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Eine Kolumne von Karl-Heinz Paqué

Offensive der Wachstumspolitik
Starke Wirtschaft, starke Demokratie!

Wir brauchen eine Wirtschaftswende. Nur sie schafft Zukunftsperspektiven für alle Menschen, geopolitisches Gewicht und Stolz auf unser Land.
Christian Lindner, FDP-Parteivorsitzender, spricht im Plenum des Bundestags nach der Regierungserklärung.

Christian Lindner, FDP-Parteivorsitzender, spricht im Plenum des Bundestags nach der Regierungserklärung.

© picture alliance/dpa | Kay Nietfeld

Woran scheiterte die Weimarer Republik 1933? Über diese Frage lässt sich streiten. Sicher ist aber eines: Ein wichtiger Grund war die Schwäche der deutschen Wirtschaft: eine Hyperinflation 1922/23, die zur Vernichtung der Ersparnisse des breiten Bürgertums führte; eine Weltwirtschaftskrise 1930/32, die über ein Drittel aller Erwerbspersonen arbeitslos machte; eine staatliche Wirtschaftspolitik, die nie eine überzeugende Antwort auf die Herausforderungen der Zeit fand.

Warum war die Bonner Republik nach 1948 so erfolgreich? Auch über diese Frage lässt sich streiten. Eines aber ist sicher: Ein wichtiger Grund war die Stärke der westdeutschen Wirtschaft – mit einem exportgetriebenen Wachstumsschub in den fünfziger Jahren, der zum „deutschen Wirtschaftswunder“ wurde, mit stabiler Vollbeschäftigung im Jahrzehnt danach und selbst zur Zeit der Ölkrisen 1973/75 und 1981/83 mit einem schmerzvollen Strukturwandel in die richtige Richtung.

Die Schlussfolgerung liegt auf der Hand: Eine starke Wirtschaft ist eine notwendige Bedingung für eine erfolgreiche Demokratie. Weiteres muss hinzukommen, aber ohne starke Wirtschaft geht es nicht - jedenfalls nicht auf Dauer. Dies ist die Erkenntnis, die beim Scheitern der Ampelkoalition nach drei Jahren ihrer Existenz zentrale Bedeutung gewinnt. Der entlassene Bundesfinanzminister Christian Lindner hat dies in seiner Bundestagsrede in dieser Woche klar zum Ausdruck gebracht. Er sprach dabei als einfacher Abgeordneter der FDP-Bundestagsfraktion, der allerdings weiterhin Parteivorsitzender der Freien Demokraten ist und voraussichtlich seine Partei als Spitzenkandidat in die vorgezogenen Neuwahlen am 23. Februar 2025 führen wird. Seine Ideen hat er in seinem jüngsten Papier für eine liberale Wirtschaftswende vorgelegt. Seine Botschaft hat also programmatischen Charakter.

Es ist wichtig sich klarzumachen, dass es dabei nicht allein um eine Verbesserung der wirtschaftlichen Lage geht – nach fünf Jahren der chronischen Wachstumsschwäche in Deutschland. Es geht darum, die Zukunftsperspektiven der Menschen aufzuhellen. So wünschen sich die Arbeitnehmer eine gesicherte Existenz – ohne ständige Angst um den Arbeitsplatz. Die jungen Menschen, die erst in das Erwerbsleben hineinwachsen, wünschen sich möglichst hochqualifizierte Jobs, die eine interessante, erfüllende berufliche Tätigkeit versprechen. Rentner wünschen sich eine gesicherte Altersversorgung, die von ihren Kindern und Enkeln, die arbeiten, auch ohne Abstriche an deren Lebensstandard finanziert werden kann. Die Unternehmerschaft wünscht sich Freiräume der Entfaltung und Innovation – weniger Bürokratie, niedrigere Besteuerung, ein besseres Umfeld der Finanzierung durch Risikokapital und möglichst offene Märkte, auch international.

All dies muss zur politischen Priorität werden. Eine umfassende Offensive der Wachstumspolitik tut Not. Sie muss schnell kommen, denn ihre Wirkung wird sich erst in vollem Umfang auf mittlere und lange Sicht entfalten. Sie ebnet aber den einzig realistischen Weg aus der Krise. Sie liefert auch den einzigen Weg, der Stimme Deutschlands jenes geopolitische Gewicht zurückzugeben, das dem Land derzeit fehlt, weil es dafür militärisch zu schwach ist – nach 15 Jahren Auszehrung der Bundeswehr in der Ära Merkel. Die Wahl Donald Trumps zum neuen amerikanischen Präsidenten unterstreicht den Charakter der Zeitenwende, die Russlands Überfall auf die Ukraine im Februar 2022 eingeleitet hat: Deutschland muss im Rahmen der NATO mit anderen europäischen Nationen die Verteidigung Europas stärker als bisher in die eigenen Hände nehmen, und das geht nur, wenn eine starke wachsende Wirtschaft jene Steuerkraft sichert, die für die Finanzierung einer wirksamen modernen Verteidigung nötig ist.

Es kommt noch ein weiteres, eher psychologisches Element dazu: Die Menschen wollen stolz auf ihr Land sein. Das sind sie nur, wenn es erfolgreich ist – auch wirtschaftlich. Dann feiern sie auch ihre Demokratie als jene Ordnung, mit der sie sich rückhaltlos und vielleicht auch leidenschaftlich identifizieren. Vielen Intellektuellen in Deutschland ist dieser Gedanke fremd, vor allem jenen aus dem eher linken politischen Lager. Aber auch sie sollten sich mit ihm anfreunden, denn sonst droht für Deutschland das, was gerade mit Donald Trumps MAGA-Slogan („Make America Great Again“) geschehen ist: Ein Ruf nach Führungsstärke führt zu einer scharfen Wende nach rechts. Wer dies verhindern will, muss zuallererst wirtschaftlich liefern.