Menschenrechte & Demokratie
Generation Z-Umfrage: Menschenrechten verpflichtet, besorgt um die Demokratie
In den westlichen, demokratischen Ländern verlieren liberale Ideen bei jungen Wählern an Boden, die mit größerer Wahrscheinlichkeit als je zuvor in der Zeitgeschichte für polarisierende, illiberale Figuren stimmen. Dieser Trend hat sich in den letzten zehn Jahren verstärkt und wurde durch die Wahlen zum Europäischen Parlament im Juni 2024 und die Präsidentschaftswahlen in den Vereinigten Staaten von Amerika im November 2024 weiter bestätigt.
Politiker und Politikerinnen, die dieser Bewegung angehören, säen Misstrauen in demokratische Institutionen. Nicht selten werden sowieso gefährdete Gruppen zu Sündenböcken und stellen ein auf Recht und Gesetzen basierendes politisches System in Frage, das in den Jahrzehnten seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs Hunderten von Millionen von Menschen sichere Chancen geboten hat. Ein öffentlicher Diskurs, der durch populistische Ansätze noch verstärkt wird, erzeugt zunehmendes Misstrauen in Demokratie und Menschenrechte.
Demokratische Werte wie Freiheit, Gleichheit, Würde, Respekt und Fairness gerade bei jungen Bürgerinnen und Bürgern zu fördern, ist ein zentrales Ziel der FNF und liberaler Akteure weltweit. Um die eigenen Rechte und Freiheiten gegen den populistischen Übergriff in unserem System zu schützen, ist es unerlässlich, der Jugend zuzuhören und über ihre Sorgen und die Herausforderungen nachzudenken.
Die UP! for Democracy-Kampagne, in deren Rahmen diese Umfrage in Auftrag gegeben wurde, versucht, den Glauben und das Vertrauen in die Demokratie zu verteidigen und zu stärken, ohne sich vor den schwierigen Gesprächen über ihren derzeitigen Zustand zu scheuen. Der Human Rights Hub stärkt auch die Stimmen von Menschenrechtsverteidigern aus der ganzen Welt, indem sie ihre Geschichten und Erfahrungen in der Publikation für Demokratie-Aktivisten veröffentlicht.
Der Human Rights Hub der FNF veröffentlicht die Ergebnisse dieser Umfrage in unserer liberalen Gemeinschaft, in der Hoffnung, die Bindung junger Menschen an demokratische Werte und Einstellungen zu stärken.
Hintergrund der Umfrage
Die heutige Jugend, die mit dem Internet und neuen Formen der Kommunikation und des Informationsaustauschs aufgewachsen ist, sieht einer Zukunft entgegen, die schwer vorhersehbar ist. Die Generation Z steht diversen Herausforderungen gegenüber. Sie lebt in einem politischen System, das kontinuierlich attackiert wird – von innen, wie von außen. Klimabedingte Folgen werden immer wahrscheinlich mit gravierenden Auswirkungen gerade diese Generation treffen. Generation Z muss sich mit einer Welt auseinandersetzen, die die Erwartungen der Vision direkt nach dem Zweiten Weltkrieg mit Blick auf internationalen und nachhaltigen Frieden, Sicherheit und Entwicklung, noch nicht erfüllt hat. Ob innerhalb oder außerhalb Europas, die Bedrohungen für die liberale Demokratie und die Menschenrechte verbreiten sich.
Illiberale Bewegungen, die demokratischen, freien und fairen Regierungsformen kritisch gegenüberstehen, sei es von den populistischen Extremen der Linken oder der Rechten, haben unter desillusionierten jungen Menschen an Zuspruch gewonnen.
Die letzten Wahlen in der EU (zum Europäischen Parlament im Juni 2024) und in den USA (Präsidentschaftswahlen im November 2024) und das Erstarken populistischer, rechtsextremer Bewegungen zeigen alarmierende Trends. Die Ergebnisse dieser Wahlen deuten auf einen stetigen Wandel in der Wahrnehmung und in den Erwartungen der Jugend hin, die anscheinend bereit ist, ein Risiko für illiberale Akteure einzugehen.
In Frankreich, Deutschland und Polen haben rechtsextreme Parteien ihren Anteil an den Stimmen der Jugendlichen bei den EU-Wahlen von 2019 bis 2024 verdoppelt oder sogar verdreifacht. Die französische Rassemblement National erhielt 30 % der Stimmen von Jugendlichen, zuvor waren es 20 %. In Deutschland stieg die Unterstützung für die AfD landesweit von 5 % auf 16 %, wobei einige östliche Regionen zwischen 29 % und 38 % der Jugendstimmen erhielten. In Polen stieg der Anteil der Konföderationspartei bei den jungen Wählern von 9 % auf 20 %. Die ungarische Generation Z hat bisher nur Victor Orban an der Spitze ihres Landes erlebt.
Die Präsidentschaftswahlen in den USA haben auch gezeigt, dass bestimmte Segmente der Jugend, vor allem junge Männer, sich den populistischen Botschaften von Donald Trump zugewandt haben, der 56 % dieser Wählerschaft für sich gewinnen konnte, im Gegensatz zu 40 % der jungen Frauen.
Jüngste Studien haben die Anziehungskraft nationalistischer Botschaften entschlüsselt; Umfragen haben die Herausforderungen im Zusammenhang mit Demokratie und Menschenrechten untersucht. Es existiert eine deutliche Lücke bei der Frage nach der subjektiven Einschätzung der Achtung der Menschenrechte, einzelne Menschenrechte und der Bewertung der Demokratie. Was assoziieren junge Menschen mit Menschenrechten, welche sind ihnen am wichtigsten, was sind ihre Hoffnungen in Bezug auf ihre persönlichen Rechte und die Zufriedenheit mit der Demokratie in ihren Ländern.
