Klimaschutz
Das Ringen um den geplanten europäischen CO2-Grenzausgleich geht in die nächste Runde
Das Ringen um den geplanten europäischen CO2-Grenzausgleich (=CBAM) geht in die nächste Runde. Vergangenen Freitag hat der Umweltausschuss des Europäischen Parlaments einen Initiativbericht zum CBAM verabschiedet. Dieses Dokument der europäischen Abgeordneten ist der erste Aufschlag für die Einflussnahme des Parlaments auf den Gesetzgebungsprozess. Die europäische Kommission wird dann im Juni den eigentlichen Gesetzesentwurf vorstellen. Der Umweltausschuss fordert, dass der CBAM bereits 2023 in Kraft treten soll.
Die Einführung einer CO2-Grenzausgleichssteuer wurde 2019 mit dem Green Deal der Europäischen Kommission vorgestellt. Darunter versteht man einen finanziellen Ausgleich für die Kosten der CO2-Reduktion, der an der EU-Grenze auf Importe erhoben wird. Hintergedanke ist, dass innerhalb der EU Unternehmen einen CO2-Preis zahlen müssen, der ihre Produktion verteuert. Ein Großteil der importierten Waren stammt aber aus dem nicht-europäischen Ausland, wo aufgrund fehlender CO2-Preise günstiger produziert werden kann. Das stellt eine Gefahr für die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie dar.
Ausgestaltung
Die Einführung eines solchen Mechanismus wird sowohl begrüßt als auch vehement abgelehnt. Die Vorteile sind: (1) Eine CO2-Grenzausgleichssteuer stellt einen Anreiz dar, Produktionsweisen weltweit klimafreundlicher zu gestalten. (2) Sie verhindert "carbon leakage." (3) Sie schafft einen ausgeglichenen Wettbewerb zwischen energieintensiven Unternehmen. Allerdings wird auch kritisch beäugt, dass ein CBAM Europa zu einer Klimafestung macht. Die Vorstellung, dass sich die EU durch eine protektionistische Maßnahme vom restlichen Welthandel abschottet, widerspricht allerdings dem Selbstverständnis der EU als Verfechterin von Freihandel und Multilateralismus. Insbesondere die energieintensive Industrie lehnt den CBAM ab. In den Plänen des Europaparlaments soll der CBAM auf allen Importe von Produkten sein, die unter den EU-ETS fallen (z.B. Zement, Stahl, Aluminium, Papier, Glas oder Chemikalien und Düngemittel). Die momentanen Maßnahmen zum Schutz vor Carbon-Leakage innerhalb des EU-ETS wie die kostenlose Zuteilung von Zertifikaten oder die Strompreiskompensationen für Sektoren wie die Chemie könnten dann wegfallen. Dementsprechend fürchtet die europäische Industrie eine Gefährdung der eigenen Wettbewerbsfähigkeit.
Noch sind viele der sehr komplexen Fragen zur Ausgestaltung nicht geklärt. Laut der ersten Folgeabschätzung der Kommission aus dem vergangenem März soll sich der für die Steuer zugrunde gelegte CO2-Preis am EU-ETS orientieren. Die tatsächliche Bepreisung von Produkten könnte über den Benchmark-Ansatz aus dem EU-ETS oder die Ermittlung am tatsächlichen CO2-Gehalt erfolgen. Diskutiert werden eine Steuer auf bestimmte Güter, ein neuer Zoll oder eine Steuer auf Importe oder eine Ausweitung des EU-ETS auf Importe. Die größte Herausforderung wird sein, dass der CBAM WTO-konform ist und jeglicher Vorwurf von green protectionism, also die Verwendung von Umweltstandards als Mittel zum Schutz der heimischen Wirtschaft, ausgeräumt wird. Artikel XX der GATT erlaubt Protektionismus, wenn diese Maßnahmen ergriffen wurden, um natürliche Ressourcen und die Umwelt zu schützen. Allerdings darf es keine Diskriminierung nach Herkunftsland geben.
Weltweiter Zusammenschluss für CO2-Preis
Nicht nur die EU denkt über den CBAM nach. Auch US-Präsident Joe Biden betont in seinem Klimaplan, „die Regierung wird CO2-Anpassungsgebühren oder –quoten für kohlenstoffintenive Waren aus Ländern erheben, die ihren Klima- und Umweltverpflichtungen nicht nachkommen“. Je mehr Länder solche Maßnahmen erheben, umso größer ist der Anreiz für einen globalen CO2-Preis. Der britische Premierminister Boris Johnson sagte, dass Großbritannien im Rahmen der G7-Präsidentschaft des Landes, einen Zusammenschluss für eine CO2-Bepreisung formen will. Auch der EU-Klimakommissar Frans Timmermans äußerte, dass die zunehmenden Klimazusagen von asiatischen Industrieländern perspektivisch den CBAM überflüssig machen könnten. Insbesondere die Entwicklungs- und Schwellenländer müssen hier jedoch mitgedacht werden. Für sie wird eine Zunahme an CO2-Grenzausgleichsmechanismen eine große finanzielle Belastung darstellen. Eine Möglichkeit wäre die finanzielle und technische Unterstützung der betroffenen Länder. Konkret könnten das zinsgünstige Kredite für Investitionen in erneuerbare Energien sein.
Der CO2-Grenzausgleichsmechanismus wird also weiterhin ein großes Diskussionsthema in der EU bleiben. Die Endabstimmung für den Bericht des Europaparlaments ist auf den 8. März angesetzt. Der Kommissionsvorschlag soll dann im Juni vorgestellt werden. Aus klimapolitischer Sicht kann eine CO2-Grenzausgleichsteuer letztendlich nur einen Zwischenschritt auf dem Weg zum effizientesten Reduktionsmechanismus darstellen: dem global einheitlichen CO2-Preis. Denn ein CO2-Preis, der nur in der EU erhoben wird, ist für den Klimaschutz nicht ausreichend und belastet einseitig die europäische Wirtschaft. Die Internationalisierung des europäischen Emissionshandels kann für eine globale CO2-Bepreisung die Wegbereiterin darstellen.