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From Poland With Love – März
Topic of the Month
Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine
- Die Premierminister der Tschechischen Republik, Sloweniens und Polens besuchten am 15. März Kiew, um ihre Solidarität mit dem überfallenen Land zu bekunden. Petr Fiala, Janez Jansa und Mateusz Morawiecki begleitet von Jarosław Kaczyński trafen sich mit Präsident Wolodymyr Selenskyj und Premierminister Denis Schmyhal. "Europa muss die Unabhängigkeit der Ukraine garantieren und sicherstellen, dass es bereit ist, beim Wiederaufbau der Ukraine zu helfen", so Morawiecki in einem Tweet im Vorfeld des Besuchs. In Kiew forderte Kaczyński die Entsendung einer internationalen Friedensmission in die Ukraine und deren Schutz durch die NATO. Die Reise stieß in Polen und in Europa auf überwiegend positive Resonanz. Bundeskanzler Olaf Scholz sagte, es sei "gut, wenn auf verschiedene Weise versucht wird, in dieser Situation hilfreich zu sein“. Die Hauptkritik folgte nach der Reise und betraf den Vorschlag von Kaczyński, der ohne Konsultationen mit den NATO-Partnern angekündigt worden war. Das Bündnis selbst und einige seiner führenden Vertreter, darunter auch US-Präsident Joe Biden, haben bisher ausgeschlossen Truppen in die Ukraine in jeglicher Form, zu entsenden. Wolodymyr Selenskyj kommentierte, dass er Kaczyńskis Idee nicht verstehe und stoppte alle weiteren Diskussionen über die Friedensmission.
- US-Präsident Joe Biden besuchte Polen. Biden landete in Rzeszów im Südosten des Landes. Er besuchte einige der US-Truppen (82. Luftlandetruppen), die in die Nähe der polnischen Grenze geschickt wurden, um bei der humanitären Notlage zu helfen und die US-Militärpräsenz an der Ostflanke der NATO zu verstärken. Gemeinsam mit dem polnischen Präsidenten Andrzej Duda traf er auch mit humanitären Experten zusammen. Duda sollte Biden am Flughafen begrüßen, aber sein Flugzeug hatte wegen eines technischen Problems Verspätung. Die offizielle Begrüßung fand am zweiten Tag des offiziellen Besuchs im Präsidentenpalast in Warschau statt. Während seiner Rede im Königsschloss sagte Biden, dass Wladimir Putin "nicht an der Macht bleiben kann". Er erinnerte an Polens vier Jahrzehnte hinter dem Eisernen Vorhang und betonte, dass die Demokratien der Welt dem Diktator Putin dringend entgegentreten müssen, da er eine Bedrohung für die globale Sicherheit darstelle. "In diesem Kampf müssen wir einen klaren Blick haben", sagte der US-Präsident. "Dieser Kampf wird auch nicht in Tagen oder Monaten gewonnen werden. Wir müssen uns für den langen Kampf wappnen“, fügte er hinzu. Biden hob das Engagement der USA gegenüber der Ukraine und der NATO hervor, einschließlich der Zusage, "jeden Zentimeter des NATO-Territoriums mit der vollen Kraft unserer kollektiven Macht" zu verteidigen.
- Washington hat Warschaus Plan zurückgewiesen, den USA ihre MiG-29-Kampfjets zur Unterstützung der Ukraine zu übergeben. Beide Regierungen arbeiteten im Geheimen daran, den Transfer der Kampfflugzeuge zu retten, aber das Pentagon schien von der Erklärung des polnischen Außenministers Zbigniew Rau überrascht zu sein, der sagte, dass die polnische Regierung bereit sei, "sofort und kostenlos alle ihre MiG-29-Jets auf dem Luftwaffenstützpunkt Ramstein zu stationieren und sie der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika zur Verfügung zu stellen". Die amerikanischen Partner antworteten, dass das Risiko einer Provokation Russlands durch den Einsatz von Flugzeugen vom NATO-Gebiet aus zu groß und die Belohnung zu gering sei."Wir werden uns weiterhin mit Polen und unseren anderen NATO-Verbündeten über dieses Thema und die damit verbundenen schwierigen logistischen Herausforderungen beraten, aber wir glauben nicht, dass Polens Vorschlag haltbar ist", sagte der Pressesprecher des Pentagon, John Kirby. Zwei Wochen später erklärte das Pentagon nach Angaben des ukrainischen Verteidigungsministeriums, die Vereinigten Staaten hätten keine Einwände gegen die Verlegung von Kampfflugzeugen nach Kiew.