Vor diesem Hintergrund hat der FNF Human Rights Hub eine Umfrage in Auftrag gegeben, die sich an junge Menschen richtet und darauf abzielt, ihre aktuellen Wahrnehmungen und Erwartungen in Bezug auf die Förderung und den Schutz von Menschenrechten und Demokratie zu verstehen. Im Rahmen der Umfrage wurden Rückmeldungen von über 5000 Befragten im Alter von 16 bis 24 Jahren aus den folgenden fünf Ländern gesammelt: Frankreich, Deutschland, Ungarn, Polen und den Vereinigten Staaten.
Wichtigste Ergebnisse
Die Umfrage bestand aus drei Hauptelementen: einer Bewertung von Demokratie und Menschenrechten weltweit und in den jeweiligen Ländern der Befragten, einer Einschätzung der persönlichen Bedeutung bestimmter Menschenrechte und einer Bewertung von Bedrohungen für Menschenrechte. Hier ist eine kurze Zusammenfassung der Ergebnisse.
Die Umfrage ergab, dass sich die Generation Z der Tatsache bewusst ist, dass Menschenrechte die Grundlage für demokratische Werte bilden. Unterschiedliche Erfahrungen und Kontexte haben ihre Einschätzung von Bedrohungen für die Menschenrechte geprägt, jedoch haben die Jugendlichen aus den fünf Ländern gemeinsame Wahrnehmungen in Bezug auf diese globalen Bedrohungen.
Obwohl sich die Generation Z stark für die Menschenrechte einsetzt, ist sie unzufrieden mit der Art und Weise, wie die Regierungen arbeiten. Angesichts der großen Diskrepanz zwischen den Erwartungen und dem derzeitigen Verhalten der Regierungen ist die Gen Z über den Zustand der Demokratie in ihren Ländern besorgt. Der derzeitige Status quo stellt die Gen Z nicht mehr zufrieden.
Die Ergebnisse demonstrieren, dass sich die Jugendlichen der gegenwärtigen Risiken für Menschenrechte bewusst sind. Das Recht auf Privatsphäre und das Recht auf Eigentum stehen ganz oben auf dem Voting der wichtigsten Menschenrechte. Dies steht im Einklang mit der Tatsache, dass im Informationszeitalter eine unüberschaubare Menge an Daten online gesammelt wird. Das Thema der Online-Privatsphäre wird auch in unserer Veröffentlichung Watching the Watchdogs aufgegriffen, die sich auf Journalisten und Menschenrechtsverteidiger konzentriert. Bezahlbarer Wohnraum ist ein allgegenwärtiges Thema in den untersuchten Ländern.
Auf Länderebene fällt auf, dass die Jugend in Ungarn die Demokratie- und Menschenrechtsbilanz der eigenen Regierung am schlechtesten bewertet. Dieser Tendenz ist bei jedem Element des Fragebogens zu beobachten. In Ungarn leben die Jugendlichen, die die Demokratie am geringsten noch als beste Regierungsform ansehen. Ein großer Anteil der ungarischen Gen Z stuft die individuellen Rechte als „nicht wichtig" ein.
Die Antworten auf die Frage nach der Diskriminierung deuten darauf hin, dass sich die Gen Z in gewissem Maße unsicher und unverstanden fühlt, und erklären teilweise ihre Unzufriedenheit mit dem Zustand der Demokratie in ihrem Land.
Eine ausführlichere Darstellung und Analyse der Ergebnisse finden Sie in der Broschüre am Ende dieses Artikels.
Empfehlungen
- Die Ergebnisse dieser Umfrage dienen auch dazu, politische Entscheidungsträger und Beamte zu informieren, um das Verständnis und die Verbindung mit der Gen Z zu erleichtern. Der Hub formulierte einige Empfehlungen, die aus den Daten abgeleitet wurden.
- Die Generation Z ist sich mehrheitlich bewusst, dass Menschenrechte die Grundlage der demokratischen Werte bilden. Ihre Antworten zur Universalität und zur jeweiligen Ländersituation zeigen eine Verbundenheit mit einem Wertesystem, das auf Freiheit und Gleichheit beruht.
- Geprägt durch unterschiedliche persönliche Erfahrungen und Sozialisierungen zeigen die Jugendlichen aus den fünf Ländern ein gemeinsames Bewusstsein gegenüber den globalen Bedrohungen für Demokratie und Menschenrechte.
- In den EU-Ländern und den USA erhalten die abgefragten Menschenrechte dieselbe Bewertung. Die Verflechtung von Gedanken und Wahrnehmungen erklärt sich durch eine grenzenlose Kommunikation und zunehmend ineinander greifende Lebens-realitäten.
- Die Generation Z ist von der Demokratie enttäuscht und hat sich teilweise abgewandt. Während sich die Generation Z stark zu Menschenrechten bekennt, ist sie mit der Arbeitsweise ihrer eigenen Regierung nicht zufrieden.
- Demokratische Regierungen und Politiker stehen in der Pflicht, die Errungenschaften der liberalen Demokratie sichtbar zu machen und klar für den Schutz der Menschenrechte einzutreten.
Die Umfrage der Generation Z zeigt, dass die Anwendung rechtsbasierter Werte eine erfolgreiche Strategie für stärkere Demokratien ist.
Daten
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Hier finden Sie die vollständigen Resultate.