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Gipfeltreffen
Historischer Gipfel in Camp David

US-Präsident Biden, der japanische Premier Kishida und der südkoreanische Präsident Yoon
© picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Pool for Yomiuri

Der Gipfelort ist bewusst gewählt: In Camp David werden am 18. August US-Präsident Joe Biden, der südkoreanische Präsident Yoon Suk-Yeol und der japanische Ministerpräsident Fumio Kishida zusammentreffen. Die Ferienresidenz des amerikanischen Präsidenten war Ursprungsort wichtiger diplomatischer Vereinbarungen, beispielsweise des Friedensvertrages zwischen Israel und Ägypten.

Auch rhetorisch weckt die US-Regierung große Hoffnungen: John Kirby, Sprecher des amerikanischen Sicherheitsrates, misst dem Treffen historische Bedeutung für die ganze Welt bei. Die Euphorie in den USA hat einen Grund. Das erste Mal überhaupt kommen die Spitzen der USA und der beiden asiatischen liberalen Demokratien zu einem exklusiven Dreier-Treffen zusammen. Frühere trilaterale Gespräche fanden immer nur am Rand größerer Gipfeltreffen statt.

Eine vertiefte Kooperation der USA, Japans und Südkoreas ist schon lange ein Ziel amerikanischer Außenpolitik und eine wichtige Säule von Bidens Indo-Pazifik-Strategie. Erschwert wurde die Zusammenarbeit jedoch immer durch Spannungen zwischen Japan und Südkorea. Dass sich das Misstrauen zwischen den asiatischen Demokratien nun legt, ist auch eine gute Nachricht für Europa - es dürfte die Abstimmung und Zusammenarbeit mit den beiden wichtigen Wertepartnern in Asien künftig erleichtern.

Angespanntes Verhältnis zwischen Japan und Südkorea

Die Annäherung ist vor allem das Verdienst des südkoreanischen Präsidenten Yoon, der sich direkt nach seinem Amtsantritt 2022 um eine bessere Beziehung zum Nachbarn Japan bemüht. Zu jeweils einem Gipfel in Japan und Südkorea trafen sich Yoon und Kishida bereits. In den zwölf Jahren zuvor fanden keine Besuche statt - obwohl die asiatischen Demokratien eigentlich Wertepartner sind und viele Interessen teilen.

Das schwierige Verhältnis der beiden Staaten hat vor allem historische Gründe. Japan hielt Südkorea zwischen 1910 und 1945 besetzt und beutete das Land aus. Hunderttausende Koreaner mussten Zwangsarbeit verrichten. Zehntausende junge Koreanerinnen wurden verschleppt und als Sex-Sklavinnen in Soldaten-Bordellen missbraucht.

Zuletzt eskalierte der Streit 2018, als ein südkoreanisches Gericht zwei japanische Unternehmen wegen Zwangsarbeit zu Kompensationszahlungen verurteilte. Japan strich Südkorea daraufhin von der sogenannten “weißen Liste” der vertrauenswürdigen Handelspartner und verhängte Exportverbote für drei wichtige Vorprodukte für Südkoreas bedeutende Halbleiterindustrie. Südkorea reagierte ebenfalls mit Handelserschwernissen und reduzierte den militärischen und geheimdienstlichen Austausch.

Yoon löste die festgefahrene Situation schließlich auf. Er akzeptierte, dass die Opfer von Zwangsarbeit mit Spendengeldern aus Korea kompensiert werden. Japanischen Unternehmen bleibt es überlassen, ob sie sich beteiligen. Der Deal ist in der koreanischen Bevölkerung umstritten. Viele Koreaner werten ihn als Kotau vor Japan. Entsprechend fragil ist die Vereinbarung. Doch zumindest vorerst scheint die Vergangenheit einer Annäherung nicht im Weg zu stehen.

