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Vergesellschaftung
Aus Fehlern lernen? Nicht in Berlin.

Sozialer Wohnungsbau mit dem Fernsehturm von Berlin im Hintergrund

Sozialer Wohnungsbau mit dem Fernsehturm von Berlin im Hintergrund

© picture alliance / Zoonar | elxeneize

Die Expertenkommission zur Vergesellschaftung von Wohnungsunternehmen hat heute die Ergebnisse ihres Berichts vorgelegt. Nach Einschätzung der Kommission unter Leitung der ehemaligen Justizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) wären Vergesellschaftungen großer Wohnungskonzerne in Berlin gesetzeskonform. Auch die Besonderheiten der Berliner Landesverfassung stünden dem geplanten Vorhaben nach Einschätzung der Kommission nicht entgegen.

Tanz am verfassungsrechtlichen Abgrund

Dass die Kommission zu diesem Ergebnis kommt hat sich in den letzten Monaten bereits abgezeichnet. Dennoch bleibt es überraschend, denn im Vorfeld gab es auch diverse gänzlich anderslautende rechtliche Einschätzungen. Ein Rechtsgutachten von Prof. Jürgen Kühling (Professor für Öffentliches Recht und Immobilienrecht an der Universität Regensburg) kam zu dem Ergebnis, dass insbesondere die Grundvoraussetzung einer marktbeherrschenden Stellung großer Wohnungskonzerne nicht gegeben sei. Nach Ansicht von Kühling wäre das geplante Vorhaben ein „Tanz am verfassungsrechtlichen Abgrund“. Auch der emeritierte Berliner Rechtsprofessor Ulrich Battis folgerte in einem bereits 2021 veröffentlichten Gutachten, dass ein entsprechendes Gesetzesvorhaben (wie bereits der Berliner Mietendeckel) vor dem Bundesverfassungsgericht scheitern würde. Und auch innerhalb der vom Senat eingesetzten Expertenkommission waren wohl unterschiedliche Meinungen vertreten. So handelt es sich bei zentralen Einschätzungen der Kommission lediglich um Mehrheitsentscheidungen.

Wer will zukünftig noch in Berlin investieren?

Der Abschlussbericht der Expertenkommission setzt die schwarz-rote Regierungskoalition in Berlin nun unter Druck. Laut Koalitionsvertrag von CDU und SPD muss es nun zur Erarbeitung eines Vergesellschaftungsrahmengesetzes kommen, das die gesetzlichen Rahmenbedingungen für zukünftige Enteignungen in Berlin vorbereitet.

Mit diesem Vorgehen beweist man einmal mehr, dass die Stadt aus ihren Fehlern nichts gelernt hat. Bereits vor zwei Jahren ist man mit dem Berliner Mietendeckel vor dem Bundesverfassungsgericht krachend gescheitert. Das Gesetzesvorhaben zur Vergesellschaftung großer Wohnungskonzerne steht nun wieder auf äußerst wackligen Beinen. Unabhängig davon, ob das Vorhaben verfassungskonform ist oder nicht: Es ist grundlegend falsch. Ein Gesetz zur Vergesellschaftung großer Immobilienkonzerne hätte in mehrerlei Hinsicht schwerwiegende Folgen für Berlin. Die ohnehin hoch verschuldete Stadt müsste Entschädigungen in mehrfacher Milliardenhöhe zahlen – und das für eine Maßnahme, die keine einzige neue Wohnung schafft. Schlimmer noch: Eine lange Phase der rechtlichen Unsicherheit wäre wie beim gekippten Mietendeckel garantiert. Ein Umstand, der nicht nur Folgen für die Berliner Wohnungswirtschaft hat. Wer will in Zukunft bitte Investitionen in einer Stadt tätigen, in der Enteignungen an der Tagesordnung sind?

Fazit

Der „Hilferuf“ der Berlinerinnen und Berliner beim Volksentscheid 2021 muss ernstgenommen werden. Die Lage auf dem Berliner Mietwohnungsmarkt ist fatal und ist aufgrund steigender Baukosten und steigender Zinsen keineswegs einfacher geworden. Umso dringender braucht es jedoch Lösungen, die das Problem auch wirklich lösen können. Teure Enteignungen, die keine einzige neue Wohnung, aber dafür viel Unsicherheit schaffen, gehören sicherlich nicht dazu. Stattdessen braucht es eine echte Baulandoffensive, Anreize für den Wohnungsbau, konsequenten Bürokratieabbau zur Baukostensenkung sowie Maßnahmen, die den Erwerb von Wohneigentum erleichtern. Noch mehr wirksame Alternativen zu Enteignungen finden sich in unserem Policy Paper „Die Lage auf dem Wohnungsmarkt“.