Russland und Nordkorea
So eng kooperieren Russland und Nordkorea
Westliche Geheimdienste berichten von nordkoreanischen Truppen in der Ukraine. Eine neue Studie der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit analysiert die immer engeren militärischen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen beiden Staaten – und schlägt eine Gegenstrategie vor.
Eine neue Studie der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit Korea bemisst den Wert des Waffenhandels zwischen Russland und Nordkorea und analysiert die Wahrscheinlichkeit und Auswirkungen nordkoreanischer Truppen in der Ukraine.
Für die Studie analysierte Olena Guseinova von der Hankuk University of Foreign Studies in Seoul Geheimdienstberichte, enthüllte Dokumente und Munitionspreise aus früheren nordkoreanischen Waffengeschäften. Ihrer Analyse zufolge bemisst sich der Wert der bisherigen Waffenlieferungen auf bis zu 5,5 Milliarden US-Dollar. Selbst ihre konservativste Schätzung taxiert den Wert der Lieferungen auf mehr als 1,7 Milliarden US-Dollar. In jedem Fall kann Nordkorea seine Einnahmen durch die Kooperation mit Russland signifikant erhöhen. Südkorea schätzt die gesamte Wirtschaftsleistung des Nordens auf gerade einmal 23,7 Milliarden US-Dollar.
Nordkoreas Einnahmen könnten um weitere Hunderte Millionen US-Dollar zunehmen, sollten sich die aktuellen Berichte über nordkoreanische Truppen in der Ukraine bewahrheiten – das Land lässt sich die Entsendung von Soldaten bezahlen. Angesichts früherer nordkoreanischer Truppenentsendungen nach Syrien oder Angola sowie der Auswertung der bisherigen Indizien, hält Guseinova den Einsatz nordkoreanischer Soldaten im Krieg gegen die Ukraine für plausibel. Allerdings: Um die Stabilität des nordkoreanischen Regimes nicht zu gefährden und angesichts der Fluchtgefahr nordkoreanischer Soldaten sowie begrenzter Ressourcen, scheint eine Entsendung von mehr als 20.000 Soldaten unwahrscheinlich. Zudem bleibt abzuwarten, wie stark die Truppen in Kampfeinsätzen involviert würden.
Nordkoreanische Soldaten im Ukraine-Krieg?
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Immer engere Beziehungen
Die Studie belegt mit Zahlen seit Beginn des Ukraine-Krieges, wie sich Russland und Nordkorea immer weiter annähern. So hat der offizielle Handel zwischen den beiden Nationen stark zugenommen. In der ersten Jahreshälfte 2024 stieg das Handelsvolumen auf 52,9 Millionen US-Dollar. Es betrug im ganzen Jahr 2023 etwa 34,4 Millionen US-Dollar. Dieses Wachstum deutet darauf hin, dass das jährliche Handelsvolumen zwischen den beiden Ländern wieder auf das Niveau vor der verschärften Sanktionsrunde von 2017 zurückkehren könnte.
Die Vertiefung der Beziehungen zeigt sich auch in einem spürbaren Anstieg der diplomatischen Besuche zwischen den beiden Staaten. Guseinovas Analyse russischer und nordkoreanischer Medien belegt, dass seit Juli 2023 durchschnittlich zwei hochrangige Treffen pro Monat zwischen den beiden Ländern stattfanden. In diesem Jahr gab es bereits mehr als 24 solcher Treffen. In den vergangenen drei Jahrzehnten waren höchstens fünf Treffen die Norm.
Das Kalkül des Kremls
„Russland wendet sich vor allem wegen seines massiven Munitionsbedarfs an Nordkorea“, sagt Guseinova. Es gibt jedoch einen weiteren Grund: „Russland nutzt seine Beziehung zu Nordkorea – und den potenziellen Transfer von Militärtechnologie – als Mittel, um die Einheit der westlichen Allianzen, insbesondere in Ostasien, zu schwächen. Dadurch will Russland Länder wie Südkorea und Japan unter Druck setzen, ihre Unterstützung für die Ukraine zu überdenken.“ Mit der mutmaßlichen Unterstützung nordkoreanischer Soldaten könne Russland zudem signalisieren, dass es einen engen Verbündeten habe – und damit die Fähigkeit, den Angriffskrieg lange durchzuhalten.
Russlands Strategie hat jedoch ihre Grenzen. So kann Putin von Nordkorea nur veraltete und unzuverlässige Militärtechnik erhalten. Zudem bleibt Nordkorea angesichts seiner Tradition wechselnder Allianzen ein unberechenbarer Partner. Es besteht auch das Risiko, dass Russland durch die Stärkung eines zunehmend aggressiven Nordkoreas seine Beziehungen zu China belasten könnte. Die wachsenden Verbindungen Moskaus zu einem Paria-Staat wie Nordkorea, insbesondere durch den Transfer sensibler Technologien, könnten Russlands Reputation auf internationaler Bühne weiter schaden.
Trotz dieser Herausforderungen sollten die EU und ihre Partner Schritte unternehmen, um die Risiken und negativen Folgen dieser wachsenden Zusammenarbeit zu mindern. Die FNF-Analyse empfiehlt, gleichgesinnte Nationen im Indo-Pazifik, insbesondere Südkorea und Japan, durch verstärkte Sicherheits- und Wirtschaftspartnerschaften zu unterstützen, um sie vor Russlands erpresserischen Taktiken zu schützen.
Darüber hinaus sollte die EU ihre Sanktionsstrategie verfeinern, um Finanzströme nach Russland, insbesondere solche, die militärische Aktivitäten und Waffengeschäfte mit Nordkorea finanzieren, besser zu überwachen und noch gezielter zu unterbinden. Die EU sollte auch ihre diplomatischen Bemühungen mit Ländern des globalen Südens verstärken und auf die schädlichen Auswirkungen der Partnerschaft zwischen Russland und Nordkorea auf eine regelbasierte Ordnung und die globale Stabilität hinweisen.
Die gesamte Analyse kann hier heruntergeladen werden.
Die Analyse wurde erstmals von BILD am 27.10.2024 aufgegriffen.