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BAföG-Reform
BAföG vor neuer Reform: Fortschritte, Herausforderungen und Aussichten

Studierende nehmen an der Einführungsveranstaltung im Audimax der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) teil.

Studierende nehmen an der Einführungsveranstaltung im Audimax der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) teil.

© picture alliance/dpa | Peter Kneffel

Das BAföG steht mit dem Gesetzentwurf des BMBF und dem Kabinettsbeschluss vom 6. März 2024 vor einer neuerlichen Reform. Seit seiner Einführung im Jahr 1971 hat es bereits 28 BAföG-Reformen gegeben. Dies zeigt, wie komplex und wichtig das BAföG ist und welcher Reformdruck immer wieder wandelnde Rahmenbedingungen für das BAföG erzeugen. Die von der Regierung geplanten ersten Schritte gehen in der aktuellen Situation in die richtige Richtung.

Die Zahlen von Studenten sowie Schülerinnen und Schülern und Auszubildenden, die das BAföG für ihre Ausbildung nutzen, unterlagen in den vergangenen Jahrzehnten deutlichen Schwankungen. In den letzten rund dreißig Jahren ist der prozentuale Anteil von Studierenden mit bewilligten Leistungen nach dem BAföG kontinuierlich bis auf 15 % im Jahr 2021 gesunken – von denen jedoch eine große Zahl den Höchstfördersatz erhielten. 1991 lag der prozentuale Anteil von Studierenden mit bewilligtem BAföG noch bei 33 %.

Sinkende BAföG-Zahlen: Bürokratische Hürden bremsen Bildungsgerechtigkeit

Die Grundintention hinter dem BAföG, welches die wenig effektiven Förderrichtlinien aus den 1950ern abgelöst hatte, war aber gerade eine breitere Fördermöglichkeit zur Mobilisierung der Bildungsreserven und als wirkmächtiges Instrument zur Schaffung von Chancengerechtigkeit im Bildungsbereich. Woran liegt es, dass die reine Zahl der Geförderten gesunken ist?

Zunächst liegt es an den „harten“ Kriterien, ob jemand überhaupt einen Anspruch auf BAföG geltend machen kann (Alter, Einkünfte und Vermögensreserven, konsekutiver Studiengang usw.). Darüber hinaus sind es zunehmend die langen Bearbeitungszeiten der Anträge und ein Wust einzubringender Unterlagen, die viele vom BAföG-Antrag abhalten. Wartezeiten von bis zu einem halben Jahr sind keine Seltenheit, und die Aktenberge stapeln sich in den BAföG-Ämtern in ungeahnte Höhen. Es besteht also durchaus die Gefahr, dass die Förderung aufgrund der ungünstigen Rahmenbedingungen gar nicht erst in Anspruch genommen wird.

Der Bund hatte mit der Reform 2022 dieses Problem deutlich adressiert und die flächendeckende Einführung einer e-Akte gefordert. Schnellere Bearbeitungszeiten, direkter Zugriff, einfachere Sortierung sowie eine vereinfachte, digitale Antragsstellung sollten das Problem beheben. Bereits im September 2021 wurde von Bundesseite die Möglichkeit geschaffen, Anträge digital zu stellen. Anfang des Jahres 2024 wurde auch eine BAföG-App veröffentlicht, die neben der Informationsbeschaffung vor allem den Prozess vereinfachen und beschleunigen soll. Die Bundesländer, die für die Ausstattung der BAföG-Ämter vor Ort zuständig sind, haben den Schritt hin zur Digitalisierung allerdings noch nicht vollzogen – einzig Sachsen-Anhalt steht unmittelbar vor der Einführung einer e-Akte.

BAföG-Novellierung: Flexibilität, Mobilität und Chancengerechtigkeit im Fokus

Richtig sind zudem die Mahnungen von Forschern an die Bundesländer, unter dem Handlungsdruck nun keine Insellösung zu schaffen. Eine bundesweit einheitliche e-Akte muss das Ziel sein, insbesondere auch, um die Mobilität der Studierenden nicht zu gefährden.

Mit der aktuellen Novellierung wird ein guter Schritt in Richtung Flexibilisierung gegangen. Wenn etwa die Regelstudienzeit um ein Semester überschritten wird, fallen die Geförderten durch die Einführung des „Flexibilitätssemesters“ zukünftig nicht gleich aus der BAföG-Leistung. Dies schafft größere finanzielle Sicherheit, zudem wird der Fachrichtungswechsel nicht mehr zu einer unüberwindbaren Hürde. Die individuelle Freiheit, während des Studiums einmal die ursprüngliche Fächerwahl zu revidieren, wird somit gestärkt. Auch dass das Erfordernis eines Rechtssetzungsaktes entfällt, ist wichtiger ein Schritt in Richtung Verschlankung des Antragsverfahrens.

Die neuerliche Anhebung der Elternfreibeträge sorgt zudem dafür, dass der Kreis von potenziell zu Fördernden größer wird – ganz im Sinne der Grundintention des BAföG. Perspektivisch bleibt aus liberaler Sicht die Weiterentwicklung des Systems hin zu einem elternunabhängigen BAföG weiter wünschenswert, um die Startchancen für Studenten und Studentinnen noch weiter zu verbessern.