- Die ukrainische Delegation sagte bei den Gesprächen mit den Russen in Istanbul, Kiew schlage ein neues System von Sicherheitsgarantien für die Ukraine vor. Ihm zufolge sieht Kiew die Länder des UN-Sicherheitsrates sowie die Türkei, Deutschland, Kanada, Italien, Polen und Israel als Garanten der Sicherheit. Jarosław Kaczyński antwortete, Polen sei bereit, ein Garant für die Sicherheit der Ukraine zu werden, wenn die Vereinigten Staaten ebenfalls zu den Garanten gehören.
- Die polnische Regierung kündigte Pläne an, den Import von russischer Kohle innerhalb von zwei Monaten und von russischem Öl bis Ende dieses Jahres einzustellen. Die Regierung billigte ein Gesetz zur Einführung eines Verbots, das möglicherweise gegen die EU-Handelsvorschriften verstößt. Premierminister Morawiecki erklärte, sein Kabinett arbeite an einem Programm zur "Entrussifizierung" der Gasversorgung des Landes. Er kritisierte Länder, die "nichts tun", um ihre Abhängigkeit von Russland zu verringern. "Es darf keine Wiederholung der Dummheit, der schlechten kriminellen Politik geben, die eine Abhängigkeit von Russland geschaffen und Putin und Russland Euro und Dollar gegeben hat, um ihr militärisches Arsenal auszubauen und ihre Nachbarn anzugreifen", sagte er.
- Über 2,3 Millionen Flüchtlinge aus der Ukraine überquerten die Grenze zu Polen. Mehr als eine halbe Million Menschen reisten durch Warschau und 300.000 von ihnen blieben in der Hauptstadt. Dies bedeutet einen Anstieg der Einwohnerzahl um 17 %. In Krakau ist dieser Anteil sogar noch höher. Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) wird als Reaktion auf den Zustrom von Flüchtlingen ein Büro in Krakau eröffnen.
- Das polnische Parlament verabschiedete ein Sondergesetz zur Unterstützung ukrainischer Bürger, die nach dem Einmarsch Russlands aus der Ukraine geflohen sind. Das Sondergesetz enthält Bestimmungen über Rechte, Unterstützung und Leistungen für ukrainische Staatsbürger, die in Polen Zuflucht gesucht haben. Laut Gesetz dürfen ukrainische Staatsbürger, die während des Krieges nach Polen einreisen, 18 Monate bleiben, mit der Option, den Aufenthalt auf bis zu 3 Jahre zu verlängern. Sie haben das Recht, legal in Polen zu arbeiten, und diejenigen, die keine Arbeit finden, können Arbeitslosengeld nach denselben Regeln beantragen, die für polnische Staatsbürger gelten. Diejenigen Ukrainer, die eine polnische Sozialversicherungsnummer (PESEL) erhalten haben, können in Polen zu den gleichen Bedingungen wie polnische Staatsbürger geschäftlich tätig sein und haben Anspruch auf die gleichen Gesundheitsleistungen. Im Bereich der Leistungen haben die vom Gesetz erfassten Personen unter anderem Anspruch auf: Familienbeihilfe, Leistungen für Einzelkinder, Pflegegeld, Elterngeld, Kindergeld (sog. "500+"), Ernährungshilfe, Sonderhilfe für Menschen mit Behinderungen.
- Die polnische Regierung wird Verfassungsänderungen vorschlagen, um das Vermögen russischer Oligarchen in Polen zu beschlagnahmen. Katarzyna Lubnauer von der liberalen Nowoczesna-Partei sagte, es seien keine Verfassungsänderungen notwendig, um gegen Oligarchen vorzugehen und andere Länder hätten bereits Oligarchenvermögen beschlagnahmt.
