Liberale Menschenrechtsarbeit 2020
Der FNF-Menschenrechtsbericht
LIBERALE MENSCHENRECHTSARBEIT 2020
Das Jahr 2020 im Rückblick ist geprägt von der Corona-Pandemie. Das Virus hat deutlich gemacht, wie wichtig es ist, die richtige Balance zwischen Gesundheitsschutz und Freiheit zu finden. Die Pandemie hat aber auch offenbart, dass immer mehr Regierungen und Staatsführungen weltweit Ängste unter den Bürgern schüren und rechtfertigen, um rigide Einschränkungen von Grundfreiheiten zu rechtfertigen, anstatt ihre Macht auf Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte zu gründen. Das demokratische Versprechen der gleichen Teilhabe für alle wird oft gebrochen oder gar nicht erst verfolgt.
In vielen Ländern bedrohen Gesetze eine aktive Zivilgesellschaft, und politische Maßnahmen, die die Fähigkeiten des Einzelnen fördern und Entwicklungsmöglichkeiten schaffen, werden stark eingeschränkt. In Hongkong und Weißrussland sind Menschen, die friedlich protestieren, um ihre eigene politische Meinung zu äußern und ihr Recht auf Demokratie und Freiheit einzufordern, Opfer von enormer staatlicher Gewalt geworden. Sowohl offline als auch online verschwimmen zunehmend die Grenzen zwischen Fakt und Fiktion. Ausgeklügelte Desinformationskampagnen machen es immer schwieriger, die Wahrheit zu erkennen und für sie einzutreten.
Dennoch ist die Achtung der Menschenrechte eine völkerrechtliche und moralische Verpflichtung aller Regierungen. Nur so entstehen starke Demokratien und Staaten, die auf dem Boden der Rechtsstaatlichkeit stehen, weil ihre Regierungen ihre Menschen mit Respekt behandeln. Covid-19 hat uns gelehrt, dass wir in vielen Bereichen umdenken müssen. Nicht nur die Pandemie, sondern auch der Klimawandel und der Umgang mit Desinformation sind Themen, für die wir vor allem globale Antworten brauchen. Überall dort, wo die Politik versagt und das Eigeninteresse der Staatsführer vor das Gemeinwohl gestellt wird, eröffnen Protestbewegungen eine Perspektive für Entwicklung.
Die Unterstützung und Förderung der demokratischen Entwicklung ist das Ziel der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit, deren Schwerpunkte Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte, politische Bildung und liberale Demokratie sind. Wenn weiterhin die Interessen Einzelner und der Machterhalt die politischen Entscheidungen dominieren, steht die Freiheit aller auf dem Spiel. Eine liberale Demokratie kann es nur geben, wenn die Freiheit und Gleichheit jedes Einzelnen gleichermaßen verwirklicht wird.
Rechtsstaatlichkeit und Demokratie entstehen aus dem Drang der Menschen nach Gerechtigkeit, Gleichheit und Freiheit und ihrem Bedürfnis, gehört zu werden. In ihrer Menschenrechtsarbeit fördert, begleitet und stärkt die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit über ihre Projektpartner in 60 Ländern Nichtregierungsorganisationen, politische Entscheidungsträger und Menschenrechtsaktivisten. Unser Hauptthema in diesem Jahr ist der Kampf gegen Desinformation und Falschnachrichten, damit sich Bürgerinnen und Bürger eine eigene Meinung bilden können, die auf Fakten beruht und frei von Manipulation ist.
"Menschenrechte sind die einzige universelle Sprache", erklärt Abdel-Rahman Zbibh, der diesjährige Preisträger des Raif Badawi Award, die Motivation für seine Menschenrechts- und Journalistenarbeit im nach wie vor im Krieg befindlichen Jemen. Dieser Bericht leistet einen wichtigen Beitrag zum Verständnis, dass der Einsatz für die Menschenrechte in Zeiten schwindender globaler Freiheiten wichtiger denn je ist.
Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen.
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. Stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit und ehemalige Bundesjustizministerin.