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Eine Kolumne von Karl-Heinz Paqué

Bundestagswahl 2025
Leitbild für Liberale

Die Freien Demokraten haben bei der Bundestagswahl eine schwere Niederlage eingesteckt. Aber die Zukunftsaussichten sind keineswegs düster.
Mission Tomorrow klebt auf einem Stuhl im FDP Fraktionssaal vor der letzten Fraktionssitzung der FDP im Bundestag.

Mission Tomorrow klebt auf einem Stuhl im FDP Fraktionssaal vor der letzten Fraktionssitzung der FDP im Bundestag am 26. Februar 2025.

© picture alliance/dpa | Michael Kappeler

4,3 Prozent der Wählerstimmen, an der 5-Prozent-Hürde gescheitert. Das ist das Ergebnis der Bundestagswahl für die FDP, die somit in der nächsten Legislaturperiode ohne Bundestagsfraktion auskommen muss.

Woran lag’s? Die Antwort ist relativ einfach: Die Ampelkoalition, der die Partei drei Jahre angehörte, war extrem unbeliebt, vor allem im Milieu potenzieller FDP-Wähler. Alle drei Ampelparteien verloren Stimmen – die SPD massiv, die Grünen substanziell, die FDP dramatisch. In Umfragen gaben zwar fast 40 Prozent der Befragten an, die FDP werde als Stimme im Bundestag gebraucht, aber weniger als 5 Prozent waren motiviert, sie zu wählen.

Woher kam diese Frustration? Der zentrale Grund war der Wandel des Zeitgeists – dank radikaler Veränderung der politischen Herausforderungen. Kaum etabliert, erlebte die selbsternannte „Fortschrittskoalition“ eine Verdüsterung der geopolitischen Lage – mit Russlands Überfall auf die Ukraine, gefolgt von chronischer Wachstumsschwäche der deutschen Wirtschaft und extremer Finanzknappheit, verschärft noch durch ein restriktives Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Schuldenbremse. Plötzlich wirkten die klima- und gesellschaftspolitischen Projekte der Ampel wie aus der Zeit gefallene Luxusvorhaben tief grüner Ideologie, vor allem für eher bürgerliche Liberale. Hinzu kam zuletzt die thematische Zuspitzung auf die Gewalttaten von Asylanten, die den Fokus der Diskussion zur Kontrolle der Grenzen verschob. Das vorzeitige Ende der Ampel und die Distanzierung von ihr für die Zukunft – obwohl glaubwürdig und professionell im Wahlkampf intoniert – konnten da nicht mehr viel retten. Das Drehbuch der Geschichte hätte für die FDP nicht schlechter sein können. Sie saß zwischen allen Stühlen. 

Was nun? Es mag merkwürdig klingen, aber das neue Drehbuch der Geschichte bietet einer liberalen Partei der politischen Mitte in der Zukunft eigentlich riesige Felder der politischen Arbeit, auch außerparlamentarisch. Weit verbreitet ist nämlich das Gefühl, dass der grün gefärbte sozialdemokratische Zeitgeist der Ära der CDU-Kanzlerin Merkel völlig ausgedient hat. Teure klimapolitische Projekte mit starker Bevormundung und Lenkung der Menschen wirken anachronistisch – und nicht finanzierbar. Die Sicherung von Arbeitsplätzen durch Wirtschaftswachstum und Stärkung der Innovationskraft rückt in den Vordergrund, genauso wie die Reform des Sozialstaats vor allem durch mehr Anreize zur Arbeit. Die überbordende Bürokratie muss zurückgefahren werden. Der Staat muss sich auf seine Kernaufgaben beschränken, diese aber auch leistungsfähig erfüllen, wozu auch der Schutz der Grenzen vor illegaler Zuwanderung zählt. Außen-, sicherheits- und handelspolitisch geht es um den Kampf für eine starke Rolle Europas in einer Welt, in der immer mehr Populisten wie Donald Trump und autokratische Regime die liberale Weltordnung zu zerstören drohen. Also: eine neue Realpolitik in komplexer geostrategischer Lage, ganz in der Tradition früherer liberaler Außenminister.

Es spricht wenig dafür, dass die angehende große Koalition diese enormen Herausforderungen überzeugend bewältigen kann. Das Feld der kritischen Begleitung durch den organisierten Liberalismus steht also weit offen. Allerdings braucht es dafür eine neue Besinnung auf die Grundwerte des Liberalismus. Es braucht eine intensive Diskussion in der liberalen Familie über individuelle Freiheit und gesellschaftliche Verantwortung – wie in der außerparlamentarischen Opposition mit Christian Lindner nach der bitteren Wahlniederlage 2013.

Seither hat sich viel verändert: Corona und Kriege sowie Wachstumsschwäche und Überforderung des Staates haben den optimistischen Glauben an die Gestaltbarkeit der Gesellschaftsordnung sowie die Kreativität des Einzelnen massiv in Frage gestellt. Es ist zentrale Aufgabe des Liberalismus, diese Zuversicht wiederherzustellen. Vielleicht ist die außerparlamentarische Opposition – bei allen organisatorischen Herausforderungen – gar kein so schlechter Platz zur Stärkung der Motivation und Vitalität für eine solche Erneuerung. Die liberale Familie hat dies schon einmal bewiesen. Tun wir’s doch wieder!                     

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Florian von Hennet
Florian von Hennet
Leiter Kommunikation, Pressesprecher
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