- Polen forderte die Europäische Union auf, den Mitgliedstaaten neue Formen der Finanzierung zur Verfügung zu stellen, um ihnen bei der Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine zu helfen. Die polnischen Behörden schätzen, dass die Unterstützung für Menschen, die nur im ersten Monat aus der Ukraine geflohen sind, 2,2 Milliarden EUR gekostet hat. Offiziell erklärt PiS-Chef Jarosław Kaczyński jedoch, dass Polen keine ausländische Hilfe zur Bewältigung der Flüchtlingskrise benötigt. Die Europäische Kommission erklärte, dass sie bis zu 17 Milliarden Euro für die Unterstützung von Mitgliedstaaten bereitstellen kann, die Flüchtlinge aufnehmen. Die Kommunen bitten um europäische und internationale Hilfe, da sie den Großteil der Aktivitäten für die Flüchtlinge selbst finanzieren müssen und die Regierung ihre außerordentlichen Ausgaben nicht erstattet. NGOs und die Opposition appellieren an die EU, dass möglichst viele Mittel für Flüchtlinge von NGOs verteilt werden sollen.
- Ca. 90.000 ukrainische Kinder haben sich bereits in polnischen Schulen angemeldet. Einige von ihnen besuchen spezielle Vorbereitungsklassen für Schüler, die kein Polnisch sprechen, andere – reguläre Klassen mit polnischen Schülern. Der Polnische Lehrerverband (ZNP) warnt davor, dass das Bildungssystem "auf einen Tsunami zusteuert", da die polnischen Schulen nicht bereit sind, so viele neue Kinder in so kurzer Zeit aufzunehmen. Ein Problem ist die Kapazität der Gebäude, aber das Wichtigste ist der Mangel an Lehrern. Laut ZNP sollen sogar 50.000 neue Lehrer eingestellt werden (im dramatischsten Szenario würden sich 600.000 ukrainische Schüler an polnischen Schulen anmelden), und sie werden Gehaltserhöhungen benötigen.
- Die Polen wenden sich von ausländischen Einzelhändlern ab, die seit dem Einmarsch in die Ukraine in Russland geblieben sind. Die Umsätze in den von solchen Unternehmen betriebenen Geschäften in Polen sind nach Angaben verschiedener Banken zurückgegangen. Die französischen Marken Leroy Merlin, Decathlon und Auchan stehen unter der größten Kritik. Verbraucher organisieren Proteste vor ihren Geschäften. Polnische Unternehmen brechen die Beziehungen zu ihnen ab. Der polnische Staatsfunk beschloss daraufhin, die Werbespots von Leroy Merlin nicht mehr zu senden. Zahlreiche Einzelhandelsketten in Polen haben angekündigt, dass sie keine russischen Waren mehr führen werden. Der Boykott ist nicht an den polnischen Tischen vorbeigegangen. Viele Verkäufer und Hersteller haben den Namen von "pierogi ruskie" - eines der beliebtesten Gerichte in Polen - geändert: "pierogis" sind mit Kartoffeln und Quark gefüllte Teigtaschen. Sie wurden in "Ukrainische Pierogi" umbenannt, obwohl das Wort "Ruskie" nicht Russisch, sondern Ruthenisch bedeutet…
- 20 % der kleinen und mittelständischen Unternehmen in Polen mussten aufgrund des Krieges in der Ukraine und der Sanktionen gegen Russland bereits ihre Geschäftstätigkeit einschränken. 56% von ihnen hielten negative Auswirkungen des Krieges für unvermeidlich (BIG InfoMonitor). Besonders betroffen sind Unternehmen aus dem Transport- und Logistiksektor, insbesondere aus Ostpolen.
- Polen hat 45 Diplomaten ausgewiesen, die beschuldigt werden, Spione zu sein. Laut polnischen Sicherheitsdiensten hat Russland sowohl polnisches Recht, als auch das Wiener Übereinkommen von 1961 über diplomatische Beziehungen, verletzt. Russlands Botschafter in Polen, Sergej Andrejew, wies die Vorwürfe zurück.
- Die polnische Botschaft in Moskau teilte mit, dass ihr Bankkonto von den russischen Behörden gesperrt wurde. Kurz nach Beginn der russischen Invasion versuchten Mitarbeiter der russischen Botschaft in Warschau, 2 Millionen Euro von einer Bank abzuheben. Aber das Bankkonto war bereits gesperrt.
- Eine Gruppe von Kriegsgegnern, die ein Transparent mit der Aufschrift "Weg mit dem Faschismus" hielten, spritzten rote Farbe an die Tore der russischen Botschaft in Warschau.
