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Afrika-Strategie des BMZ
Hehre Worte

Afrika Strategie
© picture alliance / photothek | Ute Grabowsky

Seit mehr als 30 Jahren ist das Buch „Wettbewerbsstrategie“ des Harvard-Ökonomen Michael Porter eine Pflichtlektüre für alle Führungskräfte, die sich mit Strategieentwicklung befassen. Stark vereinfacht fordert Porter darin Manager auf, ihre Konkurrenten und den von ihnen gewählten Markt möglichst gut zu verstehen, um daraus ihre Strategie abzuleiten – also herauszufinden, wie ihr Unternehmen erfolgreich agieren kann.

Wenn man diesen Ansatz Porters nutzt, um die neue Afrika-Strategie des Bundesministeriums für Wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) zu analysieren, kommt man zu interessanten Erkenntnissen.

Tatsächlich haben es die Europäer seit einigen Jahren in Afrika mit neuen Konkurrenten zu tun. Auf Seite 5 des Strategiepapiers stellt das BMZ zurecht fest, dass die europäischen Länder längst nicht mehr alleinige Partner sind. Neben den Staaten der G7 engagieren sich allen voran China, aber auch die Türkei und die Golfstaaten in Afrika, indem sie Infrastruktur bauen, nach Zugang zu Rohstoffen und Märkten streben und politischen Einfluss nehmen. Russland liefert zunehmend Waffen und stellt Söldnertruppen.

China ist zum wichtigsten Handelspartner in Afrika aufgestiegen

China hat seinen Einfluss in Afrika seit mehr als zwanzig Jahren systematisch ausgebaut und ist zum heute wichtigsten Handelspartner Afrikas aufgestiegen, wie die folgende Grafik deutlich macht:

Grafik

Für afrikanische Regierungen bietet dieser Wettbewerb zusätzliche Optionen, heißt es im Strategiepapier des BMZ. Und die deutsche Entwicklungspolitik müsse darauf differenzierte und flexible Antworten finden. Wie diese aussehen sollen – Fehlanzeige!

Der Global-Partnership-Hub der Friedrich-Naumann-Stiftung hat genau zu diesem Thema – dem Wettbewerb zwischen Europa und China in Afrika – im vergangenen Jahr eine umfangreiche Studie durchgeführt. Unter dem Titel „Wettstreit der Systeme – Das Engagement von EU und China in der Wahrnehmung der Afrikaner“ (Link) hat die Stiftung genau das gemacht, was Porter von guten Managern fordert: Versucht zu verstehen, wie der angestrebte Markt – Afrika – tickt und wie die Afrikaner die beiden Konkurrenten – Europa und China – wahrnehmen. Befragt wurden mehr als 1000 Entscheidungsträger aus 25 afrikanischen Staaten.

Von 17 abgefragten Kriterien, die für die Wahl von Projektpartnern relevant sind, haben die Umfrageteilnehmer China in nur vier Fällen bessere Bewertungen gegeben als Europa. In der Wahrnehmung der Afrikaner

  • kommen chinesische Partner schneller zu Entscheidungen,
  • setzt China Projekte schneller um,
  • mischt sich China weniger in die inneren Angelegenheiten der Afrikaner ein und
  • ist China eher bereit zum Einsatz von Korruption.

Offensichtlich sind diese vier Kriterien für Afrikaner wichtiger als die 13 Aspekte, bei denen Europa besser bewertet wird: Qualität, Transparenz, Arbeits- und Umweltstandards etc… Anders ist der Erfolg Chinas in Afrika nicht zu erklären.

Neue Haltung gegenüber Afrika

Nach Porter sollte das Verständnis der Konkurrenten und des Marktes (Afrika) die Basis bilden für die strategischen Maßnahmen. Man sucht in dem Strategiepapier des BMZ jedoch vergeblich nach Vorschlägen, wie Deutschland und Europa künftig schneller über Projekte entscheiden und diese umsetzen können, um den zentral gesteuerten chinesischen Staatsunternehmen Paroli bieten zu können.

Insbesondere fällt auf, dass der dritte Punkt „Nichteinmischung in innere Angelegenheiten“ hauptsächlich in den blumigen ersten Kapiteln des Papers eine Rolle spielt. Dort wird eine neue Haltung gegenüber Afrika propagiert auf der Grundlage von „Respekt und Gegenseitigkeit sowie afrikanische Prioritäten und Initiativen“. Die folgenden Kapitel, in denen die sechs konkreten Schwerpunkte des Ministeriums vorgestellt werden, sind dann jedoch wieder geprägt von einer europäischen Perspektive. Bezeichnend ist der Satz, der die grundsätzliche Ausrichtung dieser Schwerpunkte beschreibt: „Die Afrika-Politik des BMZ wird sozialer, ökologischer und feministischer.“ Wie soll ein afrikanischer Rezipient diese Aussage nicht als Einmischung verstehen?

