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Tourismus
Krise unter Palmen

Palm Trees and virus

Die Coronavirus-Pandemie trifft das Tourismusgeschäft in Südasien mit voller Wucht. Am stärksten leiden die Malediven. Die Wirtschaftskrise des Inselstaats ist so heftig wie in kaum einem anderen Land.

Fast menschenleere Strände, kein Quarantäne-Zwang nach der Einreise und nur wenig Covid-19-Fälle im Land: Die Malediven präsentieren sich in der Coronakrise als perfekter Ort, um der Pandemie zu entfliehen. Doch das Urlaubsparadies hat ein Problem: Kaum jemand ist derzeit bereit, die Reise zu dem auf Luxustourismus spezialisierten Inselstaat anzutreten. Das Geschäft mit dem Fremdenverkehr ist kollabiert. Das stürzt die gesamte Volkswirtschaft des südasiatischen Landes in eine schwere Krise. Die Unternehmerin Mariyam Shakeela zeigt sich besorgt: "Die Auswirkungen von Covid-19 sind schlimmer als der Tsunami von 2004 und die Finanzkrise von 2008 zusammen", sagte die frühere Gesundheits- und Umweltministerin in der Online-Veranstaltung "Restart Asian Economies" der Friedrich-Naumann-Stiftung.

Die globale Krise der Tourismusindustrie trifft Südasien mit voller Wucht: In Indien droht angesichts weitgehend geschlossener Grenzen laut einer Studie der Verlust von bis zu 50 Millionen Arbeitsplätzen. Auch in Sri Lanka und Bhutan ist das Reisegeschäft zum Erliegen gekommen, weil aufgrund der Pandemie keine Urlauber ins Land dürfen. In Nepal kommt es nach monatelanger Abriegelung nur langsam zu einem Neustart der Branche, die sich in dem Land vor allem um Besteigungen des Mount Everest dreht. Doch so massiv wie auf den Malediven sind die Probleme in keinem der Länder.

Der Tropenstaat, der für sein türkisblaues Meer und seine weißen Strände bekannt ist, hat seine Grenzen für ausländische Touristen seit Mitte Juli wieder geöffnet. Doch Fernreisen zu den Trauminseln im Indischen Ozean haben in Zeiten der Pandemie an Attraktivität verloren. Im dritten Quartal kamen im Schnitt jeden Tag lediglich rund 200 Touristen an – 95 Prozent weniger als im gleichen Zeitraum des Vorjahres.

Die wirtschaftlichen Auswirkungen der weitgehend leeren Nobelresorts machen sich im ganzen Land bemerkbar: Kaum ein Staat ist so abhängig vom Tourismus wie die Malediven. Im vergangenen Jahr sorgte der Sektor laut dem Branchenverband World Travel & Tourism Council für 57 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung – und für sechs von zehn Jobs. Wegen des drastischen Einbruchs bei den Besucherzahlen rechnen die Ökonomen der Ratingagentur Fitch damit, dass das Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr um 30 Prozent schrumpfen wird – so heftig fällt die Corona-Rezession in kaum einem anderen Land der Welt aus.

Die Folgen sind in dem Land auch abseits der Tourismusindustrie zu spüren: "Unternehmen mussten ihre Mitarbeiter entlassen oder sie mit wenig oder gar keiner Bezahlung nach Hause schicken, während auch Kleinunternehmer den Großteil ihrer regulären Einnahmen verloren haben", heißt es in einem Bericht der Weltbank. Die Organisation unterstützt das Land mit zwölf Millionen Dollar dabei, eine Kompensation für Teile der Verdienstausfälle an betroffene Arbeitnehmer auszuzahlen.

Etwas glimpflicher kommt Nepal durch die Krise – der Tourismus hat in dem Land keine so dominierende Rolle wie auf den Malediven. Für die rund eine Million Einwohner, die laut WTTC direkt oder indirekt von der Branche leben, sind die Probleme aber dennoch deutlich zu spüren. "Die nachteiligen Auswirkungen von Covid haben nicht nur die Hotelindustrie, sondern auch die Trekkingindustrie und die lokale Handwerksindustrie betroffen", sagte die Geschäftsführerin des nepalesischen Tourismusunternehmens Sneha, Bhawani Rana, bei der "Restart Asian Economies"-Veranstaltung. Die Online-Diskussionsreihe, die das Südasienbüro der Friedrich-Naumann-Stiftung seit Juni regelmäßig organisiert, erörtert Lösungsmöglichkeiten und Ideen, um den wirtschaftlichen Neustart in der Region voranzubringen. Im Zentrum steht dabei der länderübergreifende Erfahrungsaustausch.

In Nepal versuchen Unternehmen und Behörden das Geschäft mit dem Mount-Everest-Tourismus wiederzubeleben, ohne damit eine neue Infektionswelle zu risiken. Seit Oktober ist die Einreise für Trekkingtouren wieder möglich und auch die Besteigung des höchsten Bergs der Welt ist in dem Land wieder erlaubt. Um die Gesundheitsgefahren zu minimieren, ist vorher aber ein negativer Covid-19-Test nötig und eine siebentägige Quarantäne. Besonders wichtig ist die Öffnung der Kletterpfade für die mehr als 100.000 Sherpas, die davon leben, dass sie Touristen auf die Bergspitzen führen. Hoffnung auf eine kurzfristige Rückkehr der alten Verdienstmöglichkeiten gibt es aber nicht: Dafür müssen die Sherpas noch mindestens bis zum Beginn der Bergsteigerhochsaison im Frühjahr warten.

Auch auf den Malediven dürfte eine Rückkehr zu den Touristenrekorden vom vergangenen Jahr noch einige Zeit auf sich warten lassen. Die maledivische Regierung will zwar den Neustart des Urlaubsgeschäfts mit einer Werbekampagne unter dem Titel "Wiederentdeckung der Malediven" anschieben. Ökonomen rechnen aber damit, dass die Besucherzahlen erst Ende 2022 wieder auf dem Niveau von vor Beginn der Coronakrise liegen werden. Tourismusunternehmer in dem Land setzen bis dahin auf kreative Ideen, um leere Zimmer zu füllen. Ein Hotel machte kürzlich weltweit Schlagzeilen mit einem verlockenden Angebot: ein Jahr lang eine unbeschränkte Zahl von Übernachtungen in einem Bungalow für zwei Personen – zu haben ist der Luxus, der gleichzeitig der lokalen Wirtschaft hilft, für 30.000 Dollar.