Auslandsakademie
Community for change
Es war Juli 2021 als ich näher als jemals zuvor zu spüren bekam wie schnell auch unsere kleine heile Welt erschüttert werden kann. Viele Menschen um mich herum verloren durch die Flut ihr Zuhause, ihre Existenz. Gleichzeitig war es absolut faszinierend nicht nur wie hilfsbereit viele Mitmenschen waren, sondern auch wie schnell und effektiv der deutsche Staat finanzielle und soziale Hilfe bereitgestellt hat.
Aber was passiert, wenn diese staatliche Unterstützung wegfällt? Wenn man in Katastrophensituationen als Bevölkerung komplett auf sich alleine gestellt ist? Genau mit dieser Situation wurde die Bevölkerung Beiruts nach der Explosion im August 2020 konfrontiert.
“Uns war von Anfang an bewusst, dass wir vom libanesischen Staat keine Unterstützung zur Bewältigung der Explosionsfolgen bekommen werden. Das war keine Überraschung. Wir sind damit aufgewachsen, haben gelernt damit zu leben und uns selbst zu helfen.” war Josephines Antwort auf diese Fragen.
Die Explosion am 4.8.20 traf Getawi , ein ohnehin schon sehr armes, christliches Viertel hart. Großteile der Häuser und auch das Krankenhaus wurden beschädigt, Supermärkte existierten nicht mehr. Die ohnehin schon eingeschränkte Versorgung mit lebensnotwendigen Gütern brach noch weiter zusammen. Bereits ein Tag nach der Explosion nahmen es sich 5 junge Menschen des Viertels zur Aufgabe diesen Zustand nicht einfach so zu akzeptieren. Sie kochten Essen aus gespendeten Lebensmitteln und verteilten es an die Menschen in Not. Damit war die Nation Station geboren.
Genau an diesem wundervollen Ort durften wir einen Teil unseres Nachmittags verbringen und mit einer der Gründer/innen, Josephine Abou Abdo, sprechen. Inzwischen nutzt die Organisation eine leerstehende Tankstelle für ihre Arbeit, wo wir sehr herzlich mit einem leckeren Mittagessen begrüßt wurden. Anschließend berichtete uns Josephine über ihre Arbeit in der Nation Station, our baby, wie sie es liebevoll nennt.
War die Nation Station zu Anfang eine Katastrophenhilfe, um mit Hilfe von Freiwilligen die Menschen in Not mit Lebensmitteln und Medikamenten zu versorgen und bei Aufräum- und Wiederaufbaumaßnahmen zu helfen, ist sie heute weit mehr als das. Neben Freiwilligen Helfern aus aller Welt und den 5 Gründer/innen arbeitet inzwischen auch 22 Angestellte in der Organisation, hauptsächlich Menschen aus dem eigenen Viertel. Die Arbeit der Organisation kann in 5 Bereiche eingeteilt werden:
1. Food department: jeden Tag werden 250 kostenlose Mittagessen an Menschen in Not zur Verfügung gestellt
.2. Greening, PR and events
3. Medical department: kostenloser Zugang zu medizinischer Grundversorgung und Medikamenten, was in dem privatisieren libanesischen Gesundheitssystem nicht
4. Reconstruction department
5. Women center: dieser Bereich beschäftigt sich mit der Entwicklung von erschwinglichen und wiederverwendbaren Hygieneprodukten für Frauen, sowie der Aufklärung und Stärkung der Rolle der Frau in der Gesellschaft.
Aufgrund der fehlenden Unterstützung des Staates finanziert sich die Nation Station ausschließlich durch internationale NGOs und private Spenden.
Im Gespräch mit Josephines wurde aber auch deutlich, dass die Arbeit nicht immer einfach ist: " Most of us founders had to quit our job and we don't get paid much. All my friends left the Lebanon and often enough I wonder if I’m doing the wrong thing here. But what keeps me going are my colleagues and the people we help day by day.. they are our community, our family. We overcome this trauma together and hope that one day the circumstances are others."
Da ich nicht ansatzweise die beeindruckende und wichtige Arbeit der Nation Station in diesem Blog würdigen kann hier noch der Link zu ihrer Website: https://nation-station.org/#team.
Thea Benkel, 10. Semester Humanmedizin.