger Afrikaner.

Bildung muss oberste Priorität bekommen

Dabei liegt auf der Hand, was nötig wäre. Bildung muss endlich oberste Priorität bekommen in den nationalen Haushalten. Das haben afrikanische Politiker schon oft versprochen, doch selten realisiert. Die Mittel müssen zudem richtig eingesetzt werden: für eine bessere Bezahlung von Lehrern und die Ausstattung der Schulen mit digitaler Technik, die den Zugang zu modernen Lernwelten öffnet.

Ruanda zum Beispiel hat diesen Weg beschritten. Das Land investierte in die Ausbildung von Lehrern und in Technologie. Seitdem steigen die Einschulungsraten, und die Bildungsergebnisse haben sich verbessert. Auch Kenia hat gerade eine Bildungsreform umgesetzt. Die Lehrpläne an den staatlichen Schulen wurden auf modernes, kompetenzbasiertes Lernen umgestellt. Trotz Schwierigkeiten bei der Einführung verfolgt die Regierung konsequent ihr Ziel: eine bessere Qualifizierung der jungen Generation.

Die deutsche Entwicklungspolitik täte gut daran, solche Reformen in ganz Afrika zu fördern. Sie sind auch in unserem Interesse.

Stefan Schott ist Leiter der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit in Ostafrika sowie des Global Partnership Hubs mit Sitz in Nairobi.

Dieser Artikel erschien erstmals am 10. Mai 2023 in der ZEIT ONLINE.

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