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Ukraine
Es lohnt sich immer, für die Freiheit zu kämpfen – heute mehr denn je

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger zu Besuch in Kiew

Aus Anlass des 60-jährigen Bestehens der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit diskutierte die Stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Stiftung mit ukrainischen Meinungsbildnern die aktuellen Bedrohungen der Freiheit weltweit und in der Ukraine. Ein besonderer Fokus lag dabei auf den zunehmenden Angriffen gegen ukrainische Bürgeraktivisten.

Schwieriger Spagat für die Freiheit

Sechzig Jahre des Einsatzes für freie Gesellschaften zu feiern, stellt in Zeiten des Aufschwungs autokratischer Regime sowie populistischer und freiheitsfeindlicher Bewegungen in den westlichen Demokratien einen gewissen Spagat dar. Es kann aber sehr wohl Anlass sein zur Analyse der aktuellen Freiheitsbedrohungen und zur Frage nach zukunftsfähigen Instrumenten im Einsatz für liberale Werte. 

Diese Diskussion nahm Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit, am 26. September 2018 in Kiew auf. Der Botschafter der Bundesrepublik, Ernst Reichel, bezeichnete es sogar als besonders logisch, das Stiftungsjubiläum in Kiew zu begehen, kämpfe doch die Ukraine gerade in besonderer Weise um ihre Freiheit. Frau Leutheusser-Schnarrenberger adressierte in ihrer Eingangsrede die illiberalen Tendenzen in Europa und weltweit – die nachfolgende Diskussion jedoch konzentrierte sich auf die Ukraine selbst, mit Schwerpunkten auf der Situation der Medien, Möglichkeiten der Vereinigung aller liberalen ukrainischen Kräfte und der grundsätzlichen Frage der Verantwortung, die mit Freiheit immer einhergeht. 

Chancenreicher liberaler Präsidentschaftskandidat

Leutheusser-Schnarrenbergers Gesprächspartner auf dem Podium waren Oleksandr Solontai, Vorsitzender der liberalen Partei „Kraft der Menschen“, Andrii Kulykov, Vorsitzender der Journalistischen Ethikkommission, und der Schriftsteller Mykola Riabchuk. Der Elefant im Raum war ganz offensichtlich die für den 31. März 2019 angesetzte Präsidentschaftswahl, in der erstmals ein Kandidat der liberalen Parteienfamilie, Anatolii Hrytsenko von der „Bürgerposition“, eine realistische Chance hat, zumindest in die zweite Wahlrunde zu kommen. Entsprechend viele Fragen erhielt Oleksandr Solontai aus dem Publikum zur Frage einer möglichen Vereinigung aller liberalen Kräfte, gipfelnd in dem Ausruf „Wie viele Liberale müssen noch verzweifeln, bis wir uns vereinigen können?“. Solontai blieb gelassen und schloss ein Zusammengehen keineswegs aus – jedoch unter der Bedingung, dass die möglichen Partner ebenso wie „Kraft der Menschen“ demokratisch von unten wachsen. 

Etwa die Hälfte der voll ausgebuchten Veranstaltung waren ukrainische Alumni verschiedener Bildungs- und Besuchsprogramme der Stiftung in Deutschland und weltweit, die sich bereits den ganzen Nachmittag intensiv ausgetauscht und entsprechend für eine aktive Diskussion am Abend warmgelaufen hatten. Während des Nachmittags hatten sie mit einem Mini-Flashmob Genesungswünsche an den Bürgeraktivisten und „Kraft der Menschen“-Vorsitzenden aus Odessa Oleg Mykhailyk gesendet, der eine Woche zuvor ein Attentat nur knapp überlebt hatte. Entsprechend bildeten die zunehmenden Attacken auf kritische Lokalpolitiker, NGO-Aktivisten und Journalisten auch den Hintergrund für die Diskussion am Abend – als eine ungute Tendenz, an deren Bekämpfung sich der Freiheits- und Demokratiewillen der ukrainischen Politik wird beweisen müssen.

Gespräche mit Krimtataren: Liberale stehen zum Völkerrecht

Die Ex-Justizministerin nutzte ihren Besuch für weitere Gespräche zu Pressefreiheit, Menschenrechten und der Lage in den und um die sogenannten „Volksrepubliken“ im Donbass. Besonderes Gewicht hatte das Treffen mit den Führern und Repräsentanten der Mejlis, der Vertretung des Krimtatarischen Volkes, unter ihnen der Vorsitzende der Mejlis, Refat Chubarov, sein Stellvertreter, Akhtem Chyigoz, und der Bevollmächtigte des Präsidenten der Ukraine für Angelegenheiten des Krimtatarischen Volkes, Mustafa Dzhemilev. Diskutiert wurde die aktuelle Situation der Krimtataren auf der russisch besetzten Halbinsel und insbesondere die Situation der Mejlis, deren meiste Vertreter noch auf der Krim leben. Die Mejlis war von Russland als extremistische Organisation verboten worden – eine Entscheidung, die der Internationale Gerichtshof in Den Haag als unrechtmäßig eingestuft und deren Aufhebung er gefordert hat. Frau Leutheusser-Schnarrenberger machte deutlich, dass die Haltung der deutschen Liberalen klar durch das Bekenntnis zu Völkerrecht und Menschenrechten geprägt ist. Nicht zuletzt diente das Treffen der Diskussion weiterer Kooperationsmöglichkeiten mit der Stiftung für die Freiheit.