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Stiftungsjubiläum
Vor 65 Jahren: Gründung der Friedrich-Naumann-Stiftung

Geschäftsstelle der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit in Potsdam.

Geschäftsstelle der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit in Potsdam.

© Florian Gaertner/photothek.net

Verheißungsvoller hätte der Auftakt am 19. Mai 1958 kaum sein können: Sonnenschein, frühlingshafte Temperaturen am Amtssitz des Bundespräsidenten, der „Villa Hammerschmidt“ in Bonn, und schließlich Theodor Heuss persönlich – der als erster das Gründungsdokument der nach Friedrich Naumann benannten Stiftung unterzeichnete. Damit war die Stiftung offiziell ins Leben getreten. Und ihre Aufgabe sei es, so formulierte einer ihrer damaligen Organisatoren, Hans Wolfgang Rubin, Lösungen zu entwickeln, „wie dem einzelnen Menschen ein gesicherter Raum geistiger, politischer, wirtschaftlicher und sozialer Freiheit geschaffen und erhalten werden“ könne.

Wer gehörte zum engeren Kreis der Gründer? Es waren – dies mag überraschen – nur wenige aktive Politiker; einer von ihnen war der FDP-Parteivorsitzende Reinhold Maier, ein anderer der Kultusminister von Nordrhein-Westfalen Paul Luchtenberg, der 1961 auch Stiftungsvorsitzender wurde; der erwähnte Hans Wolfgang Rubin war Bundesschatzmeister der FDP. Die größte Gruppe bildeten aber Hochschullehrer wie der Rechtswissenschaftler Walter Erbe, im Kuratorium stieß später der Nobelpreisträger Max von Laue hinzu. Fast die Hälfte der Mitglieder des Initiatorenkreises waren vor 1900 geboren, kannten nicht nur Weimar, sondern auch das Kaiserreich noch aus eigener Lebenserfahrung. Viele hatten sich in der ersten deutschen Demokratie bei den Linksliberalen in der Deutschen Demokratischen Partei engagiert oder gehörten zumindest zu deren Umfeld. Auch Frauen fehlten nicht, waren allerdings deutlich in der Minderheit: Mit Emmy Beckmann und Dorothee von Velsen waren dies führende Vertreterinnen der Frauenbewegung der Weimarer Republik und ebenso nach 1945. Noch im Gründungsjahr folgten zwei weitere Frauen in den Gremien, Hildegard Hamm-Brücher und Clara von Simson.

Die Geburt der Stiftung erfolgte in einer für den organisierten Liberalismus schwierigen Lage: Anfang 1956 hatte die FDP in Nordrhein-Westfalen auf dramatische Weise den Regierungspartner gewechselt, erlitt aber bei den darauf folgenden Wahlen sowohl in Nordrhein-Westfalen als auch zum Bundestag deutliche Verluste; im Bund errang die CDU/CSU die absolute Mehrheit. Keine zehn Jahre nach Gründung der zweiten deutschen Demokratie bestand erhebliche Sorge um die liberale Prägekraft in der Bundesrepublik. Nicht wenige im politischen Umfeld hielten – wie die Stiftungsgründer – eine „Neufundierung des deutschen Liberalismus“ für erforderlich. Dies zielte auf die professionellere Schulung des politischen Nachwuchses, vor allem aber auf die inhaltliche und thematische Erneuerung liberaler Ideen, die Schärfung des Profils, auf das vielfach auch junge Liberale, teils aus der DDR geflüchtet wie Karl-Hermann Flach und Wolfgang Mischnick, drängten.

65 Jahre für die Freiheit

Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit

Politische Bildungsarbeit im Auftrag des Liberalismus - das war die Idee der Liberalen um Theodor Heuss, die 1958 die Naumann-Stiftung gründeten. Die Gründer hatten das Scheitern des Liberalismus in Deutschland erlebt. Mit dieser Erfahrung wollten sie die junge freiheitliche Demokratie der Bundesrepublik stärken - und den Liberalismus insgesamt, der damals wieder einmal in eine Krise geraten war. Die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit wird 65 Jahre alt - kein Jubiläum für eine große Feier, aber Grund genug, einen Blick zurück und nach vorn zu werfen.

