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US-Wahlen 2024
Können Trumps Konkurrenten den Rückstand verkürzen?

Die wichtigsten Erkenntnisse aus der zweiten Vorwahl-Debatte der US-Republikaner

Es war ein seltsames Schauspiel, das sich darbot unter dem Präsidentenflugzeug Air Force One, das im großen Saal der Ronald Reagan Presidential Library ausgestellt ist: Der Weihrauch der Vergötterung zog durch die gesamte Veranstaltung - in Form von regelmäßig eingespielten Ausschnitten aus Reden und Debatten des Schauspielerpräsidenten der 80er Jahre: Ein nostalgischer Rückgriff auf Zeiten, in denen sich die Republikanische Partei und auch viele “Reagan Democrats” hinter einer konservativen Ikone vereinten. Die amerikanischen Wähler von 2023 sind dagegen so gespalten wie selten zuvor. Das spiegelte sich auch im Verlauf der zweiten Vorwahldebatte der Republikaner wider, die am Mittwochabend stattfand.

Ausdifferenzierung der Kandidaten schafft keine Klarheit

Es wurde das Bedürfnis aller Kandidaten deutlich, sich stärker voneinander abzugrenzen. Nachdem der in den Umfragen haushoch führende Donald Trump erneut seine Teilnahme abgesagt hatte, ging es nun darum, ob einer der Kandidaten sich auf dem zweiten Platz würde etablieren können, um überhaupt noch eine nennenswerte Chance auf die Nominierung als Präsidentschaftskandidat der Republikaner zu haben. Dieses Ansinnen war aber wenig erfolgreich, denn die oft persönlichen Angriffe führten dazu, dass immer wieder ein wildes Tohuwabohu entstand, das es dem Publikum schwer machte, der Debatte zu folgen. Dabei wurde der offene Schlagabtausch nicht mal bis zur letzten Konsequenz ausgetragen - das hätte nämlich bedeutet, die Konkurrenten so weit zu beschädigen, dass sie aus dem Rennen hätten aussteigen müssen. So weit wollte allerdings niemand gehen. Das wurde deutlich in der Schlussfrage der Moderatorin, als alle Beteiligten einen Namen eines Mitbewerbers nennen sollten, dem sie ein Verlassen des Rennens um die Präsidentschaftskandidatur nahelegen würden. Unter Protest weigerte sich das Podium, dieser Aufforderung nachzukommen, mit der Begründung, man wolle den politischen Konkurrenten nicht einen so unangemessenen Disrespekt erweisen. So konnte sich letztlich weder ein Kandidat aus dem Hintergrund nach vorne spielen, noch völlig für den weiteren Wahlkampf disqualifizieren. 

Stumpfes Schwert gegen Donald Trump

Zumal auch Attacken gegen Trump nur selten und halbherzig vorgetragen wurden. Es wurde die Zwangslage deutlich, die daraus entsteht, dass man sich gegenüber einem Rivalen zu profilieren hat, dessen Präsidentschaft von den republikanischen Wählern überwiegend positiv gesehen wird. Somit verbietet sich ein scharfer Konfrontationskurs, um es sich mit dieser Wählerschaft nicht zu verscherzen. Die Angriffe beschränkten sich auf einige Seitenhiebe, die sich auf die Abwesenheit Trumps bezogen. Der frühere Gouverneur von New Jersey, Chris Christie, verspottete ihn und nannte ihn „Donald Duck“, weil er sich aus der Debatte “wegduckte”. Der Gouverneur von Florida, Ron DeSantis, sprach gar von “missing in action” und brachte damit etwas brachial das Vokabular seiner Vergangenheit im US-Militär zum Einsatz. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der Politik Trumps und dessen diverser Skandale fand jedoch nicht statt.

Joe Biden blieb weitgehend ungeschoren

Wer nun erwartet hätte, dass sich die Kandidaten auf den amtierenden Präsidenten der Gegenpartei einschießen würden, sah sich ebenfalls weitgehend enttäuscht. Die großen Schwachpunkte Bidens, die im Wahlkampf zu erwarten sind - seine vermutete altersbedingte Schwäche, die Anklage gegen Bidens Sohn Hunter wegen illegalen Waffenbesitzes, oder das von einigen republikanischen Abgeordneten angestrebte Amtsenthebungsverfahren - kamen nicht zur Sprache. Die Kritik an der demokratischen Partei spielte sich auf einer rein ideologischen Ebene ab, indem sich die Kandidaten an einer vorgeblich zu “woken” Politik der Demokraten abarbeiteten - etwa wenn es um schwul-lesbische Themen im Lehrplan der Schulen oder um die kritische Behandlung der Geschichte von Rassismus in den USA geht - wogegen ja gerade DeSantis in Florida mit einem “Stop Woke Act” vorgegangen ist.

Konservative Schlagseite und vorsichtige Distanzierung von der Ukraine

Während diese Themen in einer Präsidentschaftsdebatte eigentlich fehl am Platz sind, da die Schulpolitik in den USA weitgehend Sache der Bundesstaaten ist, kamen auch Außen- und sicherheitspolitische Fragestellungen zur Sprache, mit denen sich ein künftiger US-Präsident wird auseinandersetzen müssen. In Fragen der Einwanderungspolitik und der Abtreibung überboten sich die Kandidaten mit Ansichten, die in Deutschland als fundamentalistisch aufgefasst werden würden. Und außenpolitisch wurde mantra-artig China als eigentlicher geopolitischer Gegner des Westens benannt, während der Pharmaunternehmer und konservative Aktivist Vivek Ramaswamy und vorsichtig auch Ron DeSantis sich von einer Nibelungentreue zur Ukraine distanzierten (“kein Blankoscheck”).  

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der eigentliche Sieger, der aus der Debatte hervorging, der sogenannte “Elefant im Raum” war, also Donald Trump - dessen Strategie, sich aus den Debatten rauszuhalten, während sich die Anderen in politischem Klein-Klein beharken, an diesem Abend voll aufging.