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Türkei
Aus Turkey wird Türkiye – Offizielle Namensänderung durch die UN bestätigt

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan

© picture alliance / AA | Mustafa Kamaci

Wer dieses Jahr mit der Fluggesellschaft Turkish Airlines geflogen ist, dem mag beim Start ein aufwändig produzierter Werbefilm begegnet sein, der für das Reiseland Türkei wirbt und in dem Menschen aus aller Welt die Türkei mit den Worten „Hello Türkiye“ begrüßen. Die Kampagne, vom türkischen Informationsministerium in Auftrag gegeben, läuft seit Beginn des Jahres. Ende März folgte die Bekanntmachung, dass die Türkei bei der UN eine offizielle Namensänderung beantragt hat, der Anfang Juni stattgegeben wurde. Turkey heißt im offiziellen Sprachgebrauch ab sofort Türkiye, der volle Name des Landes Republic of Türkiye. Der Prozess ist einfach: Ein offizieller Repräsentant eines Landes muss lediglich einen Brief mit der Bitte um Namensänderung an den UN-Generalsekretär schicken. Nach der Bestätigung der Echtheit des Dokuments wird dem Antrag automatisch stattgegeben.

Die Änderung des Namens sei Teil einer Initiative, den Markenwert des Landes zu steigern, so Präsident Erdoğan. Türkische Produkte werden bereits seit Dezember letzten Jahres mit Made in Türkiye gekennzeichnet. Davon abgesehen gibt es noch einen weiteren Grund, nämlich der Verwechslung mit dem im Englischen gleichnamigen Truthahn zu entgehen. Bis heute ist umstritten, wie das Land und der Vogel zum gleichen Namen kamen. Eine Theorie besagt, dass der Vogel im 15. und 16. Jahrhundert von Geschäftsleuten aus Konstantinopel auf den europäischen Markt gebracht wurde und daher als turkey cock bekannt wurde. Der türkische Staatsender TRT hat es folgendermaßen formuliert: „Wenn Sie im Internet den Suchbegriff Turkey eingeben, erhalten sie eine verworrene Reihe von Bildern (und) Artikeln (...), die das Land mit einem in Nordamerika beheimateten großen Vogel in Verbindung bringen.“ Bereits vor 10 Jahren hat die AKP das Thema zum Politikum gemacht. Warum die Namensänderung erst dieses Jahr vollzogen wurde, bleibt unklar.

Die Beantragung einer offiziellen Namensänderung bei den Vereinten Nationen ist keine Seltenheit. Oft gehen ihr innenpolitische Diskussionen voraus. Die Niederlande haben ihre ursprüngliche Länderbezeichnung „Holland“ in The Netherlands geändert, um zu verdeutlichen, dass sich das Land nicht nur aus den beiden Provinzen Nord- und Südholland zusammensetzt. Genauso beantragte Swasiland im Süden Afrikas die Namensänderung zu Eswatino, um sich vom kolonialen Erbe zu befreien. Aus Czech Republic wurde Czechia, und 2019 änderte die Ehemalige Jugoslawische Republik Mazedonien ihren Namen zu Nord-Mazedonien.

Als Außenminister Davut Cavuşoğlu Ende März ein Bild des offiziellen Briefs mit dem Antrag auf Namensänderung twitterte, fielen die Kommentare der Twitter-Nutzerinnen und –Nutzer unterschiedlich aus. Aus den eigenen Reihen kam viel Unterstützung und Freude über den Schritt, es wurde aber auch kritisiert, dass die Namensänderung nur von den wirtschaftlichen Problemen des Landes ablenken solle. Im Ausland wurde die Nachricht mit einer Portion Ironie aufgenommen. Vor allem der Fakt, dass es im englischen Alphabet den Buchstaben ü überhaupt nicht gibt, sorgte für Verwirrung und ungläubiges Staunen. Auf der weltweit agierenden Plattform für Online-Aktivismus www.change.org wurde mit einem Augenzwinkern gar eine Petition gestartet, den Truthahn ebenfalls in Türkiye umzubenennen.

Was bedeutet der Namenswechsel für Präsident Erdoğan? „Es ist ein Versuch, der türkischen Öffentlichkeit im eigenen Land und den Türkinnen und Türken, die in Deutschland und anderen westeuropäischen Ländern leben, zu zeigen, dass Erdoğan die Macht hat, seinen Willen über die politischen Grenzen des Landes hinaus auszuüben sowie die Sprache zu formen und selbst die Debatte zu bestimmen,“ sagt Mustafa Aksakal, Professor für Geschichte an der Georgetown University in Washington. „Die Namensänderung hat großen symbolischen Wert im Land, zumindest in bestimmten Kreisen. Es mag albern erscheinen, aber [die Namensänderung] verleiht Erdoğan die Rolle eines Beschützers, der den internationalen Ruf und Respekt des Landes verteidigt.“

Erdoğan bleibt einmal mehr seiner Linie treu und will Stärke demonstrieren. Seine Partei und Anhängerschaft stehen hinter ihm, aber auch diese tun sich noch schwer, die Änderungen auf internationalem Parkett anzuwenden, wie verschiedene Auftritte türkischer Politiker in englischer Sprache illustrieren. Die gute Nachricht für den deutschen Sprachraum: die Namensänderung gilt nicht für das Deutsche.

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