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Eine Kolumne von Karl-Heinz Paqué

Finanzpolitik
Schutzschirm Schuldenbremse

Die Bonität der USA leidet. Dies birgt enorme Risiken. Deutschland geht zu Recht einen anderen Weg. Das muss so bleiben.
Die Uhr der Staatsverschuldung ist am Donnerstag, den 25. Mai 2023, im Zentrum von Manhattan zu sehen.

Die Uhr der Staatsverschuldung ist im Zentrum von Manhattan zu sehen (Aufgenommen am 25. Mai 2023).

© picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Mary Altaffer

„Uncle Sam’s fiscal folly“ – so titelte der Londoner ECONOMIST in dieser Woche in einem Leitartikel. Dieser wurde begleitet von einer fundierten Analyse über „America’s alarming finances“ unter der Überschrift „Budgetary blindness“. Die Botschaft der Statistiken ist in der Tat alarmierend: Erstmalig seit Jahrzehnten sind die Vereinigten Staaten dabei, trotz boomender Wirtschaft und Vollbeschäftigung sowie starker Machtposition an den internationalen Kapitalmärkten in gefährliche Nähe zu einer inflationären Schuldenfalle zu driften.

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Die Zahlen sprechen für sich: Das Haushaltsdefizit wird für 2024 auf 6,1 Prozent des BIP vorausgesagt; die Renditen für zehnjährige US-Anleihen sind auf 4,7 % hochgeschnellt und liegen deutlich höher als überall in Westeuropa und sogar über denen von Griechenland, Italien und Spanien. Die Rating-Agenturen Standard & Poor’s und Fitch haben schon die Bonität der USA zurückgestuft, Moody’s könnte noch folgen. Die Inflation hat ihren Sinkflug gestoppt und steigt wieder, von ohnehin höheren Raten als in der Eurozone. Am dramatischsten sind die Langzeitprognosen der Schulden- und Zinsbelastung als Anteil des BIP, die inzwischen steil nach oben zeigen. Die Nettostaatsverschuldung ist gerade dabei, die magische Grenze von 100 Prozent des BIP auf Dauer hinter sich zu lassen. Amerika ist dabei, fiskalisch mit dem Feuer zu spielen. Es nähert sich japanischen Verhältnissen, allerdings ohne jenes unerschütterliche Vertrauen der nationalen Finanzmärkte in den eigenen Staat, der schon immer Japan kennzeichnete und dort die Zinsen niedrig hielt.

Die Lage in den USA steht in scharfem Kontrast zur Situation in Deutschland. Hier kämpft derzeit der Bundesfinanzminister mit seinen Kabinettskolleginnen und –kollegen um den Ausgleich des Haushalts für 2025. Die Begleitmusik dazu aus dem links- und grünorientierten politischen Spektrum ist alles andere als freundlich. Dort wird wieder und wieder nach einer Aufweichung der Schuldenbremse gerufen. Der Blick in die USA sollte helfen, die Stimmen zum Verstummen zu bringen: Hierzulande liegt die Rendite zehnjähriger Staatstitel bei 2,6 Prozent, mehr als zwei Prozentpunkte unter dem US-amerikanischen Niveau, obwohl Deutschland nicht annähernd die Machtposition mit einer globalen Reservewährung namens Dollar aufweist wie die USA. Zudem trägt Deutschland zusätzlich die Last, über den Euro die Bonität anderer Länder der Eurozone zu stützen, deren Reputation an den Finanzmärkten noch immer labil ausfällt. Es ist gut, dass hierzulande eine Schuldenbremse mit Verfassungsrang den nötigen Anker bietet, um einen Dammbruch zu vermeiden.

Es geht also bei den anstehenden Haushaltsverhandlungen um viel mehr als um das mühselige Stopfen von Haushaltslöchern. Es geht darum, ob Deutschland – und mit ihm die Eurozone – in den Sog der gefährlichen fiskalischen Schieflagen führender Industrienationen wie den USA (und übrigens auch Großbritanniens) hineingezogen wird oder den eigenen, stabilitätsorientierten Kurs fortsetzen kann, der auf Dauer niedrige Zinsen sichert und die Risiken von Finanzkrisen minimiert. Günstige Finanzierungskosten für Unternehmen und Bauherren sind aber gerade in Deutschland vonnöten, um zu helfen, das Land auf einen Wachstumskurs der Investitionen und Innovationen zurückzuführen. Es geht also auf mittlere und lange Sicht überhaupt nicht um eine nutzlose Trophäe der Austerität, sondern ganz im Gegenteil um die Wiederherstellung von günstigen Standortbedingungen für die deutsche Wirtschaft. Ein zentraler Baustein dafür ist – neben dem Verzicht auf Steuererhöhungen – der Erhalt des Schutzschirms der Schuldenbremse.