- Polen hat eine diplomatische Kampagne gestartet, die darauf abzielt, Russland aus der G20-Gruppe zu entfernen. Warschau möchte Moskau im Club der am weitesten entwickelten Volkswirtschaften der Welt ablösen. Das polnische BIP ist deutlich größer als das von Südafrika und Argentinien, die Mitglieder der G20 sind.
Politik
Erleichterter Zugang zu Waffen?
Die Republikanische Partei, Mitglied der von der PiS geführten Koalition der Vereinigten Rechten, schlug vor, die Vorschriften für den Waffenbesitz zu lockern und das Verfahren für die Beantragung einer Waffenerlaubnis zu verkürzen. "Die polnische Gesellschaft ist bereit, verschiedene Arten von Organisationen, darunter auch Nichtregierungsorganisationen, auszubilden und zu gründen, um das Vaterland zu verteidigen", erklärte der Abgeordnete Arkadiusz Czartoryski bei der Eröffnung der Diskussion über die neuen Vorschriften.
Seit dem Beginn der russischen Invasion in der Ukraine interessieren sich die Polen immer mehr für Waffen und Selbstverteidigung. Schießstände im ganzen Land verzeichnen einen erheblichen Anstieg der Anzahl von Personen, die den Umgang mit einer Waffe erlernen wollen. Waffengeschäfte, vor allem in Ostpolen, haben Mühe, mit der Nachfrage besorgter Einheimischer Schritt zu halten.
Auch der ultrakonservative Bildungsminister Przemysław Czarnek kündigte an, dass die Schulen nach der Sommerpause Verteidigungstraining und Schießübungen für Schüler anbieten werden.
Mit nur 2,5 Schusswaffen pro 100 Einwohner ist Polen derzeit das am wenigsten bewaffnete Land in Europa und der EU. Aber die Zahl der ausgestellten Waffengenehmigungen ist stetig gestiegen und erreichte 2020 15.330.
Offizielles Ende der Pandemie
Am 28. März hob Polen die meisten verbleibenden Covid-19-Beschränkungen auf.
Die Verwendung von Gesichtsmasken in Innenräumen ist mit Ausnahme von Gesundheitseinrichtungen nicht mehr obligatorisch. Positiv getestete Personen und solche mit Covid-19-Symptomen sind nicht verpflichtet, sich selbst zu isolieren, sondern es wird ihnen lediglich geraten, dies zu tun. Kostenlose Tests werden nicht mehr für die breite Öffentlichkeit angeboten, sondern nur noch auf ärztliche Verschreibung.
Polen hat auch die meisten seiner Covid-19-Reisebeschränkungen aufgehoben, einschließlich der Quarantäneanforderungen für Reisende, die aus Nicht-EU-/Schengen-Ländern einreisen. Außerdem ist beim Grenzübertritt kein Impfnachweis und kein negatives Testergebnis mehr erforderlich.
Nach Angaben des Nationalen Instituts für öffentliche Gesundheit hat Polens Herdenimmunität inzwischen 90 % erreicht.
Einige Experten sind überrascht, dass das Gesundheitsministerium beschlossen hat, alle Beschränkungen aufzuheben, während viele andere europäische Länder mit der sechsten Welle konfrontiert sind. Außerdem glauben laut dem Forschungsinstitut CBOS 46 % der Polen, dass die Pandemie noch nicht vorbei ist und das Land in Zukunft mit weiteren Wellen rechnen sollte.
Liberaler Vorsitzender wiedergewählt
Während des Nowoczesna-Kongresses in Warschau wurde der Abgeordnete Adam Szłapka zum Vorsitzenden der polnischen liberalen Partei wiedergewählt. Szłapka erhielt 174 Stimmen der Delegierten, sein Kontrahent Krzysztof Mieszkowski nur 24.
Szłapka, geboren 1984, ist Abgeordneter der zweiten Wahlperiode, Mitglied des Ausschusses für besondere Dienste und Vorsitzender der parlamentarischen Gruppe für die Zukunft der Europäischen Union. Bevor er in den Sejm einzog, arbeitete er in der Kanzlei des polnischen Präsidenten Bronisław Komorowski, zuvor war er Direktor des liberalen Thinktanks Projekt: Polska.
