Bürgerbeteiligung und Engagement in Bhutan
Wie die Bürger Bhutans ihre Demokratie mitgestalten
Die demokratische Zukunft ihres Landes sollen die Bürger Bhutans aktiv mitgestalten. Inspirierende Initiativen fördern bürgerschaftliches Engagement. Welche Fortschritte bereits erzielt wurden und welche Herausforderungen der kleine Himalaya-Staat mit seinen knapp 790.000 Einwohnern auf dem Weg zu einer inklusiven und resilienten Demokratie noch meistern muss, diskutierten Experten in einem Webinar der Friedich-Naumann-Stiftung für die Freiheit Mitte November 2024. Wie baut Bhutan eine lebendige und partizipative Zukunft für alle auf?
Dasho Karma Ura, Präsident des Zentrums für Bhutan-Studien und Bruttonationalglücksforschung, unterstrich, wie wichtig eine gute Kommunikation für das Funktionieren einer Demokratie sei. „Die Kommunikation muss respektvoll, ehrlich, kritisch und offen sein.“
Interessenvertretungen aus Zivilgesellschaft und der indigenen Bevölkerung sowie Geisteswissenschaftler und Journalisten würden den Dialog in der Demokratie voranbringen.
„Frage nicht, was dein Land für dich tun kann – frage, was du für dein Land tun kannst“, zitierte Reinhard Wolf, Präsident der Deutschen Bhutan Himalaya Gesellschaft, den ehemaligen amerikanischen Präsidenten John F. Kennedy. Bhutans Bildungsministerium habe jüngst ein neues Curriculum veröffentlicht, das neben akademischer Exzellenz und holistischem Wohlbefinden auch zivilgesellschaftliches Engagement in den Fokus rückt.
Seit den ersten demokratischen Wahlen im Jahr 2008 habe Bhutan bewiesen, dass es möglich sei, demokratische Prinzipien mit traditionellen Werten zu vereinbaren, unterstrich Moritz Körner, der seit 2019 für die FDP im Europäischen Parlament sitzt. Wie in Deutschland stärkten auch in Bhutan ein beeindruckendes zivilgesellschaftliches Engagement sowie die Bürgerbeteiligung die Demokratie. Die EU werde den Demokratisierungsprozess des Landes weiterhin unterstützen.
Kinley Tshering, geschäftsführender Redakteur bei Kuensel, der ältesten Zeitung des Landes, verwies in dem darauf, wie stark sich die Medienlandschaft seit der ersten Wahl verändert habe. Zu den staatlich kontrollierten Medien kamen private sowie um die Jahrtausendwende Internet und soziale Medien. Neben aller Nachteile, etwa der Verbreitung von Fake News und Aufholbedarf bei der Medienkompetenz, böten die sozialen Medien aber auch eine lebendige Plattform für alle gesellschaftlichen Schichten für den demokratischen Diskurs und das Engagement.
Dr. Chencho Lhamu, Dekan für Entwicklung und externe Beziehungen am Royal Thimphu College, berichtete vom Projekt „Demokratie jenseits von Wahlen“. Über einen intensiven Dialog sei es gelungen, Wege aufzuzeigen, wie in Bhutan junge Menschen, Frauen oder Menschen mit Behinderungen enger in die demokratische Teilhabe eingebunden werden können.
Um die digitalen Kompetenzen der Bürgerinnen und Bürger und damit die kritische Auseinandersetzung mit den sozialen Medien zu stärkn, würde die Regierung zusätzliche Mittel bereitstellen, sagte Tshering Tshomo, Mitglied des Nationalrats von Bhutan. Außerdem hat das Parlament jüngst eine Absichtserklärung unterschrieben, wonach man die Organisationen der Zivilgesellschaft stärken wolle, indem deren Belange stärker in die Gesetzgebungsprozesse einfließen würden, etwa im Wege öffentlicher Anhörungen. Der seit sieben Jahren in Berlin lebende Experte für nachhaltige Investments, Kampa Dupchen, betonte, dass sich auch junge Menschen stärker in der Zivilgesellschaft und der Politik engagieren müssten. Das gelte auch für junge Frauen, ergänzte Dr. Chencho Lhamu.
Dr. Carsten Klein, Leiter des Regionalbüros Südasien der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit, wies darauf hin, dass die demokratische Lernkurve in Bhutan sehr steil sei und das Land auch als Vorbild für andere Staaten Südasiens gelten könne. Viele Gruppen wie das Parlament, der König, Unternehmen oder auch zivilgesellschaftliche Organisationen würden sich zum Beispiel für die Rechte von Menschen aus der LGBTQ-Community oder solche mit Behinderungen stark machen.