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#HackingDemocracy
#HackingDemocracy - Lektionen aus der ganzen Welt zur Förderung der Demokratie

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Am 24. und 25. November 2021 fand die „Innovation for Democracy“ Konferenz des der FNF Global Innovation Hub. Das Jahr 2021 war unser Umzugsjahr, geprägt von Aufbau und Wechsel. Mit dieser Veranstaltung haben wir unsere Projektarbeit gestartet. Um was ging es uns bei der Veranstaltung? Der Titel „HackingDemocracy“ gibt es schon vor: Wir waren auf der Suche nach den verschiedenen Aspekten und Ansätzen, mit der wir die Demokratie fördern, stärken, schützen und neu denken können. Frau Bettina Stark-Watzinger, ehermaliges Mitglied unseres Vorstandes und heute Bundesministerin für Bildung und Forschung, eröffnete die Konferenz mit einer Grußnachricht. Wir haben mit Menschen aus der ganzen Welt diskutiert und uns darüber ausgetauscht, wie Deliberative Demokratie die Innovation und Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger inspirieren kann. Auch vom Ausbruch von COVID-19 haben wir etwas gelernt, nämlich wie man Technologie für die Förderung der Demokratie nutzt, und wie man gegen Desinformation kämpft.

Die Konferenz bestand aus vier Teilen: Deliberative Demokratie, Lektionen der Pandemie, keine Angst vor dem Techie, und Desinformation. In jedem Teil der Konferenz gab es kurzen Vorträge von den Diskussionsteilnehmenden, und danach gab es einen Austausch mit dem Publikum. Wir haben alle Teile aufgenommen und veröffentlicht. Die Links zu jedem Teil finden Sie in Beschreibung unter jedem Teil und auf unserer Facebook Seite.

Deliberative Demokratie

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„Deliberative Demokratie erweitert Räume um mehr Innovationen in der Bürgerbeteiligung zu kultivieren.“ Unter dieser Aussage lässt sich das Panel der Deliberativen Demokratie mit der Dekanin des Internationalen College of Innovation Prof. Wen-Ling Tu, dem ehemaligen Mitglied des Deutschen Bundestages Dr. Christopher Gohl, und dem rumänischen Parlamentarier Dan Barna, zusammenfassen. Dr. Gohl betonte, dass die deliberative Demokratie einen wichtigen Lernprozess initiiert, der die Menschen und die Regierungen zusammenbringt. Dabei lernen sie, wie man auf demokratische Weise gemeinsame Lösungen für Probleme findet. So kann sich die Demokratie weiter entwickeln, zu einer lernenden Demokratie. Wie man auf innovative Weise die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger fördert, das muss an vielen Stellen in der Regierung aber auch in der Wissenschaft erst noch gelernt und geübt werden. Die Stärkung der Beteiligung ist wesentlich, um die Entscheidungsprozesse der Regierung transparenter zu machen. Mit Plattformen wie z.B. Bürgerräten, können wir die Bürgerinnen und Bürger besser an Entscheidungsprozessen beteiligen.

Die Prozesse der deliberativen Demokratie können aber nicht nur lokal, sondern auch national angewendet werden. Prof. Tu zeigte Beispiele auf, wie die deliberative Demokratie in Taiwan von der Regierung und der Zivilgesellschaft in der Politik genutzt wurde, als es um die Themen nationale Energiewende und Atommüll-Deponie ging.

Auch innerhalb von politischen Parteien kann deliberative Demokratie die Demokratie fördern. Herr Barna teilte seine Erfahrungen mit digitalen Tools zur Förderung der Beteiligung an Entscheidungs- und Politikgestaltungprozessen innerhalb der Partei.  Breite Beteiligung ist für die Qualität einer Demokratie wichtig.

Sie können hier die Aufnahmen der Konferenz anschauen

Lektionen aus der Pandemie

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In diesem Panel luden wir Expertinnen und Experten für die Nutzung digitaler Technologien zur Förderung der Demokratie ein. Dr. Mei-Chun Lee arbeitet als Postdoc Forscherin am Forschungsinstitut für Geisteswissenschaft und Sozialwissenschaft (RIHSS) beim Ministerium von Wissenschaft und Technologie in Taiwan. Dr. Lees Forschung konzentriert sich darauf, wie Civic Tech und digitaler Aktivismus die Transparenz der Regierung und der Bürgerbeteiligung fördern können. Frau Adriana Groh, Projektleiterin von The New Hanse, leitet und initiiert viele Projekte zum Thema Data Commons, Digitale Souveränität, und Förderung der Beteiligung mit Civic Tech Communities.  Herr Emil Schnackenberg, Mitglied des Managementteams der Abteilung von Entwicklung Management in Kapstadt, teilte seine Erfahrung aus dem Stadtentwicklungsmanagement, wie digitale Tools dazu beigetragen haben, den Austausch mit den Bürgerinnen und Bürgern auch während der Pandemie aufrecht zu erhalten.