Europäische Angelegenheiten
Ein weiterer Verstoß gegen den EMRK
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat sich erneut auf die Seite eines polnischen Richters gestellt, der sagt, er sei in der jüngsten Entscheidung gegen Warschau wegen dem Vorwurf der fehlenden Rechtsstaatlichkeit ungerechtfertigt entlassen worden.
Das Straßburger Gericht entschied, dass Polen gegen Artikel 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention verstoßen hat. Diesmal hat Polen es versäumt, die Rechte des ehemaligen Richters des Obersten Verwaltungsgerichts (NSA) Jan Grzęda auf ein faires Verfahren zu schützen ?, nachdem er nach den 2017 vorgenommenen Änderungen des Justizsystems aus dem Richteramt entfernt wurde. "Infolge der aufeinander folgenden Reformen wurde die Justiz - ein autonomer Zweig der Staatsgewalt - der Einmischung der Exekutive und der Legislative ausgesetzt und dadurch erheblich geschwächt. Der Fall des Beschwerdeführers ist ein Beispiel für diesen allgemeinen Trend", stellte das Gericht fest. "Der Gerichtshof stellt fest, dass der beklagte Staat aufgrund der fehlenden gerichtlichen Überprüfung in diesem Fall das Wesen des Rechts des Beschwerdeführers auf Zugang zu einem Gericht beeinträchtigt hat“, fuhr er fort.
Der EGMR hat bereits in fünf anderen Fällen entschieden, in denen Richter von der Justizreform betroffen waren, und sich in allen Fällen gegen Polen gestellt. Weitere 93 Anträge sind bei dem Gericht anhängig.
Auf der anderen Seite entschied das völlig politisierte polnische Verfassungsgericht (TK) erneut, dass Teile der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) nicht mit der polnischen Verfassung vereinbar sind. Die TK, angeführt von Jarosław Kaczyńskis Freundin Julia Przyłębska, sagte, der EGMR habe nicht die Kompetenz, die Verfassungsmäßigkeit und Vereinbarkeit zu überprüfen.
Die Rechtsstaatlichkeit ist unser Schatz
Das Europäische Parlament hat eine Entschließung angenommen, in der die rasche Umsetzung der Auflagen zur Rechtsstaatlichkeit vorgeschlagen wird, die die Zahlung von EU-Mitteln an Mitgliedstaaten bindet, die die Grundprinzipien der EU anwenden. Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zum Mechanismus der "Rechtsstaatlichkeits-Konditionalität", der das Klagen von Warschau und Budapest gegen die Rechtsstaatlichkeits-Konditionalität abgewiesen hat, fordern die Abgeordneten, dass die Kommission diese anwendet und die Werte der EU schützt.
"Die Rechtsstaatlichkeit ist unser Schatz", erklärte Clément Beaune im Namen der französischen Ratspräsidentschaft. Haushaltskommissar Johannes Hahn erinnerte daran, dass das Urteil des EuGH von der Kommission analysiert wird, die ihre Leitlinien zur Anwendung der Verordnung fertigstellen wird. Er betonte, dass der Mechanismus eines der Instrumente im europäischen Instrumentarium zum Schutz der Rechtsstaatlichkeit sei und dass es wichtig sei, das Richtige auszuwählen, um spezifische Probleme anzugehen.
Die Delegation der Fidesz-Partei bezeichnete es als "inakzeptabel", dass "die linken Parteien in einer Kriegssituation politische Erpressungsversuche unternehmen". "Anstatt den Kampf Ungarns und Polens um die Versorgung ukrainischer Flüchtlinge zu unterstützen, würden linke Politiker ihnen drohen, ihre EU-Finanzierung aus politischen Gründen zu blockieren", unterstrichen sie.
Die Entschließung wurde mit 478 Ja-Stimmen, 155 Nein-Stimmen und 29 Enthaltungen angenommen.
Wirtschaft
Polnischer Deal umgeschrieben
Nach wochenlangen kritischen Diskussionen über den polnischen Deal, ein neues sozioökonomisches Programm für 2021-30, das der PiS den Weg zum Wahlsieg 2023 ebnen sollte, beschloss die Regierung, große Änderungen vorzunehmen. Die Einführung eines komplexen neuen Steuersystems führte zu weit verbreiteter Verwirrung und Unzufriedenheit. Viele Berufsgruppen, darunter Geringverdiener und Beschäftigte des öffentlichen Dienstes, die Vorauszahlungen erhalten, sowie Rentner haben festgestellt, dass ihre Auszahlungen niedriger sind als 2021 (read more in the January issue of the Newsletter).
