Kroatien
Ein unumstrittener Sieg für einen umstrittenen Präsidenten
Obwohl nach der ersten Wahlrunde keine Zweifel am endgültigen Sieger bestanden, war Milanovićs Erfolg mit 74,7 Prozent der Stimmen dennoch eine große Überraschung. Der Schock bei der regierenden HDZ saß so tief, dass weder sein Kontrahent, der wenig überzeugende Dragan Primorac, noch Premierminister Andrej Plenković ihm gratulierten. Auch Milanović hatte bei den vergangenen drei Parlamentswahlen formell auf Gratulationen gegenüber der HDZ verzichtet. Willkommen in der unreifen kroatischen Demokratie.
Diese Anekdote wurde von den Medien als Hinweis darauf verstanden, dass die Meinungsverschiedenheiten zwischen Präsident und Premierminister weiterhin die Außen-, Verteidigungs- und Sicherheitspolitik Kroatiens prägen werden. Hier verfügt der Präsident über erhebliche Kompetenzen. Nach seinem Sieg äußerte Milanović den Wunsch nach einem Neustart der Zusammenarbeit mit Premierminister Plenković, ohne konkret zu sagen, ob dies auch eine Änderung seiner eigenen harten Haltung gegenüber EU und NATO bedeute. Milanovićs zukünftiges Verhalten gegenüber den euro-atlantischen Verbündeten Kroatiens wird in erster Linie davon abhängen, ob seine zweite und letzte Präsidentschaftsperiode auch das Ende seiner Ambitionen markiert – wobei eine Mäßigung seiner Positionen wahrscheinlicher ist, oder ob es sich lediglich um eine Vorbereitung auf einen neuen Anlauf auf das Amt des Premierministers handelt.
>> Vorwahlbericht vom 20. Dezember 2024
Was will Milanović?
Eine notwendige Voraussetzung für die Stärkung von Milanović, sowohl innen- wie außenpolitisch, wäre eine Abschwächung seines Populismus – da er in seiner letzten Amtszeit keine Wählerstimmen mehr benötigt, könnte er seine Rolle als Staatsmann stärken. Der Präsident könnte seine zweite Amtszeit nutzen, um sich als verlässliche Figur zu etablieren, insbesondere durch die ihm von der Verfassung verliehenen Befugnisse. Innenpolitisch könnte er als jemand auftreten, der möglicherweise in der Lage ist, eine breite Koalition gegen die dauerregierende HDZ bei der Parlamentswahl 2028 zu schmieden, indem er deren Führung übernimmt Ob er hierfür als Präsident zurücktreten muss, dürfte spätestens in einigen Jahren für erbitterten Streit sorgen.
Die weitere Entwicklung wird sicherlich auch vom Verhalten der Vereinigten Staaten nach dem 20. Januar beeinflusst. Sollte es zu einer zunehmenden Divergenz zwischen den USA und Europa kommen, könnte Milanović seinen bereits erprobten Populismus ausbauen, indem er eine europaweite Allianz mit Pro-Trump-Kräften in Europa schmiedet, mit ungewissen Folgen für die gesamte EU.
Auswirkungen für die Liberalen?
Eine solche Entwicklung könnte die kleineren liberalen kroatischen Parteien wie Centar, HSLS und IDS vor große Herausforderungen stellen. Falls die Kampagne für die im Mai 2025 anstehenden Regional- und Kommunalwahlen in Richtung der Bildung zweier großer Blöcke – einer für und einer gegen die HDZ – geht, wird der Druck auf die Liberalen, Teil eines dieser Blöcke zu werden, steigen. Dies würde ein Verlust ihrer Individualität bedeuten, im Austausch dafür erhielten sie über die Wahllisten allerdings Mandate.
Dies wäre unter Umständen ein Weg für die in Dalmatien starke Partei „Centar“, da die Sozialdemokraten dort keine allzu große Bedrohung für sie darstellen. Die HSLS in der Region um Bjelovar hängt allerdings stark von der HDZ ab. Der Erfolg der IDS, deren Bekanntheit unter den Wählerinnen und Wählern in Istrien unbestritten ist, wird in erster Linie von der Einschätzung abhängen, ob diese eine Koalition mit den Sozialdemokraten schätzen oder nicht.
Dušan Dinić ist Senior Manager der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit für Kroatien mit Sitz in Belgrad, Serbien.