Bürgerrecht
Russische Aktivistin Anastasia Shevchenko erhält Boris-Nemtsov-Preis 2019
Mit Unterstützung der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit hat die Boris-Nemtsov-Stiftung für die Freiheit am 12. Juni in Bonn den diesjährigen Boris-Nemtsov-Preis an die russische Aktivistin Anastasia Shevchenko verliehen. Die Stiftungen ehrten Shevchenko für ihren Einsatz für ein freies, demokratisches und die Menschenrechte achtendes Russland. Anastasia Shevchenko ist Mitarbeiterin der Organisation "Open Russia" und steht seit Januar 2019 unter Hausarrest.
Sie ist die erste Person, gegen die unter dem 2015 verabschiedeten "Gesetz gegen unerwünschte Organisationen" ein Strafverfahren eingeleitet wurde. Bei einer Verurteilung drohen ihr bis zu sechs Jahre Haft. Amnesty International bezeichnet das Verfahren gegen Shevchenko als "neues Niveau der Repression" in Russland und stuft sie als politische Gefangene ein.
In ihrem Grußwort hob Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundesjustizministerin a.D. und stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit, den mutigen Einsatz Anastasia Shevchenkos, insbesondere vor dem Hintergrund ihrer hohen persönlichen Kosten, hervor. Im Januar dieses Jahres war die 17-jährige Tochter der Preisträgerin im Krankenhaus verstorben; Anastasia Shevchenko wurde erst am Todestag Zugang zu ihrer Tochter gewährt.
Leutheusser-Schnarrenberger schloss mit einem Appell, die Missstände in Russland weiterhin entschlossen öffentlich zu benennen, denn nur so könnten sie auf Dauer beseitigt werden. "Der schlimmste Feind derer, denen Unrecht widerfährt, ist das Schweigen. Nehmen wir uns ein Beispiel an Boris Nemtsov und den heutigen Nominierten, die alle im Angesicht von Unrecht und Missständen nicht geschwiegen haben", so Leutheusser-Schnarrenberger.
In seiner Laudatio würdigte Bijan Djir-Sarai MdB, außenpolitischer Sprecher der Fraktion der Freien Demokraten im Bundestag, die Preisträgerin als "beispielhaft für eine Vielzahl an Menschen in Russland, die für ihre Rechte, aber auch für die Rechte anderer mit friedlichen Mitteln eintreten". Er hoffe, dass die Preisverleihung nicht nur eine Würdigung ihres Einsatzes für Freiheit und Demokratie sei, sondern auch dabei helfe, dem konkreten Unrecht, das Anastasia Shevchenko widerfahre, eine Öffentlichkeit zu geben, so Djir-Sarai weiter.
Den Preis überreichte Zhanna Nemtsova, die Tochter Boris Nemtsovs und Gründerin der Boris-Nemtsov-Stiftung für die Freiheit. Vladislava Shevchenko, die jüngste Tochter von Anastasia Shevchenko, nahm den Preis stellvertretend für ihre unter Hausarrest stehende Mutter entgegen. Sie betonte, dass Anastasia Shevchenko auch in Zukunft weiterkämpfen werde, "damit ihre Stimme noch lauter wird und noch mehr Menschen sie hören können".
Hintergrund: Mit dem Boris-Nemtsov-Preis werden seit 2016 mutige Individuen in ihrem Einsatz für ein freies, demokratisches Russland von der Boris Nemtsov Stiftung für die Freiheit mit Unterstützung der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit ausgezeichnet. Der Preis ist benannt nach dem ehemaligen russischen Oppositionellen Boris Nemtsov, der 2015 in Sichtweite des Kremls ermordet wurde. Der Mord ist bis heute nicht aufgeklärt. Zu den bisherigen Preisträgern gehören die Aktivistin Nadezha Mityushkina, der Bürgerrechtler Ildar Dadin und der Politiker Lew Schlossberg. Die diesjährigen Finalisten waren der Internetaktivist und Blogger Mikhail Svetov, Menschenrechtsaktivist Oyub Titiev, der Historiker und Menschenrechtsaktivist Jurij Dmitriev und der Oppositionspolitiker Alexej Navalny.