Um die Welle der Unzufriedenheit in der Mittelschicht zu stoppen, schlug die Regierung vor, den persönlichen Einkommensteuersatz für Steuerzahler, die keine Pauschalsteuer zahlen, von 17 auf 12 % zu senken. Der steuerliche Schwellenwert von 120.000 PLN (ca. 25.300 EUR) und der Freibetrag von 30.000 PLN (6.300 EUR) sollen unverändert bleiben. Die sehr verwirrende "Steuererleichterung für die Mittelschicht", die im Januar eingeführt wurde, wird abgeschafft, und 19 %ige Pauschalsteuerzahler werden in der Lage sein, Gesundheitsprämien von ihrer Steuerbemessungsgrundlage auszunehmen.
Die Regierung erwartet, dass die vorgeschlagenen Änderungen 2023 in Kraft treten; sie sollen jedoch rückwirkend zum 1. Juli in Kraft treten.
"Es kommen schwierige Zeiten", sagte Premierminister Morawiecki bei der Ankündigung von Anpassungen des polnischen Deals. "Deshalb bereiten wir neue Elemente des Anti-Putin-Schildes vor, die die Polen vor den Auswirkungen des Krieges in der Ukraine, wie hohen Preisen, schützen werden", fügte er hinzu.
Nach Angaben des Finanzministeriums werden ca. 13 Millionen Steuerzahler von dem neuen Paket profitieren. Die Reform wird 15 Millionen PLN kosten.
Zweistellige Inflation
Die Inflation in Polen ist im März 2022 im Vergleich zum Vorjahr um 10,9% gestiegen, so eine Schnellschätzung vom Statistischen Hauptamt (GUS). Dies ist die höchste Zahl seit 2000. Der stärkste Anstieg wurde bei den Kraftstoffpreisen für Personentransportmittel beobachtet, ca. 33%. Die Preise für Strom, Gas und andere Treibstoffe sind um fast 24 % gestiegen.
In einem solchen Umfeld wird eine weitere Straffung der Geldpolitik erwartet und der Hauptleitzins könnte dieses Jahr auf etwa 6,5 % und der Endzinssatz auf 7,5 % steigen.
Internationale Angelegenheiten
Borys ist frei
Die Vorsitzende des Bundes der Polen in Belarus (ZPB), Andżelika Borys, ist aus einem belarussischen Gefängnis entlassen worden.
Borys wurde vor über einem Jahr in Grodno, Belarus, verhaftet. Der ursprüngliche Vorwurf, einen "illegalen" Kulturmarkt zu organisieren, wurde später in Aufstachelung zu nationalem und religiösem Hass und Säen von Zwietracht aus Gründen der nationalen, religiösen und sprachlichen Zugehörigkeit abgeändert. Der Staatsanwalt beschuldigte sie der Förderung des Nazismus, eine Straftat, die mit bis zu 12 Jahren Gefängnis geahndet wird.
Es wurde kommentiert, dass sich Borys nach der Entlassung recht gut fühle und dass sie sich jetzt bei ihrer Mutter ausruhe.
Es ist nicht bekannt, warum Borys gerade jetzt freigelassen wurde, wo die Beziehungen zwischen Warschau und Minsk aufgrund der Flüchtlingskrise an der gemeinsamen Grenze und des belarussischen Engagements im Krieg in der Ukraine sehr schlecht sind.
Ein weiterer ZPB-Führer und Journalist der Gazeta Wyborcza, Andrzej Poczobut, bleibt inhaftiert. Poczobut wurde zwei Tage nach Borys verhaftet, zusammen mit anderen Aktivisten seines ZPB-Zweigs. Polnische Behörden und die internationale Gemeinschaft erkennen das Strafverfahren gegen Poczobut als "politisch motiviert" an. Im vergangenen Jahr verabschiedete das polnische Parlament per Akklamation eine Resolution, in der die Freilassung unrechtmäßig inhaftierter Führer der ZPB gefordert wurde.
