Infrastruktur
Planungsbeschleunigung wird endlich Realität
Seit der vergangenen Woche existiert in Deutschland die berechtigte Hoffnung, dass Verkehrsinfrastrukturprojekte endlich zügiger umgesetzt werden können. Der Grund: Der Deutsche Bundestag hat dem von Bundesverkehrsminister Dr. Volker Wissing (FDP) vorgelegten Genehmigungsbeschleunigungsgesetz zugestimmt. Mit dem Gesetz sollen insbesondere Schienen- und Autobahnprojekte sowie die Sanierung maroder Brücken vorangebracht werden. Im Einzelnen enthält das Gesetz folgende Punkte:
- Es erfolgt eine Festlegung des überragenden öffentlichen Interesses für ausgewählte Projekte im Bereich Schiene und Straße (138 Autobahnprojekte des vordringlichen Bedarfs mit Engpassbeseitigung oder Fest Disponiert mit Engpassbeseitigung), die beschleunigt geplant und gebaut werden.
- Bei Brücken, die im Zuge der Sanierung an die zukünftige Verkehrsentwicklung angepasst werden, entfallen die Genehmigungspflicht und die Umweltverträglichkeitsprüfung.
- Planfeststellungsverfahren für den Bau von Straßen, Schienen und Wasserstraßen werden weiter digitalisiert.
- Für Verkehrsprojekte in allen Bereichen (Straße, Schiene, Wasserstraße, Häfen, Luftverkehr), die zum Kernnetz der Transeuropäischen Netze (TEN) gehören, wird erstmals eine einheitliche Genehmigungsfrist von vier Jahren eingeführt.
- Der Bau von Radwegen an Bundesstraßen wird beschleunigt und vereinfacht.
- Um Tempo beim Ausbau von Erneuerbaren Energien zu ermöglichen, werden insbesondere Möglichkeiten für Solaranlagen an Autobahnen optimiert und der Bau von Windenergieanlagen erleichtert.
Welches Ausmaß hat die Verkehrsinfrastruktur in Deutschland?
Die Verkehrsinfrastruktur umfasst das gesamte Verkehrswesen – also Straßen, Schienen, Brücken, Bahnhöfe, etc. Das Ausmaß der Verkehrsinfrastruktur in Deutschland ist beeindruckend: Das Straßennetz hat eine Gesamtlänge von rund 229.700 Kilometern. Die Gesamtlänge des Schienennetzes beläuft sich aktuell auf etwa 38.400 Kilometer, die Gesamtlänge der Bundeswasserstraßen auf 7.300 Kilometer. Zusätzlich existieren in Deutschland 37 Verkehrsflughäfen sowie 5.691 Personenbahnhöfe. Das geschätzte Bruttoanlagevermögen der gesamten Verkehrsinfrastruktur in Deutschland betrug zuletzt mehr als 1,2 Billionen Euro.
Welche Bedeutung hat die deutsche Verkehrsinfrastruktur für die individuelle Mobilität?
Mobilität ist Freiheit – und die gibt es nur mit einer gut ausgebauten Verkehrsinfrastruktur. Nur wenn wir mobil sind, können wir am Sozialleben teilhaben, unsere Grundversorgung sichern oder zum Arbeitsplatz gelangen. Unser Bedürfnis nach Mobilität ist in den letzten Jahren stetig gewachsen. Im Zeitraum zwischen 1991 und 2019 hat sich das Personenverkehrsaufkommen um etwa 34 Prozent erhöht. Der Straßeninfrastruktur kommt hierbei eine besondere Bedeutung zu, da sie rund 85 Prozent des motorisierten Verkehrsaufkommens aufnimmt.
Welche Bedeutung hat die Verkehrsinfrastruktur für den Wirtschaftsstandort Deutschland?
Als führende Wirtschafts- und Handelsnation im Herzen Europas ist Deutschland im besonderen Maße auf eine hochwertige Verkehrsinfrastruktur angewiesen. Im Jahr 2022 betrug der Wert der Exporte aus Deutschland über 1,58 Billionen Euro, der Wert der Importe rund 1,49 Billionen Euro. Seit dem Jahr 2000 haben sich sowohl die Exporte als auch die Importe mehr als verdoppelt. Deutschlands Wirtschaftswachstum und das stetig steigende Handelsvolumen haben in den vergangenen Jahren zwangsläufig zu einem steigenden Güterverkehrsaufwand geführt. Im Zeitraum zwischen 1991 und 2019 nahm die Belastung durch den Güterverkehr um über 75 Prozent zu, im Bereich des Straßengüterverkehrs hat sich der Verkehrsaufwand sogar mehr als verdoppelt.
Warum ist das Gesetz so wichtig – gerade jetzt?
Die Quantität der deutschen Verkehrsinfrastruktur ist enorm. Umso schlimmer wirkt es daher, wenn man einen genaueren Blick auf die Qualität wirft. Im internationalen Vergleich der Straßenqualität liegt Deutschland lediglich auf Platz 22 und damit deutlich hinter Nachbarländern wie Niederlande, Österreich, Dänemark oder Frankreich zurück. 80 Prozent der deutschen Unternehmen sehen ihre Geschäftsabläufe durch die marode Infrastruktur in Deutschland gefährdet. Der Zustand der Straßeninfrastruktur wird dabei besonders kritisch gesehen. Insbesondere Stau ist ein wichtiger Indikator für die Überlastung der Verkehrsinfrastruktur. Im Jahr 2022 gab es rund 474.000 Staus auf deutschen Fernstraßen, die zusammengerechnete Staulänge betrug etwa 733.000 Kilometer. Nicht nur auf der Autobahn, sondern auch in den deutschen Städten stehen die Menschen im Stau. Im Jahr 2022 traf es München besonders hart. In der bayerischen Landeshauptstadt stand ein Autofahrer über das gesamte Jahr durchschnittlich 74 Stunden – und damit mehr als drei volle Tage – im Stau.
Mit dem Gesetz zur Genehmigungsbeschleunigung werden sich diese Probleme natürlich nicht in Luft auflösen. Doch nach Jahren des Stillstands wurden nun die Voraussetzungen für echte Verbesserungen im Infrastrukturbereich geschaffen. Es handelt sich dabei um einen Wachstumsimpuls, der zu keinem besseren Zeitpunkt hätte kommen können.
Verkehrsinfrastruktur: Was Deutschland von anderen Ländern lernen kann
Der Zustand der Verkehrsinfrastruktur in Deutschland ist bedenklich. Andere europäische Länder sind längst an Deutschland vorbeigezogen. Unser Policy Paper zeigt, was Deutschland von unseren Nachbarn lernen kann. Der Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung hat zahlreiche internationale Lösungen aufgegriffen und macht die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren zur Priorität.