Veranstaltung
75 Jahre liberale Politik: „Die Mitte ist der Ort, von dem gute Politik kommt“
Freiheit, Werte und die Zukunft - Zum 75. Gründungsjubiläum der Freien Demokraten diskutierte die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit zusammen mit Vertretern aus Politik und Wissenschaft über das breite liberale Spektrum des Liberalismus. Im Fokus stand der Liberalismus als Gesellschaftsmodell, das den Aufstieg des Individuums ermöglicht und als Grundlage der Arbeit der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit seit 1958 dient.
In seiner Begrüßung beschrieb Prof. Dr. Karl-Heinz Paqué, Vorstandsvorsitzender der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit, Liberalismus als kreative Kraft, als Anwalt der Freiheit und als notwendiges Korrektiv anderer Parteien. „Die FDP war und ist die Verfassungspartei in Deutschland. Das hat sie in ihrem Profil unverwechselbar und unentbehrlich gemacht“, erklärte Paqué. „Mal ging es um die Wirtschaftspolitik wie unter Otto Graf Lambsdorff, Jürgen Möllemann und Martin Bangemann, mal um die Justizpolitik wie unter Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und Edzard Schmidt-Jortzig, mal um die Agrarpolitik unter Josef Ertl, mal um die Außenpolitik als Friedens-, Versöhnungs- und Entspannungspolitik unter Walter Scheel, Hans-Dietrich Genscher und Guido Westerwelle. Heute – wir wissen es alle – geht es um Verlässlichkeit und Stabilität in der Finanzpolitik“, so Paqué
Prof. PhD Christopher Clark, Regius Professor of History an der University of Cambridge, zog in der Keynote einen historischen Bogen von den Anfängen der liberalen Idee der Freiheit bis heute. „Heutzutage wird oft behauptet die Demokratie sei in Gefahr. Ich finde, sie ist nicht in Gefahr. Was wirklich in Gefahr ist, ist der liberale Charakter der westlichen, freiheitlichen Demokratie. Denn der Liberalismus ist das Herz einer gelungenen, freiheitlichen Demokratie. Und je mehr ich darüber nachdenke, desto wichtiger erscheint er mir als Kleinod unserer gemeinsamen politischen Kultur“, so Clark. Die Anhäufung von Krisen, die ein so charakteristisches Merkmal unserer Gegenwart sei, würde einen beispiellosen Druck auf unsere Fähigkeit ausüben, zu vermitteln, Kompromisse zu schließen und kombinierte Lösungen zu finden. „Die Liberalen sind immer die Menschen der Mitte – und das wurde ihnen oft vorgeworfen. Aber die Mitte ist der Ort, von dem gute Politik kommt. Sie ist an beiden Enden offen und bereit für Impulse von rechts und links. Es ist an der Zeit, dass der Liberalismus die Mitte erweitert.“
Dem pflichtete Dr. Hermann Otto Solms, Ehrenvorsitzender der Freien Demokraten, bei und beschrieb die FDP als Anker in der Mitte des deutschen Parteiensystems. „Wahlen werden in der Mitte gewonnen, dies ist der Zwang, der von der FDP ausgeht. Es ist eine unverzichtbare Funktion, die die Partei hier ausfüllt.“
Prof. Dr. Ewald Grothe, Leiter des Archivs des Liberalismus der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit, sprach von der FDP als Gralshüter der Freiheit: „Das konsequente Eintreten für freiheitliche Werte, sowohl in der Verfassung als auch in der Wirtschaft und der Kultur – das verkörpert niemand so authentisch wie die FDP in der Geschichte der Bundesrepublik“.
Herausforderungen für liberale Politik
Franziska Brandmann, Bundesvorsitzende der Jungen Liberalen, betonte, dass die Freien Demokraten sich vor allem mit Themen befasse, die für die junge Generation wichtig seien wie Rentenpolitik, Inflation und Digitalisierung. Das Eintreten für die liberalen Grundprinzipien und Zukunftsthemen und Benennen faktischer Realitäten begeistere viele junge Menschen. Seit ihrem Antritt als Vorsitzende der Jungen Liberalen hatten sich die Mitglieder auf fast 16,000 mehr als verdoppelt.
Dass die FDP Zukunftsthemen in den Blick nimmt, erklärte Daniela Kluckert, Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Digitales und Verkehr. „Wichtig ist, dass wir die Probleme der Menschen lösen. Wenn die Menschen Extreme wählen, dann vielleicht, weil sie sich nicht von den Parteien der Mitte angesprochen fühlen.“ Dies dürfe man nicht ignorieren.
Michael Theurer, Mitglied im Bundespräsidium der FDP und Vorsitzender des FDP-Landesverbandes Baden-Württemberg, erklärte: „Wir leben in einer Zeit von Umbrüchen und in diesen nehmen wir Radikalisierung in beiden Extremen wahr. Wir als Freie Demokraten werden als Stimme der Vernunft in der Mitte gebraucht.“
„Die FDP hat immer ihre Wehrhaftigkeit bewiesen“
Christian Lindner, Bundesvorsitzender der Freien Demokraten und Bundesminister der Finanzen, betonte, dass die Freien Demokraten in den 75 Jahren immer an den wesentlichen Grundentscheidungen der Bundesrepublik mitgewirkt hätten. „Seit der Gründung der FDP haben die Freien Demokraten immer ihre Wehrhaftigkeit gezeigt, in den unterschiedlichen Phasen der Geschichte für ihre Werte einzutreten: für ihre Grundüberzeugungen für Freiheit, für Marktwirtschaft, für Westbindung, für das Festhalten an der Idee der deutschen Einheit und der europäischen Integration sowie für unsere bürgerlichen Freiheitsrechte“, so Lindner. Doch es gibt auch Herausforderungen. Im Deutschen Bundestag gäbe es eine Partei, die von Altparteien sprechen und dies als Herabwürdigung meinen. „Ich empfinde das anders. Ich empfinde Stolz, Vorsitzender einer liberalen Traditionspartei zu sein.“
In seinem Schlusswort erklärte Prof. Dr. med. Ludwig Theodor Heuss, Vorsitzender des Kuratoriums der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit: „Wir wissen, wofür wir stehen. Ganz einfach für die Freiheit. Denn Freiheit ermöglicht Vernunft und Vernunft hat viel zu tun in der heutigen Welt.“