Beide Staaten können stark profitieren, wenn sie zusammenfinden - insbesondere im Zusammenspiel mit den USA. So vereinbarten die drei Staaten bereits im Juni, ein gemeinsames System zur Überwachung nordkoreanischer Raketenstarts einzurichten. Zudem sehen sich beide Staaten durch das offensive Vorgehen Chinas zunehmend bedroht. In der benachbarten Demokratie sehen sie jeweils den natürlich Verbündeten gegen den aufstrebenden autoritären Staat.

Verstärkte Zusammenarbeit auch mit der NATO

Nicht nur mit den USA soll sich die Zusammenarbeit vertiefen. Auch die NATO will beide Staaten künftig stärker einbinden - auch hier dürfte das Zusammenrücken beider Staaten von Vorteil sein. Sowohl Japan als auch Südkorea sind neben Neuseeland und Australien Teil der sogenannten Asia-Pacific-Partners (AP4). Durch die Einbindung der Partner im Pazifik hofft die NATO, ein besseres “Situationsbewusstsein für Sicherheitsentwicklungen zu gewinnen”. Explizit nennt die Nato hier den “Aufstieg Chinas”.

Wirtschaftlich zeigt die Annäherung bereits erste positive Auswirkungen. So soll Japan verstärkt in den Aufbau eines Halbleiter-Clusters in der südkoreanischen Stadt Yongin miteinbezogen werden. Der Standort soll mit einem Investitionsvolumen von rund 200 Milliarden Euro bis zum Jahr 2042 einer der wichtigsten Halbleiter-Produktionsstätten der Welt werden. Im Gegenzug plant der koreanische Konzern Samsung eine Chipfabrik für Prototypen in Japan zu bauen - finanziert durch japanische Subventionen.

Die enge Verflechtung zwischen den beiden wichtigen Chip-Playern wird die Resilienz der globalen Halbleiter-Lieferketten erhöhen. Die wirtschaftliche Zusammenarbeit, insbesondere im Bereich der Hochtechnologie und im Halbleiter-Sektor, wird einer der Schwerpunkte der Gespräche in Camp David sein. Auch eine stärkere Kontrolle von Investitionen in China dürfte auf der Agenda stehen. Die Beschränkungen sollen verhindern, dass die Volksrepublik militärisch relevante Hochtechnologie erhält. Erst am Mittwoch hatte US-Präsident Biden ein entsprechendes Dekret hierzu erlassen. Die USA fordern ihre Partner zu ähnlichen Maßnahmen auf.

China steht dem Bündnis skeptisch gegenüber

In Peking sieht man die Annäherung der drei Demokratien dagegen mit Skepsis. Das Staatsmedium Global Times spricht bereits von einer “Mini-Nato”, die allein die Einkreisung Chinas zum Ziel habe. “Es ist unwahrscheinlich, dass eine solche trilaterale Zusammenarbeit andere Länder in der Region beruhigen wird”, heißt es in dem Kommentar. Wer sich dem Dreierbündnis nicht anschließe, würde später als “fremd” oder “bedrohlich” bezeichnet.

Das Störfeuer aus Peking wird die drei liberalen Demokratien allerdings kaum aufhalten, ihre Zusammenarbeit künftig zu intensivieren. Eher könnten innenpolitische Vorbehalte die Annäherung erschweren. Es ist unwahrscheinlich, dass in Japan in den kommenden Jahren eine umfassende Aufarbeitung der historischen Verbrechen einsetzt. Die Südkoreaner könnten daraufhin die Annäherung ablehnen und eine künftige Regierung wieder einen Kurswechsel vornehmen. Die aktuellen Regierungen scheinen aber fest entschlossen, den eingeschlagenen Weg weiterzugehen:  Laut Medienberichten beraten sie darüber, sich künftig jährlich zu treffen.

 

Frederic Spohr leitet das Büro der Friedrich-Naumann-Stiftung in Seoul. Twitter/X: @fspohr