Während der Pandemie verstärkten autoritäre Regime vielerorts ihre Kontrolle und Unterdrückung der Menschen unter dem Banner der „Pandemieprävention“. Die Pandemie ist vielleicht eine günstige Gelegenheit für autoritäre Regime, aber unter den Gesichtspunkten des Gesundheitsschutzes gibt es keinerlei Begründung für diese Maßnahmen:  Mit der Hilfe von Technologie und Civic Tech Communities müssen wir Bürgerbeteiligung, Privatsphäre, Meinungsfreiheit, und Transparenz nicht zur Pandemiekontrolle opfern, sondern sie inspirieren den Kampf gegen die Pandemie. Das Panel besprach Beispiele aus Deutschland, Taiwan und Südafrika, und dabei zeigte sich, dass technologische Tools in einem demokratischen Kontext dazu beitragen können, staatliche Dienstleistungen aufrecht zu erhalten, die Bürgerbeteiligung zu fördern wenn persönliche Kommunikation unmöglich ist, und Informationen über die Pandemie allen online frei zugänglich zu machen.

Dr. Lee erzählte von der Online Maskenkarte in Taiwan als ein Beispiel dafür, dass die Zusammenarbeit im Kampf gegen die Pandemie zwischen Civic Tech Communities, der Zivilgesellschaft, und der Regierung möglich ist. Frau Groh berichtete, dass #WirVsVirus Hackathon 2020 in Deutschland 28,000 Teilnehmende und 1,500 Ideen zum Kampf gegen die Pandemie zusammenbrachte. Wenn die Regierung gerne mit den Menschen ins Gespräch kommt, verbessert das das Vertrauen der Menschen in die Regierung.

Herr Emil Schnackenberg erinnerte uns daran, dass die Technologie sich sehr schnell entwickelt. Wenn man daher Technologie sinnvoll einsetzen will, dann müssen die Regierungsmitglieder aber auch die Staatsangestellten aufgeschlossen bleiben, und sich fortbilden, und zwar in den Bereichen Technologie- und Datenmanagement. Nur dann können sie die besten öffentlichen Dienstleistungen entwickeln. Alle waren sich einig, dass die Beteiligung inklusiv und nicht nur auf digitale Ansätze beschränkt sein soll. Wir sollen aufgeschlossen sein, um die beste Weise der Beteiligung zu finden. Das Wichtigste ist, niemanden zurück zu lassen.

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Keine Angst vor dem Techie

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Für dieses Panel luden wir Frau Shu-Yang Lin, Designberaterin beim PDIS (Public Digital Innovation Space); Dr. Eran Toch, Ko-Direktor des IWiT (Interacting with Technology Lab) und Faculty-Mitglied im Department für industrielle Ingenieurwissenschaft an der Universität Tel-Aviv; Herr Irakli Khorbaladze, Gründer und geschäftsführender Direktor des Good Governance Institute, ein. Es ging um die Frage: Vertragen sich eigentlich Demokratie und Technologie? Das Panel gab uns einen breiten Überblick über Anwendungsbeispiele dafür, wie Technologie wirklich ein Tool zur Förderung der Demokratie sein kann. Frau Lin teilte ihre Erfahrung bei PDIS, einer Regierungsinstitution, die allen anderen Regierungsapparaten in Taiwan dabei helfen soll zu entdecken, wie digitale Technologie die Bürgerbeteiligung fördern und die Effizienz des politischen Entscheidungsprozesses verbessern kann.

Durch die Nutzung von Pol.is für die politische Diskussion mit den Bürgern ist der Prozess der Sammlung und Integration von Meinung effizienter als die traditionelle Weise. Damit wird die Barriere für die Beteiligung reduziert. Ministerin Audrey Tang und ihr Team nutzen verschiedene Tools um die Regierungstransparenz zu verbessern. Dr. Toch berichtete von der Meerkat Social Support App, die von seinem Team entwickelt wurde. Meerkat wurde für ältere Menschen ausgelegt, die Hilfe von Menschen im Netzwerk brauchen, um technische Probleme zu lösen. Ähnlich wie Lin glaubt Toch auch, dass marginalisierte Menschen wie z.B. die Ältere und die Armen bei dem Prozess der Digitalisierung berücksichtigt werden sollten. Herr Irakli Khorbaladze aus Georgien berichtete von seinen Erfahrungen mit der Entwicklung des E-Voting Systemes und der E-Georgia Plattform, um die Transparenz und Beteiligung durch Technologie zu verbessern.