Die Prioritäten der meisten Afrikaner liegen jedenfalls weniger auf den in dem BMZ-Papier proklamierten Werten wie Nachhaltigkeit, Demokratie, Menschenrechten oder Geschlechtergerechtigkeit. „Eine Straße ist für uns auch ein Wert“, so eine Diskussionsteilnehmerin bei der Vorstellung der genannten Studie der Naumann-Stiftung in Nairobi. Diese Forderung nach konkreten materiellen Leistungen mag für uns befremdlich sein, aber sie ist angesichts der wirtschaftlichen und sozialen Not in vielen Teilen Afrikas verständlich. Vor allem ist dieser Wunsch eine Realität, die die deutsche Politik tunlichst zur Kenntnis nehmen sollte. Der Konkurrent China steht als alternativer Lieferant nur zu gerne bereit.

Lange Kolonialgeschichte ist nicht überwunden

Mindestens genauso wichtig ist die Sensibilität für den richtigen Ton. Die lange Kolonialgeschichte und der vielfache Einfluss der alten Kolonialherren nach der Unabhängigkeit der afrikanischen Staaten sind bei Weitem nicht überwunden. „Die Afrikaner verhalten sich gegenüber Europa wie pubertierende Jugendliche gegenüber ihren Eltern“, erklärt eine junge kenianische Psychologin das Phänomen. Jedes Wort wird auf die Goldwaage gelegt und jedes noch so kleine Indiz für unerwünschte Einmischung kritisch registriert. Vielleicht kommt diese Wahrnehmung nie zur Sprache, aus Höflichkeit oder um künftige Hilfszahlungen nicht zu gefährden. Das heißt aber nicht, dass es diese grundlegende Skepsis der Afrikaner gegenüber dem paternalistischen Europa nicht gibt. Und wieder lohnt sich ein Blick auf den Konkurrenten China. China hat es geschafft, sich in Afrika als „Peer“ zu positionieren – als Land, das aus ähnlich schwieriger Lage den wirtschaftlichen Erfolg geschafft hat und jetzt den ungeliebten Westen ärgert. Die Bewunderung für diese Leistung ist in Afrika allenthalben spürbar.

Was heißt das nun für die Afrika-Strategie des BMZ? Bestimmt nicht, dass Deutschland seine Werte in der Außenpolitik und Entwicklungszusammenarbeit aufgeben soll. Aber eine klarere Antwort auf den Wettbewerb durch das autokratische China und eine sensiblere Berücksichtigung der afrikanischen Interessen und Empfindlichkeiten wären bestimmt angebracht gewesen. Es ist niemandem geholfen, wenn Deutschland hehre Worte zu Papier bringt, aber die Chinesen das Geschäft machen. Das hätte auch Porter so gesehen.

The Clash of Systems

The Clash of Systems

Over the past fifteen years, China has successfully positioned itself as a major trading partner and investor in Africa, displacing Europe as the most important partner in large infrastructure projects and the exploitation of raw materials. This competition by China puts European trade, investment and development policies in Africa to a rocky test. In order to better understand the different strategies of Europe and China and how they are perceived in Africa and further develop recommendations for European and Africa policymakers, the Global Partnership Hub of the Friedrich Naumann Foundation commissioned a Kenyan private think tank, Inter Region Economic Network (IREN), to conduct an independent study and key informant survey involving African policymakers. The results of the online survey have now been presented in a study entitled "The Clash of Systems - African Perception of the European Union and China Engagement".

In den vergangenen fünfzehn Jahren hat sich China als bedeutender Partner und Investor in Afrika positioniert. Bei Infrastrukturprojekten und dem Handel mit Rohstoffen hat China Europa als wichtigsten Partner auf dem Kontinent verdrängt. Dieser neue Wettbewerb stellt die europäische Handels-, Investitions-, und Entwicklungspolitik in Afrika auf den Prüfstand. Um die unterschiedlichen Strategien Europas und Chinas und ihre Wahrnehmung in Afrika besser zu verstehen und Empfehlungen für die europäische Afrikapolitik zu entwickeln, hat der Global Partnership Hub der Friedrich-Naumann-Stiftung in Nairobi afrikanische Entscheidungsträger befragt. Die Ergebnisse der vom kenianischen Think Tank IREN (Inter Region Economic Network) durchgeführten Online-Befragung werden in der Studie „The Clash of Systems – African Perception of the European Union and China Engagement“ präsentiert.

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