US-Städte als globale Akteure
Der Dezember begann mit einem weiteren isolationistischen Schachzug der Trump-Administration. Die USA würden sich aus dem globalen Flüchtlings- und Migrationspakt der UNO zurückziehen. So gab es die U.S.-Botschafterin bei den Vereinten Nationen Nikki Haley bekannt. Umgehend schlossen sich U.S.-Städte zu Allianzen zusammen, um ihr fortbestehendes Engagement für das internationale Abkommen auszudrücken und sich gegen die Abschottungspolitik der Administration zu stemmen.
Im September 2016 hatten alle 193 Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen einstimmig eine Erklärung für einen besseren Schutz von Flüchtlingen und Migranten verabschiedet.
Die universellen Menschenrechte von Einwanderern sollen gewahrt, Fremdenfeindlichkeit bekämpft und die Weltordnungspolitik gestärkt werden. Länder, die eine hohe Anzahl an Flüchtlingen aufnehmen, sollen besser unterstützt werden. Die nicht bindende Vereinbarung dient als Grundlage für den globalen Flüchtlings- und Migrationspakt, der bis zur UN-Generalversammlung im September 2018 ausgehandelt werden soll.
Die U.S.-Regierung erklärte jedoch, dass die Absichtserklärung der UN nicht mit der Einwanderungs- und Flüchtlingspolitik der Trump-Regierung vereinbar sei und die Souveränität der USA einschränke. „Wir können nicht guten Gewissens einen Prozess unterstützen, der die Souveränitätsrechte der Vereinigten Staaten bei der Durchsetzung unserer Einwanderungsgesetze und unseres Grenzschutzes untergräbt“, äußerte sich Außenminister Rex Tillerson. Zwar unterstützten die Vereinigten Staaten die internationale Zusammenarbeit in Migrationsangelegenheiten, die Hauptverantwortung müsse aber bei den souveränen Staaten liegen, so Tillerson.
Städte wollen Platz am Tisch
Vertreter auf lokaler Ebene stemmen sich gegen diesen isolationistischen Kurs der US-amerikanischen Bundesregierung. Sie wollen einen Platz am Verhandlungstisch. Denn letztendlich findet die Integration von Flüchtlingen und Einwanderern nicht auf nationaler, sondern lokaler Ebene statt. Dabei spielen Städte eine zentrale Rolle; sie gehören zu den Hauptdestinationen für Migranten. „Städte setzen sich an vorderster Front für die Aufnahme und Unterstützung von Einwanderern und Flüchtlingen ein“, kommentierte ein Sprecher des Büros für Einwanderungsangelegenheiten der Stadt New York. „In Zeiten, in denen viele nationale Regierungschefs im zunehmenden Maße isolationistisch, ja sogar fremdenfeindlich auftreten und sich von den Werten der urbanen Regionen wie Inklusivität und Wachstum distanzieren, fordern die Städte einen Platz am Verhandlungstisch.“
Eine Allianz von Städten hat sich in einem Brief an den Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen gewendet, mit der Bitte, offiziell bei der Ausarbeitung des Paktes einbezogen zu werden. Zu den Unterzeichnern des Briefes gehören die Bürgermeister von New York, Los Angeles, Chicago, Atlanta, Philadelphia, Providence, Dallas und Washington, DC sowie lokale Vertreter aus Paris, Mailand, Montreal, Athen und Amman. „Wenn internationale Abkommen mit Realitäten vor Ort umgehen sollen, dann müssen wir Teil des Entscheidungsprozesses der UN sein“, unterstreicht Bitta Mostofi vom Büro für Einwanderungsangelegenheiten der Stadt New York. Der Brief basiert auf Handlungsempfehlungen der in Washington, DC ansässigen Denkfabrik Brookings Institution, die in Zusammenarbeit mit dem International Rescue Committee und der 100 Resilient Cities Bewegung formuliert wurden und darauf abzielen, Städte in der ganzen Welt in die Diskussion über globale Einwanderungs- und Flüchtlingspolitik einzubinden.
Auch Klimabündnis wartet nicht auf Washington
Schon im Sommer verbündeten sich U.S.-Städte gegen die Regierung als Präsident Trump verkündete, aus dem Pariser Klimaabkommen auszusteigen. Umgehend meldeten sich Vertreter amerikanischer Städte, Bundesstaaten und Unternehmen zu Wort, die die im Klimavertrag formulierten Ziele zur Reduktion der Treibhausgasemissionen ungeachtet von Trumps Plänen erreichen wollen. Fünfzehn Bundesstaaten haben sich zur United States Climate Alliance zusammengeschlossen, um die Klimaziele zu realisieren. Die Bewegung We are still in vereint Bundesstaaten, Städte, Unternehmen, Universitäten und Glaubenseinrichtungen mit demselben Ziel. Zu den führenden Köpfen dieser Bewegung zählt der ehemalige New Yorker Bürgermeister Michael Bloomberg und der Gouverneur von Kalifornien Jerry Brown. Aus diesen Bündnissen ist die von Bloomberg und Brown geführte Initiative America’s Pledge gewachsen, die die Vorhaben konkretisiert und die Umsetzung der Ziele verfolgt. „Die amerikanischen Bundesstaaten, Städte und Unternehmen erfüllen die Verpflichtungen unseres Landes – egal ob mit oder ohne Washington“, betonte Gouverneur Brown.
Ganz konkret wurde es nun Anfang Dezember. Im Rahmen des North American Climate Summits in Chicago kamen über vierzig Bürgermeister aus Kanada, den Vereinigten Staaten sowie Mexiko zusammen und unterzeichneten ihren eigenen Klimavertrag zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen. Mit ihrer Unterschrift haben sie sich dazu bereit erklärt, ihre eigenen Treibhausgasemissionen bis 2025 zwischen 26 und 28 Prozent unter den Wert von 2005 zu reduzieren. So lautete auch das nationale Ziel der USA, das Präsident Barack Obama ursprünglich verhandelt hatte. Die Emissionsdaten sollen vierteljährlich offengelegt werden. In einer Ansprache betonte der ehemalige Präsident, dass die Bundesstaaten und Städte das neue Gesicht der amerikanischen Führung seien. Denn letztendlich würde die Arbeit ja auch vor Ort geleistet werden. Die in Chicago unterzeichnete Erklärung hält die Bürgermeister außerdem dazu an, mit Wissenschaftlern zusammenarbeiten, um klimafreundliche Lösungen für ihre Städte zu finden, wie etwa den Ausbau des öffentlichen Verkehrswesens.
Während sich die Regierung in Washington, DC aus internationalen Verträgen zurückzieht, schlagen Vertreter auf lokaler Ebene also einen anderen Kurs ein und werden so zu globalen Akteuren. Richtig ist, dass lokal gehandelt werden muss, um globale Ziele zu erreichen. Ohne die subnationale Ebene könnten soziale, wirtschaftliche und ökologische Herausforderungen der internationalen Ordnung nicht bewältigt werden. Langfristig ist aber entscheidend, dass die Kooperation zwischen allen Ebenen –international, national und subnational – funktioniert.
Iris Froeba ist Policy Analyst und Media Officer beim Transatlantischen Dialogprogramm der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit.