Mauerfall
34 Jahre nach dem Mauerfall
Zum Zeitpunkt des neunten November, war ich Student an der Universität in Leipzig, wir waren montags immer bei den Montagsdemonstrationen dabei, und an dem neunten November 1989 saßen wir abends im Studentenwohnheim mit noch drei anderen Mädels und hatten das Radio an, als wir Abendbrot gegessen hatten und dort hörten wir dann die ersten der Berichte, dass die Mauer geöffnet wurde in Berlin, und wir haben uns alle angeschaut und gesagt „Ja, das ist vielleicht nur heute Abend. Wir schauen mal, wie es morgen aussieht“.
Wir hatten nicht erwartet, dass es von Dauer sein wird; Wir dachten, dass es eigentlich nur so eine kurzfristige Öffnung oder Reisefreiheit für die Leute bedeuten würde. An dem Abend sind wir dann alle schlafen gegangen, und als wir am nächsten Morgen das Radio wieder anmachten, hörten wir die ganzen Berichte der Leute, die über Nacht über die Grenze gegangen sind oder auf der Mauer saßen oder Stücke der Mauer abgerissen haben, und in dem Moment war klar, dass sich die Welt über Nacht verändert hatte, das war ein Freitag.
Ich bin dann nach Hause gefahren und hab im Zug schon meine Pläne für den Abend gemacht. Ich saß in dem Zug nach Hause mit wildfremden Leuten. Alle machten Pläne, alle Leute sprachen miteinander, und jeder hatte einen Plan, was sie jetzt machen wollen. Ich habe mit jemandem gesessen, der irgendwie einen Stadtplan von Berlin hatte, von der anderen Seite gab es ja nichts.
Und dann guckte ich auf der Karte, wo meine Freunde leben, und habe dann rausgefunden, dass die in der Nähe vom Charlottenburger Schloss leben. Als ich dann zuhause ankam sagte ich “Okay, Mutti, ich will den Trabant jetzt haben“ und dann habe ich das Auto genommen und bin in Berlin gegen 11 Uhr nachts mit einer ganzen Menge von anderen Leuten mit dem Trabant über die Grenze gefahren. Dort habe ich im anderen Teil Berlins Freunde besucht die ich kennengelernt hatte, aber eben nie besuchen durfte.
Dieses Ereignis, diese Tour die ich gemacht habe, ist bis heute sehr prägend. Ich kann mich noch genau erinnern, als ich über die Brücke fuhr, bei der Invalidenstraße, in der Nähe von Checkpoint Charlie, und einer völlig fremden Frau hinterherfuhr, weil ich ja keinen Stadtplan hatte von Berlin. Sie hatte ihr gesagt wo ich hin wollte und sie meinte dann „fahren Sie mir einfach hinterher“. Also saß ich da alleine in meinem Trabant und hab dann versucht der Frau zu folgen. Ich weiss noch als ich dann über so eine kleine Brücke gefahren bin, wo die Leute tobten, weil die sahen, dass mein Nummernschild nicht hier aus Berlin war. Um Mitternacht stand ich dann bei meinen Freunden vor der Tür mit denen ich auf die Straße gegangen und gefeiert habe.
Dieses Freiheitsgefühl, diese Möglichkeiten, dieser Wahnsinn dieses Tages, das kann man gar nicht beschreiben. Am Anfang hatten wir ja gedacht, das gibt's wirklich nicht, das geht gar nicht, es konnte gar nicht so sein, und von da an ging alles ziemlich schnell, die Entwicklung in der ehemaligen DDR.