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Eine Kolumne von Karl-Heinz Paqué

Gebäudeenergiegesetz
Kluge Klimapolitik und schwierige Lektionen

Klimapolitik muss stets technologieoffene Infrastrukturpolitik sein – und bleiben.
Wärmepumpen
© picture alliance/dpa | Moritz Frankenberg

Noch ist nichts vom Gesetzgeber verabschiedet. Aber nach der Einigung in der Ampelkoalition auf sogenannte Leitplanken sieht es danach aus, dass Robert Habecks ursprünglicher Entwurf des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) vom Kopf auf die Füße gestellt wurde. Dies gilt vor allem für zwei besonders kritische Kernpunkte.

Zum Ersten bekommt die Technologieoffenheit in den „Leitplanke“ den nötigen hohen Stellenwert. Klimaneutrale Heizungssysteme sind eben gleichwertig zu behandeln, ob sie nun mit Holz oder Holzpellets, mit Wasserstoff, Wärmepumpen oder was auch immer betrieben werden. Wieder einmal gilt: Allein das Ziel – 65 Prozent erneuerbare Energie – entscheidet, nicht der Weg dorthin. Wie schon bei der Diskussion um die Abschaffung des Verbrennermotors im Straßenverkehr sollen alle Mittel der klimapolitischen Zielerreichung möglich sein, auch wenn unsere technologische Phantasie heute noch nicht ausreicht, diese sich vorzustellen.

Zum Zweiten gibt es eine neue Reihenfolge der Entscheidungen. Zunächst müssen alle Kommunen ihre Fernwärmeplanung vorlegen – bis spätestens 2028. Erst dann greift für Bauten des Gebäudebestands die zentrale Regel des GEG, dass 65 Prozent des Energiebedarfs einer neuen Heizung aus erneuerbaren Energien kommen muss. Erst dann also müssen sich Hauseigentümer entscheiden, ob sie eine elektrische Wärmepumpe einbauen oder einen Anschluss an das Wärmenetz wählen. Das ist nachvollziehbar. Mehr als das: Es ist absolut zwingend. Nur so lässt sich hierzulande vermeiden, dass Millionen von Hauseigentümern in massive Fehlinvestitionen hineinrennen, weil sie nicht wissen, ob es für sie eine wirtschaftlich vertretbare Alternative der Fernwärme geben wird. Die ursprünglich geplante oder zumindest in Kauf genommene Reihenfolge – zunächst die individuelle Pflicht zum Einbau und dann die Fernwärmeplanung – war von vornherein abwegig. Denn auf welcher Grundlage hätten dann die privaten Haushalte und Investoren, unterstützt von ihren Energieberatern, ihre Entscheidungen treffen können? Offenbar hatte im ursprünglichen Gesetzentwurf die Schnelligkeit der Erneuerung den absoluten Vorrang, nicht die ökonomische Rationalität und auch nicht der ökologische Verstand, denn ein Fernwärmenetz kann – wenn klug konstruiert – unterschiedliche Quellen von erneuerbaren Energien „aufsammeln“, von der Geotherme bis zur Abwärme. Genau das ist klimapolitisch wünschenswert.

Soweit die beiden Kernpunkte. Wenn sie sich tatsächlich schließlich im Gesetz wiederfinden, ist dies ein großer Erfolg der Vernunft. Er sollte richtungsweisend sein für alle weiteren Großprojekte der ökologischen Transformation, die noch anstehen. Klimapolitik muss stets technologieoffene Infrastrukturpolitik sein – und bleiben. Bei aller Entschlossenheit zum Handeln heißt dies auch, dass niemals die Hast des Zwangs und der überschnellen Lenkung die Politik beherrschen darf. Gefragt sind klug aufeinander abgestimmte Gesetzeswerke, die einen rationalen Ablauf der Investitionsentscheidungen gewährleisten und dem Potenzial der technologischen Evolution Rechnung tragen. Die Lektion ist wohl gelernt. Weiter so!

Dieser Beitrag ist erstmalig in der Liberal 03.2023 erschienen.