Es geht also nicht einfach darum, den Menschen zu sagen, dass Technologie gut oder schlecht ist. Es geht vielmehr darum zu entdecken, wie und unter welchen Voraussetzungen Technologie zu einer Hilfe für Demokratie und Menschenrechte werden kann. Alle Podiumsteilnehmer waren sich einig, dass das ultimative Ziel des Einsatzes digitaler Werkzeuge die Verbesserung der Partizipation, der Transparenz und damit die Stärkung des Vertrauens in die Regierung und in die Mitmenschen ist.  Beim Einsatz digitaler Werkzeuge muss daher sichergestellt werden, dass niemand ausgeschlossen wird. Insbesondere dann, wenn jemand nicht über die nötigen Fähigkeiten verfügt oder keinen Zugang zu digitalen Werkzeugen hat, ist die Regierung dafür verantwortlich, ihn zu unterstützen oder bessere und inklusivere Wege der Beteiligung zu finden. Bei der Entwicklung digitaler Werkzeuge sollten der Schutz der Privatsphäre, die Autonomie der Nutzenden, die Beteiligung, der Besitz ausgewogener Rechte der Nutzenden und Räume für den Diskurs unverzichtbare Elemente sein, merkte Dr. Toch ganz zu Recht an.

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Desinformation

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Dieses Panel drehte sich um die Frage, wie wir Desinformation am besten bekämpfen können - im Zusammenhang mit Wahlen, aber auch in unserem alltäglichen Leben.  Diesem Teil waren unsere Diskussionsteilnehmenden: Herr Chihhao Yu, Co-Direktor von IORG aus Taiwan; Herr Valeriu Pasha, Vorsitzende der Gemeinschaft „WatchDog.MD“ aus Moldawien; Prof. Emre Erdogan, Leiter der Abteilung für internationalen Beziehungen an der Istanbul Bilgi Universität und Wissenschaftskoordinator von TurkuazLab aus der Türkei; Frau Phumzile Van Damme, Spezialistin für Anti-Misinformation und Digitale Rechte, Mitglied des Real Facebook Oversight Boards aus Südafrika. Das Panel teilte inspirierende Aktionen gegen Desinformation, die von der Zivilgesellschaft auf der ganzen Welt durchgeführt wurden. Auch zivilgesellschaftliche Tech-Communities aus der ganzen Welt spielten eine wichtige Rolle bei diesen Initiativen. Eine der Quellen der Desinformation in der globalen Landschaft sind die Informationsoperationen autoritärer Regime. Chihhao Yu führte aus, wie die taiwanische Zivilgesellschaft dies mit wissenschaftlichen und partizipativen Methoden bekämpft. Als Mitglied der Civic-Tech-Community in Taiwan haben er und sein Team eine Datenbank entwickelt, die Propaganda und Desinformation aufspürt. Sie wollen damit gezielt Informationsoperationen aufspüren. Das Team hat ein Analysewerkzeug entwickelt, um die Informationen zu analysieren und so die Modelle autoritärer Regime zur Manipulation der öffentlichen Meinung zu enttarnen und die Öffentlichkeit zu warnen. Gleichzeitig veranstalten sie auch Schulungen zum Thema Medienkompetenz. Denn Medienkompetenz ist ein wichtiger Faktor, um die Bürgerinnen und Bürger gegen die Infodemie zu schützen. Prof. Emre Erdogan teilte diese Meinung. Desinformation selbst ist nicht der einzige Faktor, die die verbreitet. Der nationale kulturpolitische Kontext und die fehlende Erziehung zum kritischen Denken verstärken das Problem zusätzlich.  Die Arbeit von Prof Erdogan und seinem Team im TurkuazLab-Team setzt genau da an: Die erste Maßnahme richtet sich an Einzelpersonen. Sie entwickeln Lehrpläne, Spiele und organisieren lokale Workshops mit dem Ziel, die Polarisierung zu überwinden. Darüber hinaus widmen sie sich auch der Förderung der Medienfreiheit und der Vielfalt der Medienlandschaft durch Online-Kurse und Seminare. TurkuazLab will das Bewusstsein der Menschen schärfen und ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber Desinformation erhöhen.

Auch die Zivilgesellschaft kann eine aktive Rolle im Kampf gegen Desinformation übernehmen. Herr Pasha berichtete von WatchDog. MD. WatchDog.MD besteht aus einem Netzwerk von kritisch denkenden Unterstützerinnen und Unterstützern, darunter Journalistinnen und Journalisten, politische Analystinnen und Analysten, Bürgerrechtlerinnen und Bürgerrechtler, sowie bildende Künstler. Ihre Hauptaufgabe besteht darin, alle möglichen Medien zu beobachten: Mainstream-Medien wie Fernsehsender und Talkshows sowie soziale Medien wie Facebook, die von vielen Moldawierinnen und Moldawiern genutzt werden. Um der Desinformation entgegenzuwirken, führen sie nicht nur Faktenchecks durch, sondern drehen auch Erklärvideos, um Desinformation zu entlarven, zu erklären und anzuprangern. Herr Pasha und sein Team wollen damit für faire Wahlen sorgen und Druck auf kleptokratische Politiker ausüben, die schmutzige Methoden anwenden, um Wahlen zu gewinnen.

Sie können hier die Aufnahmen der Konferenz anschauen