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Eine Kolumne von Karl-Heinz Paqué

Landwirtschaft
Bauern gegen Bürokratie!

Die Deutsche Landwirtschaftsgesellschaft (DLG) zeigt, wie es gehen könnte. Die Politik sollte zuhören.
Landwirtschaft
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Bürokratische Absurditäten in der Landwirtschaft

Sieben Jahre dauerte es. Und füllte am Ende 56 dicke Aktenordner. Die Rede war von einem Genehmigungsverfahren für den Bau eines einzigen Schweinestalls in Deutschland.

Es war das spektakulärste, aber bei weitem nicht das einzige Beispiel für die Absurdität der Bürokratie in der Landwirtschaft in Deutschland, berichtet von Falk Voss-Hagen, einem erfahrenen Landwirt aus Schleswig-Holstein, der auf Fehmarn unter anderem Schweine aufzieht und mästet. Vor 20 Jahren wäre - seiner eigenen Schätzung nach - ein ähnliches Verfahren in 1 1/2 Jahren über die Bühne gegangen, mit deutlich weniger Verwaltungsaufwand und Bürokratie.

Konkrete Reformvorschläge zur Verbesserung

Aber der Unternehmer Voss-Hagen jammerte nicht, sondern machte konkrete Vorschläge zur Verbesserung der Lage, so u. a. die Schaffung eines gesicherten Datenraums, in dem alle für einen Genehmigungsprozess notwendigen Dokumente gesammelt, über Schnittstellen allen beteiligten Personen vom Landwirt über den Architekten bis hin zur Behörde zugänglich gemacht werden - inklusive digitalen Unterschriftsverfahren. So einfach könnte das sein. Voraussetzung natürlich: komplette Digitalisierung. Und die Bereitschaft aller einschließlich des Staates, gut koordiniert, zügig und zielgerichtet zu handeln.

Reformwillen und Frustration bei der Wintertagung der DLG

Eine Fülle solcher durchdachter Reformvorschläge wurden in dieser Woche in Leipzig bei der Wintertagung der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft vorgetragen und diskutiert - mit einem Publikum von einigen Hundert Landwirtinnen und Landwirten aus ganz Deutschland. Die traditionsreiche Gesellschaft, gegründet 1885, versteht sich schon immer als Speerspitze einer modernen Landwirtschaft, die sich zu verantwortungsvollem Unternehmertum und technologieoffener Fortentwicklung bekennt. Es gab wenig Polemik und Protest, aber viel konstruktiven Reformwillen - allerdings auch eine gewisse Frustration über die Politik, wobei weniger der Agrardiesel als die bürokratischen Bürden und Hürden im Vordergrund standen. "Ziele statt Zügel" lautete der Titel der Tagung, und er trifft den Kern der Forderungen einer selbstbewussten Bauernschaft: Alle sind bereit, ökologische und klimapolitische Leitplanken zu akzeptieren, aber bitte unter Wahrung der unternehmerischen Freiheit, Minimierung des bürokratischen Aufwands und Maximierung der Technologieoffenheit auf dem Weg zum Ziel.

Genau diese liberale Botschaft kam auch von mir selbst als Teilnehmer der Tagung - mit meiner Keynote zur Eröffnung. Wir brauchen global eine zweite "Grüne Revolution", und die wird in Deutschland nur gelingen mit unternehmerischer Innovationskraft, flächendeckender Digitalisierung, technologie-freundlicher Gestaltung der Rahmenbedingungen sowie Abschluss von Freihandelsabkommen. Und vor allem natürlich: durch Abbau von Bürokratie. Nur so können wir im Übrigen unternehmerisch begabte junge Menschen für den faszinierenden Beruf der Landwirtin und des Landwirts begeistern - trotz ungünstiger demografischer Trends und zunehmender Knappheit an Fachkräften. Kurzum: Entfesselung statt Gängelung! Oder im Wording der Leipziger Tagung: Ziele statt Zügel.