Polen & Deutschland
Grenzkommentare
Bürger aus Deutschland, Polen, Litauen, Lettland, Estland, dem Vereinigten Königreich und der Ukraine nahmen an einer Kundgebung teil, die die deutsch-polnische Grenze auf der Autobahn A2 blockierte. Es war ihr Protest gegen den fortgesetzten Handel zwischen europäischen Ländern mit Russland und Belarus.
Zuvor warnten sie den deutschen Bundeskanzler in einem Brief: "Mehr als 100.000 russische Soldaten töten jeden Tag Ukrainer, die meisten Russen unterstützen das Verbrechen, aber Deutschland treibt weiterhin Handel mit Russland, was die russische Wirtschaft unterstützt und den Krieg sponsert. Für das deutsche Geld kauft und produziert Russland Bomben, Raketen und Waffen, mit denen friedliche ukrainische Menschen und Kinder getötet werden. Hören Sie auf, den Aggressor finanziell zu unterstützen!".
Premierminister Morawiecki sagte, dass "Deutschland der Hauptblockierer bei den Sanktionen ist". "Deutschland ist, ebenso wie Frankreich, stark auf Moskau fixiert", fügte Jarosław Kaczyński hinzu. Kaczyński verurteilte Berlin vor allem dafür, dass es nicht genügend Waffen an die Ukraine liefere und ein Embargo zumindest für die Einfuhr von Kraftstoffen aus Russland ablehne.
Am 12. März 2022 starteten Aktivisten eine Blockade der belarussisch-polnischen Grenze und forderten, den Handel mit dem Angreifer einzustellen.
Kultur
Beerdigung nach zwei Jahren
Die Asche des polnischen Komponisten und Dirigenten Krzysztof Penderecki wurde nach einer durch die Pandemie verursachten Verzögerung von zwei Jahren im Rahmen eines Staatsbegräbnisses beigesetzt. Eine Urne wurde unter der Beobachtung von einigen der größten polnischen Künstler und Wissenschaftler im Nationalpantheon in der Krakauer Kirche St. Peter und Paul aufgestellt.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sagte seine Teilnahme an der Zeremonie ab, nachdem er positiv auf Covid-19 getestet worden war. Aber sein Schreiben wurde vom deutschen Botschafter verlesen. Steinmeier schrieb, dass der Verlust von Penderecki auch für die Deutschen schmerzlich sei, die seine Musik und seinen Beitrag zur Ausbildung deutscher Musiker schätzten. "Als freier und außerordentlich schöpferischer Mensch ... wurde er zu einem wichtigen Bindeglied zwischen der polnischen und der deutschen Nation."
Penderecki, geboren 1933, war der Avantgarde-Komponist, der vor allem für seine Arbeit in den Hollywood-Filmen "The Exorcist" und "The Shining" bekannt ist. Verschiedene Filmregisseure nutzten Pendereckis Musik, um ihre Stimmung einzufangen. Seine Musik wurde in Martin Scorseses "Shutter Island", Peter Weirs "Fearless", David Lynchs "Wild at Heart" und "Inland Empire" verwendet. Eines seiner berühmtesten Stücke ist die 1960 komponierte "Threnody to the Victims of Hiroshima", eine klagende, disharmonische Wehklage, die den Opfern des Atombombenabwurfs im Zweiten Weltkrieg gewidmet ist. Ein weiteres Werk war seine "St.Lukas-Passion" ,was Mitte der 1960er Jahre erschienen ist. (read more in the March 2020 edition of the Newsletter).
Umfragen & Trends
Parteiunterstützung
IBRiS für Rzeczpospolita, 1-2 April 2022
PiS 32,9%
Bürgerkoalition 25,1%
Polen 2050 9%
Linke 7,1%
Konföderation 6,3%
PSL 5%
Die polnische Bevölkerung über den Krieg in der Ukraine
IPSOS für OKO.press, 8.-10. März 2022
Haben Sie mehr denn je Angst um Ihre Zukunft und die Zukunft Ihrer Liebsten?
Eindeutig ja 36%
Eher ja 36%
Eher nicht 20%
Eindeutig nicht 6%
Schwer zu sagen 1%
Wird Russland Polen in naher Zukunft militärisch angreifen?
Eindeutig ja 18%
Eher ja 38%
Eher nicht 32%
Eindeutig nicht 10%
Schwer zu sagen 5%