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Persönlichkeitswerte und moralische Grundlagen in der Politik lebendig erhalten

Die Gründung der Stiftung sollte der Selbstverständigung der Liberalen dienen und zugleich liberale Werte in eine breitere Öffentlichkeit vermitteln, die über die Parteikreise hinausreichte. Die politische Bildung der Stiftung zielte darauf, „Persönlichkeitswerte lebendig zu erhalten und moralische Grundlagen in der Politik zu festigen“, wie es seit 1958 in der Satzung heißt. Mit diesem Wagnis zur Mündigkeit als politischem Ziel konnte sich der Gründerkreis zurecht auf Friedrich Naumann berufen. Und auch Theodor Heuss intendierte mit der – auf ihn zurückgehenden – Namensgebung weniger, seinem politischen Mentor ein Denkmal zu setzen, sondern wollte die neue gesellschaftspolitische Kraft vielmehr auf eine liberale Wertebildung verpflichten. Schließlich hatte Naumann vor dem Ersten Weltkrieg mit einigem Erfolg eine strategische und inhaltliche Erneuerung des Liberalismus versucht; zudem stand er für die – wenn auch kurzzeitige – besondere Popularität des demokratischen Linksliberalismus am Anfang der Weimarer Republik. Naumanns Schriften, die sich auch dem Problem einer liberalen politischen Bildung widmeten, gaben in der frühen Bundesrepublik noch Orientierungspunkte für eine Neuformulierung der liberalen Agenda. Der Name fungierte also gewissermaßen als Programm; in jedem Fall gab er der Wertediskussion im Liberalismus und der Neukonzeption liberaler Erwachsenenbildung eine Richtung. Für letzteres hatte Naumann im Grunde eine Blaupause geliefert: die 1918 von ihm mitbegründete „Staatsbürgerschule“, mit der etliche der neuen Stiftungsgründer persönliche Erfahrungen und Erinnerungen verbanden.

Die Gründermütter und –väter der Stiftung nahmen diese verschiedenen Motivationsstränge auf: Sie wollten eine unabhängige Stiftung, die jenseits der innerparteilichen Auseinandersetzungen agierte, aber natürlich auf die Stärkung auch des organisierten Liberalismus zielte. „Die Friedrich-Naumann-Stiftung“, so betonte die langjährige Kuratoriumsvorsitzende Clara von Simson, „ist dazu da, das politische Gedankengut der Liberalen nicht nur in breitere Kreise zu tragen, sondern auch das weiter zu entwickeln, was wir unter den heutigen Umständen unter Liberalismus verstehen sollen, was wir als Hauptaufgabe der Gruppe von Menschen sehen, die die Würde des Einzelnen in die Mitte ihrer Überlegungen stellen.“

Unterschriften aus der Gründungsurkunde der Stiftung

Unterschriften aus der Gründungsurkunde der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit.

Das liberale und soziale Erbe Friedrich Naumanns

Die ersten Aktivitäten der Stiftung bekräftigten diesen Anspruch nochmals: Bei der ersten öffentlichen Veranstaltung 1958 referierte der Bundespräsident selbst über das liberale und soziale „Erbe Friedrich Naumanns“. Aber zugleich mahnte Heuss, bei Naumann „kein ‚Lösungsbüchlein‘ für eine gegenwärtige Verhaltensform“, wohl aber „Anregung zur geistig nüchternen und seelisch durchwärmten Selbstbesinnung“ zu suchen. Die öffentliche Resonanz war damals gewaltig, nicht nur in einem Leitartikel wurde die Stiftung bereits als künftiger „Gralshüter des Liberalismus“ bezeichnet. Ganz auf dieser programmatischen Linie setzte sich die nächste Tagung 1959 mit dem Problem der „geistigen und politischen Freiheit in der Massendemokratie“ auseinander. Der Titel würde heute anders lauten, die angesprochenen Fragen aber sind höchst aktuell.

Auch die Wegmarken des folgenden Jahrzehnts zählen heute unverändert zu den Kernelementen der Stiftung: die Aufnahme der Auslandsarbeit 1964, die Eröffnung der Theodor-Heuss-Akademie 1967, die Einrichtung von Archiv und Liberalismusforschung 1968, die Aufnahme der Studienförderung 1973. Damit sind nur die Gründungsjahre umrissen; vieles weitere kommt hinzu, denn seit nunmehr 65 Jahren setzt sich die Friedrich-Naumann-Stiftung – seit 2007 mit dem Zusatz für die Freiheit – weltweit für die Werte der Freiheit, für Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit, für Demokratie und Marktwirtschaft ein.

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