Rassismus
Neue Umfrage: Deutsche halten Proteste in den USA für berechtigt
Die Proteste des vergangenen Wochenendes in vielen deutschen Städten haben es gezeigt, und eine aktuelle repräsentative Befragung von Kantar im Auftrag der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit liefert die Zahlen dazu: Die Deutschen sind mehrheitlich besorgt über die aktuelle Entwicklung der Lage in den USA nach dem Tod von George Floyd – sie sparen nicht mit Kritik an den Geschehnissen in Minneapolis und unterstützen Proteste gegen Polizeigewalt und Rassismus. Harte Kritik gibt es an US-Präsident Trump. Auch in Deutschland empfinden die Menschen Rassismus als ein großes Problem. Gewaltsame Ausschreitungen wie in den USA halten viele Deutsche auch hierzulande für möglich. Ambivalent wird die Rolle der Medien eingeschätzt.
92 Prozent der Befragten, gleichmäßig verteilt in allen Alters- und Bevölkerungsgruppen, halten die Proteste gegen Rassismus und Polizeigewalt in den USA für berechtigt – unter der Voraussetzung, dass sie friedlich verlaufen. Überraschenderweise (und dazu im Gegensatz) halten aber 32 Prozent der Befragten auch die gewaltsamen Ausschreitungen in den USA für berechtigt. Auch wenn die Ausschreitungen von der großen Mehrheit der Befragten nicht goutiert werden, sind die Sorgen der Bundesbürger vor der weiteren Entwicklung groß: 57 Prozent der Befragten fürchten, dass die USA in einem bürgerkriegsähnlichen Zustand versinken. Für 70 Prozent der Befragten liegt der Grund für die Proteste in einer weiten Verbreitung von rassistischem Gedankengut bei Polizei und anderen Behörden der USA. Die Gründe für die gegenwärtigen gewaltsamen Ausschreitungen in den USA werden durchaus gesehen – 86 Prozent sehen in sozialen Spannungen die Ursache.
Die Rolle des US-Präsidenten wird dabei außerordentlich kritisch gesehen: Für 80 Prozent der Befragten befeuert Donald Trump die soziale Spaltung in den USA (also den Hauptgrund für die Ausschreitungen), nur für 5 Prozent handelt er entschlossen und nachvollziehbar. 51 Prozent der Deutschen machen sich Sorgen, dass die USA als wichtiger Partner Deutschlands und Europas ausfallen. Das Problem Rassismus wird in der aktuellen Diskussion aber nicht auf die USA begrenzt: Dass Deutschland große Probleme mit Fremdenfeindlichkeit und Rassismus habe, sagen 51 Prozent der Befragten; 50 Prozent halten gewaltsame Ausschreitungen auch in Deutschland für möglich. 59 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass der Rassismus weltweit zunimmt und nur 34 Prozent, dass die Verbreitung auf einzelne Länder begrenzt ist. Ein ähnliches Bild gibt sich bei den Befragten bei der Gefährdung über die offene Gesellschaft: 69 Prozent sind der Überzeugung, dass die Rückbesinnung auf nationalistische Werte schlecht für die weitere Entwicklung der Welt ist.
Allerdings gibt es zwei wesentliche Unterschiede zur Beurteilung der USA: Für 66 Prozent verhindert der Sozialstaat in Deutschland soziale Spannungen, wie sie in den USA vorherrschen; und nur 20 Prozent sehen bei der Polizei und anderen Behörden Deutschlands rassistisches Gedankengut weit verbreitet.
Bei der Analyse, wie die Menschen zu ihrer Meinung kommen, ist auch die Bewertung der Rolle der Medien in Deutschland interessant. Eine Mehrheit fühlt sich gut informiert: 61 Prozent der Befragten finden, dass die Medien objektiv und neutral über Konflikte in unserer Gesellschaft berichten. Auffällig ist hier, dass die Quote im Westen (63 Prozent) wesentlich höher liegt als im Osten (51 Prozent). 44 Prozent der Befragten kritisieren, dass die Medien durch ihre Berichterstattung die Spannungen in der Gesellschaft verschärften – diese Auffassung ist im Osten des Landes (58 Prozent) deutlich häufiger vertreten als im Westen (41 Prozent). Die in populistischen Parteien oft vertretene Meinung, die Medien seien zu regierungstreu und kritischer Journalismus finde nur in den sozialen Medien statt, teilen nur 31 Prozent der Befragten. Interessant unter dem Stichwort „Rassismus“ sind zwei weitere Fragen: Dass in den Medien „zu wenig über Kriminalität von Ausländern“ und „zu viel über die Diskriminierung von Ausländern“ berichtet werde, sagt jeweils knapp nur ein Viertel der jeweils 1.000 Befragten.