Pressemitteilung
Arbeitskräfte aus dem Süden – ohne Migration
- Friedrich-Naumann-Stiftung stellt Modell zur Globalisierung der Arbeitswelt vor
- Outsourcing von Arbeit über digitale Netze kann den Fachkräftemangel im Globalen Norden mindern und attraktive Jobs im Globalen Süden schaffen
- Umfrage unter deutschen und britischen HR-Experten zeigt: 58 bzw. 70 Prozent halten Outsourcing ins nicht-europäische Ausland für möglich
- Konferenz in Nairobi als Auftakt für weitere Diskussionen
Das Outsourcing von Arbeit in den Globalen Süden über digitale Netze kann einen wichtigen Beitrag gegen den Fachkräftemangel in Deutschland und anderen europäischen Ländern leisten. Dabei werden die Nachteile vermieden, die üblicherweise mit Migration verbunden sind. Das ist die zentrale Aussage einer neuen Studie des Global Partnership Hubs der Friedrich-Naumann-Stiftung, die heute auf einer internationalen Konferenz in Nairobi vorgestellt wurde. Auch für die Herkunftsländer im Süden bietet das Konzept wesentliche Vorteile, weil es attraktive Jobs für die wachsende junge Bevölkerung schafft.
„Grenzüberschreitendes digitales Business Process Outsourcing ist ein echtes Win-win-Modell. Die Arbeitskräfte können in ihrer Heimat bleiben, sie zahlen dort Steuern und ihr Einkommen hilft der heimischen Wirtschaft“, sagt Prof. Paqué, Vorstandsvorsitzender der Friedrich-Naumann-Stiftung. „Gleichzeitig hilft es den deutschen und europäischen Unternehmen, die zunehmend unter dem Mangel an Fachkräften leiden, ohne dass Hunderttausende Menschen in unsere Gesellschaft integriert werden müssen“.
Um diese konzeptionelle Idee zu validieren, hat der Global Partnership Hub der Friedrich-Naumann-Stiftung das Meinungsforschungsinstitut IPSOS mit einer Umfrage unter HR-Experten in Deutschland und Großbritannien beauftragt. Die zentralen Ergebnisse dieser Umfrage sind:
- Die Personalfachleute aus Deutschland und UK bestätigen den Fachkräftemangel in ihren Unternehmen und rechnen mit einer weiteren Verschärfung in den kommenden Jahren.
- 58% der deutschen und 70% der britischen Umfrageteilnehmer halten ein Outsourcing von bestimmten Arbeitsprozessen ins außereuropäische Ausland für möglich, 9% bzw. 11% sogar ein Outsourcing von allen Arbeiten.
- Den größten Bedarf sehen die HR-Experten bei Software-Entwicklern, Experten für IT-Sicherheit und Data-Analysten. Aber auch technische Beratungskompetenz, Customer Relation Management sowie Communication und Marketing sind dringend gesuchte Qualifikationen.
- Die Unternehmen, die schon Erfahrungen mit grenzüberschreitendem Outsourcing gemacht haben, berichten überwiegend von positiven Erfahrungen.
- Unternehmen, die keine Erfahrungen mit Outsourcing haben, nennen Sprachprobleme und Bedenken bezüglich der Qualifikation von Mitarbeitern als wichtigste Gründe dafür. Auch Sorgen vor arbeitsrechtlichen Problemen und um Datensicherheit spielen eine wesentliche Rolle.
- Als wichtige Voraussetzung für künftiges Outsourcing ins Ausland sehen die HR-Experten Unterstützung von spezialisierten Dienstleistern, privaten und staatlichen Agenturen sowie Beratung durch arbeitsrechtlich versierte Anwälte.
Die Antworten der HR-Experten spiegeln die zunehmende Not in den Unternehmen wider, da die geburtenstarken Jahrgänge der Babyboomer nach und nach in den Ruhestand gehen. Die jungen Menschen, die neu in den Arbeitsmarkt eintreten, können die entstehenden Lücken zahlenmäßig nicht schließen.
„Diese demografische Entwicklung gefährdet die Existenz von Unternehmen und den Wohlstand in Deutschland und Europa. Andererseits wird sich die Bevölkerung in Afrika bis 2050 verdoppeln und die junge Generation dort braucht qualifizierte Jobs. Die Nachfrage und das Angebot von Arbeit zusammenzubringen, ohne dass die Menschen ihre Heimat verlassen müssen, ist eine große Chance“, sagt Prof. Paqué.
Die Voraussetzungen für das digitale Business Process Outsourcing (BPO) sind so gut wie nie zuvor. Stabile Breitbandanschlüsse sind in vielen Teilen des globalen Südens kostengünstig verfügbar. Die junge Generation dort ist zunehmend gut ausgebildet und verfügt über die notwendige digitale Kompetenz. Auch in den Unternehmen des Nordens ist die Offenheit für virtuelle Zusammenarbeit seit der Corona-Epidemie sprunghaft gewachsen.
Um das Potenzial der grenzüberschreitenden digitalen Zusammenarbeit zu heben, müssen die notwendigen Voraussetzungen geschaffen werden. Es braucht weitere Investitionen in die digitalen Netze sowie Anpassungen im Arbeitsrecht und in den Bildungssystemen in den Ländern des Südens. Abkommen mit den Ländern des Nordens können dazu beitragen, faire, sichere Arbeitsbedingungen zu garantieren und negative Folgen für die Volkswirtschaften im Süden – etwa durch Braindrain oder die Abwerbung von Fachkräften zu verhindern.
Dies sind unter anderem die Themen der Konferenz in Nairobi, auf der die Friedrich-Naumann-Stiftung das Policy Paper öffentlich vorstellt und diskutiert. Nach der Auftaktkonferenz wird die Stiftung weiter an dem Thema arbeiten.