Foto 
  Karl-Heinz
 
  Paqué
Eine Kolumne von Karl-Heinz Paqué

Steuerentlastung
Recht und Fairness!

Die große Inflation ist vorbei. Jetzt wird abgerechnet. Christian Lindners Vorschläge zur Kompensation der kalten Progression sind dabei zwingend.
Diverse Eurobanknoten

Diverse Eurobanknoten

© picture alliance / pressefoto_korb | Micha Korb

Es ist der richtige Zeitpunkt: Die massive Welle der Inflation der Jahre 2020-23 ist dabei, langsam abzuebben. Das ist ein ganz wichtiger gesamtwirtschaftlicher Erfolg, ohne den wir in Deutschland über neue wachstumspolitische Strategien gar nicht nachdenken bräuchten. Dies heißt auch: Wir müssen die Aufräumarbeiten aus der Inflationszeit in Angriff nehmen.

Bundesfinanzminister Lindner hat nun Pläne vorgelegt, wie dies zu tun ist. Über einzelne Zahlen lässt sich wie immer streiten, aber nicht über die Grundprinzipien. Die heißen: Recht und Fairness. Und sie setzen bei allen Steuerzahlern an, die diesen Staat am Laufen halten.

Die zentralen Änderungen der Einkommensbesteuerung, die er vorschlägt, bestehen dabei aus zwei Elementen: (1) einer Erhöhung des Grund- und des Kinderfreibetrags sowie (2) einer Verschiebung aller Steuertarife „nach rechts“, womit praktisch alle progressiv wirkenden Erhöhungen der Grenzsteuersätze erst bei höheren Einkommen als bisher einsetzen.

Das erste Element – die Erhöhung des Grund- und Kinderfreibetrags – erfolgt in Lindners Modell in drei Stufen bis 2026. Es ist verfassungsrechtlich zwingend, weil das Existenzminimum (einschl. der Kinderversorgung), das sich durch die Inflationswelle nominal drastisch erhöht hat, nicht besteuert werden darf. Es ist eine geradezu klassische Aufgabe der Aufräumarbeit nach einer Inflation, zumal das Bürgergeld kräftig nach oben angepasst wurde. Das zweite Element – die Verschiebung der Progressionswirkung auf höhere Einkommen als bisher – ist ein Gebot der Fairness: In den jüngsten Zeiten der Inflation sind Löhne und Gehälter oft rein inflationsbedingt (und nicht real!) gestiegen und werden deshalb – unfairer Weise – heute höher besteuert als früher. Es geht da um die Beseitigung oder wenigstens die Milderung der sog. kalten Progression.

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Inhalt ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.

Zusammen bewirken die Maßnahmen nach Berechnungen des Bundesministeriums der Finanzen eine „Entlastung“ aller Einkommensteuerzahler bis 2026 um 26 Milliarden Euro. Darüber sollte eigentlich politisch gar nicht weiter diskutiert werden, so einfach und einleuchtend ist das alles – ein Gebot der Sozialen Marktwirtschaft, in der sich der Staat nicht ungerechtfertigt bereichert. In der Ampelkoalition gibt es aber prompt Gegenwind, der stellv. Fraktionsvorsitzende der Grünen Andreas Audretsch vermeldet, die Vorschläge passten nicht in die Zeit knapper öffentlicher Kassen.

Eine solche Diskussion darf gar nicht erst aufkommen. Nach der gewaltigsten Inflationswelle seit den siebziger Jahren muss gegenüber der arbeitenden Mitte unserer Gesellschaft ein klares Signal gesetzt werden: Wer maßgeblich daran beteiligt ist, diese Nation mit ihrem ausgebauten Sozialstaat zu finanzieren, der muss auch rechtlich korrekt und menschlich fair behandelt werden. Tun wir dies nicht, untergraben wir das Vertrauen in diesen Staat und spalten die Gesellschaft.

Gerade in dieser kritischen Zeit – nach Corona, nach kriegsbedingter Energiekrise, nach massiver Preisinflation – ist es von überragender Bedeutung, dass die breite Mitte unserer Gesellschaft das Vertrauen in den Staat zurückgewinnt. Christian Lindner macht dabei als Bundesfinanzminister einen ersten wichtigen Schritt, der jede Unterstützung verdient.