Kosovo
Neue Regierung im Amt
Vier Monate nach den Parlamentswahlen haben sich die linksnationale Vetevendoje, VV (Selbstbestimmung) und die Mitte-Rechts-Partei, Demokratische Liga Kosovo, (LDK) nach langen Verhandlungen auf eine Koalitionsregierung verständigt, die nun ihre Arbeit aufgenommen hat. Die liberale AKR ist mit zwei Mandaten im Parlament aber nicht mehr in der Regierung vertreten.
Ob diese “Koalition der Hoffnung” wie sie von Beteiligten gerne genannt wird, erfolgreich sein wird, bleibt zunächst abzuwarten. Die Ausgangslage ist alles andere als beneidenswert: schlechte Wirtschaftslage, festgefahrener Dialog mit Serbien sowie eine anhaltend hohe Arbeitslosigkeit (bei Jugendlichen 50%).
Postengerangel und neue Akzente
Allerdings haben weniger inhaltliche Fragen die Koalitionsbildung so lange hinausgezögert als die Verteilung der Ministerien. Unter Regierungschef Albin Kurti von der VV werden zwei stellvertretende Premiers, 15 Minister – je sechs von den beiden großen Parteien - sowie 33 stellvertretende Minister dem Kabinett angehören. Den im Kosovo lebenden Minderheiten stehen laut Verfassung drei Ministerposten zu. Die an Belgrad sich orientierende Serrbische Liste hat mitgeteilt, die ihr zustehenden zwei Ministerposten zwar wahrzunehmen, der Regierung aber die Unterstützung zu versagen.
Mit Vertretern von Vetëvendosje (VV) sind die Ministerien für Auswärtige Angelegenheiten, Justiz, Finanzen, Wirtschaft, Gesundheit und das Ministerium für europäische Integration besetzt. Die LDK trägt die Verantwortung für Inneres, Infrastruktur, Landwirtschaft, Bildung, Kultur, Jugend und Sport sowie das Verteidigungsministerium.
Erfreulich ist, dass erstmals fünf Frauen Ministerien vorstehen, darunter so zentrale wie Justiz, Wirtschaft und Bildung. Unbefriedigend ist allerdings die Besetzung des Parlamentsvorsitzes durch Vjosa Osmani, der LDK-Spitzenkandidatin, die eigentlich Innenministerin werden wollte, dann aber dem innerparteilichen Gerangel zum Opfer fiel.
Herausforderungen der neuen Regierung
Mit ihrem – öffentlich ausgetragenen - Postengerangel hat die neue Regierung gleich zu Beginn ihrer Amtszeit bereits an Vertrauen eingebüßt. Dabei war der Wahlsieg beider Regierungsparteien - VV und LDK - eindeutig und zeigte, dass die Menschen im Kosovo einen echten Wandel wollen.
Die Regierungsparteien haben im Wahlkampf viel versprochen. Neben den üblichen Ankündigungen – Kampf gegen Korruption, Durchsetzung rechtsstaatlicher Verhältnisse und wirtschaftliche Erneuerung – wurden auch substanzielle Reformen etwa im Gesundheits- und Bildungsbereich angekündigt. Daran wird sie nun sehr rasch gemessen werden:
In einer ersten Erklärung nach seiner Wahl sagte der neue Regierungschef:
"Heute ist ein neues Kapitel für die Republik Kosovo, für das Leben der Kosovaren sowie für meine eigenen politischen Aktivitäten aufgeschlagen. Seit 23 Jahren bin ich in der Opposition, jetzt habe ich endlich die Chance und die Verantwortung, der Bevölkerung des Kosovo wie nie zuvor zu dienen."
Kurti stellte das Programm seiner Regierung vor und erklärte seine Bereitschaft, die Verhandlungen mit Serbien weiter zu führen: "Ich werde ein professionelles Team aufbauen. Wir werden mit Serbien eine umfassende Handels- und Wirtschaftspolitik auf der Basis der Gegenseitigkeit einführen. Wir werden eine ernsthafte Außenpolitik verfolgen und uns für die EU-Integration einsetzen. Unsere Außenpolitik wird sich an den Grundsätzen der Verfassung und an internationalen Standards orientieren.“ Und er fügte hinzu, dass dies das Ende der Ära sei, in der das persönliche Interesse über das staatliche Interesse gestellt werde: „Kosovo hat einen neuen Premierminister, und die Zeit, in der die persönlichen Interessen über den staatlichen standen, ist vorbei".
Interessant ist, dass erstmals seit der Unabhängigkeit 2008 keine Vertreter der früheren Untergrundarmee UCK in der Regierung vertreten sind. Die PDK war die große Wahlverliererin. Dies könnte gegebenenfalls ein wesentliches Element für Veränderungen im Regierungshandeln sein.
Die liberale AKR ist nicht mehr in der Regierung, aber im Parlament mit zwei Mandaten vertreten. Der bisherige Außenminister und Vorsitzende der AKR, Behgjet Pacolli, gab der Regierung auch seine Stimme und versprach eine konstruktive Zusammenarbeit wo immer möglich.