USA
America First – Was bedeutet Trumps Leitbild für die Welt?
Am 20. Januar wird Donald Trump seine zweite Amtszeit als Präsident der USA antreten. Die transatlantischen Partner, aber auch alle anderen Länder und nicht zuletzt die globalen Organisationen und Akteure werden sich auf die Politik der USA unter Donald Trump einstellen und eigene Strategien entwickeln müssen. Es lohnt in diesem Zusammenhang, einige Politikfelder genauer zu betrachten.
Handel und Wirtschaft
In der EU, in China und praktisch in allen Regionen der Welt hat Donald Trump mit der Ankündigung von massiven neuen Zöllen große Befürchtungen ausgelöst. In der Tat sind für Trump Zölle und Handelsschranken nicht nur Drohinstrumente, mit denen er Verhandlungspartner unter Druck setzen will. Sie sind integraler Teil seines politischen Denkens, das Exporte als gut, Importe dagegen als schlecht betrachtet; dass die USA als Opfer der Übervorteilung durch seine wichtigsten Handelspartner ansieht und das auf die Stärkung der eigenen industriellen Basis durch teilweise Abschottung des Binnenmarktes setzt. Die großen Gefahren, die für die Wirtschaft der USA von hohen Einfuhrzöllen ausgehen, ignoriert er bis heute weitgehend. Darin wird er von großen Teilen seiner Basis, aber auch von mächtigen Gewerkschaftsverbänden unterstützt. Hinzu kommt das über Parteigrenzen hinweg in den USA geteilte Ziel, den Einfluss Chinas einzudämmen und dazu massiv wirtschaftliche Instrumente einzusetzen.
So ist zwar davon auszugehen, dass Berater und Interessengruppen einen mäßigenden Einfluss ausüben können, doch müssen sich wirtschaftliche Akteure überall auf der Welt, insbesondere die EU darauf einstellen, dass es keinen schnellen und kurzen Weg zurück zu einer Welt gibt, die offener für freien Handel und gegenseitige Investitionen ist. In Verhandlungen mit den USA werden Partner - wahrscheinlich noch stärker als bisher schon - an ihrer Position zu China gemessen werden. Wie weit es mit der Trump-Administration zu neuen, auf einzelne Wirtschaftszweige oder Problemfelder bezogene Abkommen kommen kann, bleibt abzuwarten. Wichtig wird es jedoch in Verhandlungen mit ihm und seiner Administration sein, genügend eigene Stärke und Verhandlungsmasse an den Tisch zu bringen.
Sicherheits- und Außenpolitik
Schon vor seiner erneuten Amtsübernahme sorgen er und sein künftiges Kabinett für Unruhe bei sicherheitspolitischen Partnern der USA. Pläne, Grönland und vielleicht sogar Kanada einzuverleiben oder den Panamakanal – notfalls mit militärischen Mitteln – wieder unter amerikanische Kontrolle zu bringen, lösen bei westlichen Verbündeten Besorgnis aus. Gleichzeitig dürften solche Äußerungen bei Wladimir Putin auf Zustimmung stoßen, da sie genau in dessen Weltbild von globalen Einflusssphären passen, die mit jedem Mittel gesichert werden dürfen. Trump will mit solchen Provokationen Aufsehen erregen – sie sind im Detail und in ihrer Radikalität auch bei seinen Beratern und in seiner Partei umstritten. Europa sollte Trumps Drohungen dennoch ernst nehmen, ihnen jedoch mit klarer Kante begegnen und den Fokus auf die drängenden globalen Fragen lenken, für die Trump Abhilfe versprochen hat. So hat er angekündigt, den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine zügig zu beenden. Europa muss darauf beharren, dass dies nur mit der Ukraine und Europa am Tisch Erfolg verspricht. Gleichzeitig brodelt der Nahost-Konflikt weiter – auch hier wird die Trump-Administration gezwungen sein, klare Fakten zu schaffen. Die Lage im Indopazifik verschärft sich zunehmend – diese Region wird der zentrale Fokus der künftigen US-Sicherheitspolitik sein.
Europa kann auf einigen Feldern eine Schlüsselrolle spielen: Nur mit einer eigenständigen und effektiven Abschreckung an der Ostflanke der NATO wird Russland in Schach gehalten, was wiederum Amerikas strategische Handlungsfreiheit im Indopazifik stärkt. Auf dieser Grundlage lassen sich Trumps immer drängendere Forderungen nach höheren Verteidigungsausgaben der NATO-Mitgliedsstaaten erklären. Die von ihm ins Spiel gebrachten 5 % des BIP für Verteidigung sind jedoch selbst für die USA schwer zu erreichen. Europa muss sich also auf harte Verhandlungen einstellen – diese können nur auf der Basis eigener, intensivierter Anstrengungen und Investitionen erfolgreich gestaltet werden.
Globale Institutionen und Klimaschutz
Die Skepsis gegenüber globalen Institutionen, gegenüber Verträgen und Organisationen, die die USA binden und in ihrer Handlungsfreiheit einschränken, war und ist ein wichtiges Merkmal Trumpscher Politik. Er hat angekündigt, die USA wieder aus dem Pariser Klimaschutzabkommen herauszuziehen. Bezüglich der Klimapolitik ist auch klar, dass er die Nutzung fossiler Rohstoffe in den USA nicht einschränken wird, sondern ganz im Gegenteil Exploration und Förderung weiter forcieren will.
Die UNO wird von Trump als Bühne angesehen, um die US-Politik der Welt zu präsentieren – nicht aber als Forum, in dem gemeinsam Entscheidungen getroffen werden. Andere Länder werden vor allem daran gemessen, inwieweit sie US-Interessen unterstützen. Was die Welthandelsorganisation, aber auch andere globale Wirtschaftsinstitutionen betrifft, so ist eines absehbar: Das Engagement der USA wird sich nicht vergrößern, die WTO und ihre Streitschlichtungsmechanismen werden nicht aus ihrer Dysfunktionalität herausfinden.
Interessant wird das Engagement der USA in und mit neueren globalen Governance-Mechanismen, wie etwa G20 oder BRICS. In seiner ersten Präsidentschaft fiel auf, dass er die Rolle der USA bei G20 relativ aktiv wahrgenommen hat. Seinem Politikstil des Deal-Makings kommt der eher transaktionale und auf einzelne politische Probleme bezogene Ansatz dieser Gremien eher entgegen.
Migration
Donald Trump hat seinen Anhängern die „größte Deportationsaktion illegaler Einwanderer in der amerikanischen Geschichte“ versprochen. Mit der republikanischen Kontrolle des Kongresses und der konservativen Mehrheit im Obersten Gerichtshof hätte er in dieser Hinsicht nahezu freie Hand. Doch eine solche Umsetzung hängt entscheidend von der Kooperation der Herkunftsstaaten ab – ein Umstand, der zu ungewöhnlichen und teils widersprüchlichen Abkommen führen könnte. So hat Trump beispielsweise wiederholt seine Abneigung gegen das sozialistische Regime Venezuelas betont. Dennoch müsste er mit Präsident Nicolás Maduro zu einer Einigung kommen, damit Venezuela bereit wäre, die rund 270.000 illegal in die USA eingereisten Venezolaner zurückzunehmen.
Ähnlich gestaltet sich die Situation mit Mexiko. Zwar verfügt Trump über zahlreiche Mittel, um seine Verhandlungspartner massiv unter Druck zu setzen, doch auch die betroffenen Staaten werden ihre Interessen energisch vertreten. Im Fall Venezuelas könnte dies die Erleichterung von US-Sanktionen bedeuten, im Falle Mexikos möglicherweise ein stärkeres Entgegenkommen bei Handelsfragen und Investitionen. Entscheidend für Trump ist hier, wie auch bei anderen Politikfeldern, dass er seinen Anhängern politische Erfolge verkaufen kann.